Der Schwur der Venezianerin
Staatssekretäre. Sie bestimmten und entschieden die guten Taten, die späterhin dem Großherzog Francesco zugeschrieben wurden, und die als Einzige in Worten der Welt vermacht würden.
Cosimo hatte die Signale rechtzeitig gesehen, als er seinen Sohn noch in jungen Jahren darauf hinwies, dass er wegen seines Lebenswandels eher zum regiert werden taugte als zum Regieren. Die heiß umkämpfte erbliche Kleinmonarchie warf nun bereits ihre ersten, dunklen Schatten voraus, da der Thronfolger für diese Arbeit unwillig war. Ohne Übergang beschäftigte sich Francesco weiterhin mit zwei wesentlichen Gebieten, die sein Leben bestimmten. Die Forschung in der Alchemie und die Liebe zu Bianca Cappello, die ihm für andere Dinge im Leben kaum Zeit ließ. So stellte er sich bald unruhig seine wichtigste Frage.
„Was führte ihn in das Schlafgemach der hässlichen Kaiserschwester? Warum konnte er seine sexuellen Gelüste nicht mit einem herrlichen Geschöpf, wie es diese Frau aus Venedig war, in seinem Palast austoben? Warum musste er das schönste aller menschlichen Gefühle, die Vereinigung in einem alles überwältigendem Sexualakt, einem berauschenden Akkord, in dem er sich grenzenlos seiner Begierde hingeben konnte, ausgerechnet mit einem solch hässlichen Weib erleben?“
Francesco kroch unter die Bettdecke Johannas und befahl ihr die Öllichter zu löschen. Es war nicht das katholische Gebot, das ihn zwang, beim Sexualakt ohne Beleuchtung zu sein und nicht hinschauen zu dürfen, was sich alles Wundervolles in der körperlichen Vereinigung tat. Es war allein ihre Widerwärtigkeit, die er nicht ausstehen konnte. Dazu spielte diese Tochter aus dem Hause Habsburg auch noch die Gelangweilte. Johanna, seine Ehefrau, war kühl und uninteressiert. Nur seinem unermesslichen, grenzenlosen Geschlechtstrieb war es zu verdanken, dass er wenigstens ab und zu selbst mit ihr zu einer körperlichen Vereinigung gelangen konnte. Seine einzige Freude dabei schenkte ihm der Höhepunkt, wenn er „kam“, und sich, völlig verausgabt, nachdem er sie mit seinem Samen vollgepumpt hatte, wieder in sein eigenes Bett zurückziehen konnte. Eine Freude vorher, eine Freude nachher gab es nicht. Es war eher eine Quälerei, die ihm abverlangt wurde. Dazu brachte sie es noch fertig, ihn grinsend zu beobachten, wenn er sich unter heftigem Stöhnen und schweißgebadet abrackerte, während sie, kalt wie ein uninteressierter Frosch, auf ihrem Rücken lag und ‚es‘ über sich ergehen ließ.
„Jeder Akt ist ein Staatsakt“, erklärte Francesco selbst seiner Geliebten, „den ich zu vollziehen habe, es müssen Kinder her. Möglichst Knaben, die einmal die Herrschaft der Medici fortsetzen können. Es müssen auch gesetzliche Kinder sein, die aus meiner rechtmäßigen Ehe hervorkommen.“
Andernfalls hätte er in seiner freizügigen Art längst ausreichend Thronfolger produzieren können“, dachte Bianca. Es gab genügend ledige und verheiratete Grafen-, Herzogs- und Fürstentöchter und Ehefrauen, die bereit waren, in sein Bett zu kriechen. Kinder hatte er allerdings mehr als genug. Sie wurden dem einen oder anderen Ehemann untergeschoben, oder die ledigen Mütter wurden schleunigst mit irgendeinem Hanswurst verheiratet oder auch ausgezahlt. Jedes der kleineren und größeren Feste an seinem Hofe gestaltete sich für ihn zu einem wahren Feuerwerk sinnlicher Freuden. Er brauchte nichts zu tun. Die Schönen kamen von ganz alleine. Jede war froh, einmal die Spielchen mit ihm, dem mächtigen Herzog im Bett zu treiben.
Aber es musste ausgerechnet diese Partnerin im Geschäft der politischen Verbindungen sein, die ihm die gewünschten Knaben produzieren sollte. Das hatte sein Vater so bestimmt.
Mit Geld war eine ganze Menge zu erkaufen, das war die größte Lektion, die er dabei gelernt hatte. Wer Geld hatte, der hatte auch die Macht, wer Macht hatte, der hatte auch die Gewalt. Während der vielen Kriege hatte Cosimo schon immer den größten römischen Kaiser, Cäsar selbst zitiert: „Soldaten hängen von Geld ab, Geld von der Macht und Macht von Soldaten.“ Die Macht fand ihre Vergrößerung in familiären Verbindungen. Dem hatte er sich unterzuordnen. Es störte dennoch sein ästhetisches Empfinden, so unter Wert verkauft worden zu sein.
Schlimmer noch als die gequälte Lust bei Johanna, machte ihm sein trauriger Geist zu schaffen. Traf nun beides zusammen, fühlte sich der Großherzog abgestürzt in ein Tal des Jammers. Unfähig, sich einen Reim auf
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