Der Schwur des Highlanders
»Ich weiß nicht, Mädchen, wie ich es dir erklären soll. Sie verschlingt einen Mann. Ich hätte es sicher nicht sehen sollen, aber in ihren Augen lag jener Ausdruck, der einem alle Freude raubt. Ich habe nie an solche Kreaturen geglaubt, aber wenn es so etwas wie einen Succubus, einen buhlenden weiblichen Teufel, gibt, dann ist sie einer.
»O armer Cormac«, murmelte sie.
»Wie kannst du diesen Dummkopf bedauern? So, wie du seinen Namen aussprichst, empfindest du etwas für ihn, aber wie kannst du für ihn Mitleid haben, wenn er einer Hure wie Isabel nachrennt?«
»Wie denn nicht? Und es ist nicht Mitleid, wirklich – nur Mitgefühl. Ja, ich habe ihn gerne. Ich liebe diesen armen, blinden Dummkopf und glaube, dass er mich lieben kann, aber er merkt es noch nicht. Zehn Jahre der Treue zu Isabel machen ihn blind für alles andere. Er hat ihr ein Versprechen gegeben. Es würde zu lang dauern, dir alles zu erklären, aber vertraue mir, es kann durchaus sein, dass es mehr braucht, als ich tun oder ihm geben kann, um ihn ein Versprechen brechen zu lassen. Ich habe es meiner Meinung nach geschafft, dass er anfängt, die Wahrheit zu erkennen, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich es jetzt schon auf die Probe stellen möchte. Leider bleibt mir wohl keine Zeit mehr, das Spiel weiterzuspielen. Du bist hier, und wahrscheinlich sah ich eben den Succubus zur Herberge schleichen, wo ich Cormac bettlägerig und schutzlos zurückließ.« Elspeth stand schnell auf, einen nachdenklichen Ausdruck im Gesicht. »In Wirklichkeit dürfte diese Hexe mit ihrem schwarzen Herzen überhaupt nicht in seine Nähe kommen. Sie sagte, sie würde nach ihm schicken, aber nicht kommen und ihn aufsuchen.«
»Hast du sie getroffen?«, fragte Payton, der gedankenverloren Isabels herausfordernd schwingenden Hüften nachsah, während sie auf die Herberge zuging.
»Ja.« Elspeth knuffte ihn in den Arm, um seine Aufmerksamkeit auf sie zu lenken, und wunderte sich über sein reuloses Grinsen.
»Es ist nichts Schlimmes daran, wenn man diese Schönheit ansieht, Mädchen.« Er wurde wieder ernst. »Sie sieht dich als Bedrohung.«
»Mich?« Elspeth fand das fast lachhaft, denn in ihren Augen war Isabel alles, was sich Männer angeblich ersehnten.
»Ja, dich.« Er lächelte und küsste sie auf die Wange. »Du bist eine wunderschöne Frau, Elspeth.«
»Aber sie –«
»Ich weiß. Sie besitzt eine Schönheit, wie sie von Dichtern und Minnesängern besungen wird. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass auch du schön bist. Und Isabel hat ein ausgesprochen hässliches Inneres, Mädchen. Das weiß sie, und sie sieht auch, dass deine Schönheit bis ins Mark reicht.«
»Cormac war ihr in den vergangenen zehn Jahren nicht ganz treu.«
»Stimmt, aber ich wette, dass darunter keine war, wie du es bist. Du bist keine Schänkenschlampe und kein käufliches Mädchen. Du bist jemand, den er heiraten könnte, jemand, der das Herz gewinnen könnte, das diese Hure seit so langer Zeit mit ihrer Faust umklammert. Sie ist jetzt auf dem Weg, diesen Griff zu festigen, ihn an die Liebe zu erinnern, die er ihr geschworen hat.«
»Oh. Und um ihn an sein Versprechen zu erinnern. Das ist ein Jammer«, murmelte sie. Aber Kopf und Herz brüllten ihr zu, sie solle sich in Bewegung setzen, solle zur Herberge laufen und versuchen, Isabels Vorhaben zu verhindern.
»Ich werde hier auf dich warten.«
Elspeth seufzte, sie war nicht überrascht, dass Payton ihre Gefühle erriet, wusste aber nicht so recht, ob ihr das gefiel. »Ich bin mir nicht sicher, ob es klug ist, hinüberzulaufen. Ich könnte in Versuchung geraten und mich anstrengen, dass er sein Versprechen bricht, das könnte aber am Ende von Nachteil sein. Ich kann auch nicht sein Schutzschild sein, selbst wenn er es wollte, um sich gegen ihre Anziehungskraft zu wehren.«
»Und warum nicht? Dieser Mann hat ihr zehn Jahre seines Lebens geschenkt. Während der Rest von uns frei durch die Felder der Lust tollte, folgte er ihr in dem Glauben, sie sei das arme Opfer ihrer habgierigen Verwandten. Nur weil er diesen Weg weiterwandelt, heißt das nicht, dass er ihn noch immer gern geht, dass er keine Zweifel hat und dass das Band nicht geschwächt oder sogar zerschnitten ist. Keiner gesteht sich gern ein, dass er zehn Jahre verschwendet hat, dass er trotz all seiner Opfer und Verletzungen nicht mehr in Händen hält als zu Beginn seines Leidenswegs.«
»Lass uns mal annehmen, dass er endlich über einen Weg nachgedacht hat,
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