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Der Schwur der Venezianerin

Der Schwur der Venezianerin

Titel: Der Schwur der Venezianerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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Den Besitz Sienas mit seinem ehemals fruchtbaren Küstenstreifen Maremma und gut funktionierende Hafenstädte. Ich hinterlasse dir eine gute Handelsorganisation im Staat, beste Straßen und Wege, wie sie sonst kaum auf dem italienischen Festland zu finden sind. Florenz blüht, die Stadt braucht sich nicht zu scheuen sich mit der Pracht Venedigs und dem Glanz Roms zu messen. Überall in unserer Stadt murmeln kleine Bäche, springen fröhlich muntere Quellen aus Kunstwerken, blühen die exotischsten Gärten und erstehen die schönsten Paläste. Wir haben ein prächtiges architektonisches Kunstwerk, wie den Palazzo dei Uffizii, das kommende Verwaltungsgebäude in Angriff genommen. Verschiedene Straßen und Plätze, wie der Mercato Nuovo haben wir neu hergestellt, gepflastert und mit finanziellen Anreizen die reichen Bürger der Stadt ermuntert, neue Prachtbauten zu erstellen und bestehende zu erweitern. Die Kirche ist uns dienlich geworden, die Inquisition, die genügend Unheil in den Reihen der Gläubigen anstiftete, haben wir zum billigen Werkzeug unserer Interessen degradiert. Wir haben in wenigen Jahren ein mächtiges Imperium begründet.
    Den letzten wichtigen Schritt werden wir nun auch bald hinter uns gebracht haben. Der Papst wird uns zum Großherzog krönen, auch wenn der Kaiser noch nicht zustimmen will. Ihm wird aber nichts anderes übrig bleiben, seine Macht duckt sich unter der des Kirchenfürsten. Wir werden ein Großherzogtum haben, das wir wie eine Monarchie führen können und das erblich sein wird. Wir werden eine Gerichtsbarkeit haben, die von uns bestimmt wird. Leben und Tod der Bevölkerung werden zudem von uns abhängig sein.
    Wir können es uns leisten, nicht sofort jedem der angrenzenden Herrscher zu Kreuze zu kriechen. Diese unsere Nachbarn sind uns in vielem verpflichtet, wir hingegen schulden niemandem etwas. Daher, mein Sohn, höre gut zu:
    Ich kann nun glücklich sterben, denn ich kann unseren Künstlern in der nächsten Welt berichten, dass ich gesehen habe, wie Tote zum Leben erwachten, wie das Hässliche schön und das Alte wieder jung, und wie das Kleine groß wurde.“
    Nicht nur er war in den neu gestalteten Palazzo Pitti auf der anderen Arnoseite gezogen. Die Straße in unmittelbarer Nähe entwickelte sich zum bevorzugten Wohn- und Handelsgebiet in Florenz. Bald hatte sich die Via Maggio zur Prachtstraße und elegantesten Straße der Metropole gemausert. Wer seinen Palazzo nicht neu bauen konnte, der gestaltete zumindest die Fassade neu. Für diese elegante Straße hatte auch Francesco seine eigenen Pläne. Hier sah er in der nahen Zukunft etwas, was er noch mit niemandem teilte, selbst mit Bianca nicht. Die Zeit war noch nicht reif.
    Francesco hatte Carnesecchi gegen den Titel Großherzog eingetauscht, er hatte einen Freund verraten um goldenes Geklimper wegen. Nach außen war die Herrschaft der Medici in Ordnung gebracht. Nach innen nagten an Cosimo und Francesco die Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Der Dichter Torquato Tasso fragte sich und seine Freunde in der Osteria, welche Auswirkungen die Gier auf den Staat Toskana hätte.
    „Wird sich ein Staat“, fragte Tasso in die Runde seines Stammtisches hinein, „dessen Gier nach Reichtum immer größer zu werden scheint, noch lange halten können? Wird er sich nicht eher von innen aufzehren und an seinen eigenen Sünden zugrunde gehen?“

Lapis Philosophorum
    „Gier, Korruption, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und mehr werden von den Herrschenden nicht gesehen. Geschickt wenden sie sich vor dieser Verantwortung ab, benennen die Dinge willkürlich, wie es ihnen passt, um sie verhindern zu können.“ Diese Lehren zog Bianca Cappello, die sich in dem Rad der Geschichte unschuldig fühlte.
     
    Eine der ersten Taten Francescos war die Organisation seiner Regierung. Wobei sich der junge Herrscher der guten Aufgliederung durch seinen Vater bewusst war. Regieren war nicht sein Geschäft. Es kostete ihn zu viel Zeit und dafür hatte er kein Interesse. Das Wohl des Volkes interessierte ihn am wenigsten. Er sah es als schmuddeligen Ballast an, mit dem er sich nicht abgeben mochte. Es war gerade zum Jubeln gut genug und selbst dann hatte er nur Verachtung für die Massen, die seiner Inszenierung wie Schafe gefolgt waren. Sein Verhältnis zu den Bürgern der Toskana, selbst zu den Bürgern der Metropole Florenz hatte den Gefrierpunkt erreicht. Das Handeln und Entscheiden für das Volk überließ er dem Wohl und Wehe seiner

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