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Der Schwur der Venezianerin

Der Schwur der Venezianerin

Titel: Der Schwur der Venezianerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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schönsten Frauen dieser Erde vergnügten. Und er gönnte es ihnen. Für ihn war es eine Wohltat der jungen Bianca helfen zu können, die Fesseln des Hauses Cappello abzuwerfen. „Hoffentlich legt sie sich in Florenz nicht neue an“, dachte er.
    Am nächsten Morgen warf sich Bianca die raue Kutte über und beide Wanderer stiegen unter Begleitung des Burgherrn den steilen Berg hinab, bis sie im Tal den Pferdekarren besteigen konnten. Fröhlich und gerührt verabschiedeten sich die Gäste von Manfredi.
    „Das Glück und Gottes Wille hat uns in Euer Heim geführt, Ihr seid ein guter Mensch Astorgios Manfredi, Gott beschütze Euch. Der Aufenthalt hier glich eher einem Märchen als der Herberge bei einem rauen Ritter“, dankte sie dem Graf, der sich lächelnd von ihr verabschiedete. Hinter ihm auf der Treppe stand klein und mit Tränen in den Augen, das zierliche, gar so liebliche Wesen Flora. Bianca winkte ihr lächelnd zu. Weinend wandte sich die Zofe ab und verschwand mit gesenktem Kopf hinter einer starken Tür.
    Schweigend saßen die beiden Mönche auf dem Bock des Wagens. Noch zogen sich im Tal bei Brisighella die Berge weit zurück. Als es bei ihrer Fahrt hoch in die Berge des Apennino ging, rückten die Höhenzüge wieder von beiden Seiten näher heran. Der Weg vor ihnen wurde schmaler. Bald schlängelte sich die Lamone durch ein sehr enges Tal, während die Berge von beiden Seiten ihren Fuhrweg bedrohlich einengten und steil aufstiegen. In der Nähe kringelte sich ein kleiner Seitenarm des Flusses.
    Der Gebirgszug vor ihnen schwang sich höher, je näher sie ihm kamen. Es konnte keine Rede davon sein, dass sie bald den Gipfel erreichen würden. Der Kamm stieg mehr und mehr an, der Weg wurde steiler und unbequemer.
    Der Kutscher schien stumm zu sein. Nicht ein Wort kam über seine Lippen, nicht eine Bemerkung machte er. Als die Sonne ihren Zenit weit überschritten hatte, sich hinter dem Bergrücken allmählich nach Westen neigte, wurden die Schatten länger und Teile des Tales verschwanden in der Dunkelheit. Der Kutscher hielt an und ließ sie absteigen. Er wandte seinen Karren in einer Waldlichtung um und machte sich auf den Heimweg. Vor den beiden Wanderern türmte sich das Gebirge des Apennino auf.
    „Denke daran, ich bin stumm, du regelst alles, wenn wir auf Menschen stoßen.
    Bianca hielt die gewölbte Hand über die Augen, schaute in die liebliche Natur. Von den majestätischen Bergen lichtete sich der Nebel und ihre Stimme klang wie das Zwitschern eines frei fliegenden Vogels.
    „Schau die wunderbaren Täler, die Wälder und die tiefen Schluchten. Welch prachtvolle Natur, die wir hinter goldbestickten Vorhängen niemals zu Gesicht bekommen hätten. Dieser Wanderweg ist ein Geschenk des Himmels. Wir sollten eine kleine Rast machen und uns des göttlichen Bildes erfreuen.“
    Sie war stehen geblieben und atmete die frische Bergluft in tiefen Zügen ein. Der kühle Atem schenkte ihr Kraft und Zuversicht.
    „Meine Füße schmerzen noch immer, meine Zehen sind wund, ich bin erschöpft, durstig und hungrig und müde zum Umfallen. Du aber denkst an die schöne Natur, an die gute Aussicht auf die Täler und Berge. Ich denke wir werden hier niemals herauskommen. Ich sterbe vor Erschöpfung, und ich werde hier verhungern oder verdursten. Vielleicht aber auch rutschen wir einfach aus und stürzen den steilen Hang hinab in die Tiefe. Zu meinen körperlichen Qualen gesellt sich die Angst vor dem Unglück. Bianca, was haben wir nur angezettelt, wozu hast du mich verführt?“
    Sie schaute ihn mit ernstem Blick an. Kühl und vernichtend trafen ihn ihre Worte.
    „Es war einfacher für dich, ein junges Mädchen in deiner Kammer zur körperlichen Lust zu verführen. Gehörst du zu denjenigen, deren Verantwortungsgefühl nicht über einen steifen Schwanz hinausgeht? Die geschlechtliche Lust hat deinen Verstand ausgeschaltet. Jetzt scheint wieder ein solcher Moment da zu sein, der dein Gehirn abschaltet. Es ist ein wenig Anstrengung, es ist ein wenig Durst, es ist ein steiler Weg, der dir deine Sinne nimmt. Wovor aber hast du Angst, Pietro? In Venedig besteht die Gefahr, dass ein Meuchelmörder aus dem Hause Cappello die Linie der Familie sauber hält und einen ungebetenen Eindringling entfernt. Glaubst du, das wäre der erste Mord, mit dem sich eine reiche Fürstenfamilie die Laus vom warmen Pelz fernhält?“ Sie gedachte der Worte Manfredis und wusste, wie Recht er hatte.
    „Jetzt übertreibst du aber, Bianca, du

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