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Der Schwur des Maori-Mädchens

Der Schwur des Maori-Mädchens

Titel: Der Schwur des Maori-Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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Rücken. Beherzt drehte er sie um. Als er sie erkannte, entrang sich seiner Kehle ein nicht enden wollender Schrei.
      Erst als er zwei Hände auf seinen Schultern fühlte, verstummte er. Erschrocken wandte er sich um. Es war ein Rotrock, der aussah, als habe er den Teufel persönlich gesehen.
      »Das ... das haben wir nicht gewollt«, stammelte er. »Wir haben uns mit Kopotais Leuten, die vom Osten kamen und auf die wir gar nicht vorbereitet waren, ein Gefecht geliefert, und sie ... sie lief mitten hindurch. Ich habe noch gerufen: >Nicht!< Aber da war es zu spät. Ein Schuss hat sie niedergestreckt. Das Gefecht aber ging weiter. Keiner hat sich um sie gekümmert, aber dann haben die Maori es noch einmal geschafft, Richtung Kirche zu Kawitis Leuten durchzubrechen. Ich bin zurückgekehrt, weil ich sie zu den anderen Toten auf den Friedhof bringen wollte.« Der Soldat brach unvermittelt in lautes Fluchen aus. »Verdammt, so viel Leid wegen eines Fahnenmastes. Warum haben sie ihn auch immer wieder errichtet? Wir haben zu Hause in England genügend Union Jacks ...« Er stutzte und musterte Matthew von Kopf bis Fuß. Der junge Mann, der um die Hüften einen Maori-Kilt, aber an den Füßen Socken und Schuhe trug, bot ein seltsames Bild. »Was hast du mit der armen Frau zu schaffen? Und zu wem gehörst du?«
      »Das wüsste ich auch nur allzu gern«, erwiderte Matthew schwach. »Aber das ist meine Ziehmutter Emily.«
      »Du bist ihr Sohn? Deinetwegen hat sie sich in diese Gefahr begeben?«
      »Was meinst du? Wovon sprichst du?«
      »Ich habe ihr zugerufen: >Nicht!< Da hat sie sich zu mir umgedreht und wie eine Irre gebrüllt: >Ich muss meinen Sohn retten, der Herr ist mit mir!< Und da hat die Kugel sie in den Rücken getroffen.«
      »Sie wollte mich retten?«, fragte Matthew fassungslos.
      »Ja, aber was hattest du hier draußen so allein zu suchen, und dann in diesem Aufzug?«
      Matthew zog es vor, dem Mann eine Antwort schuldig zu bleiben, und schlug kaum hörbar vor: »Wir bringen sie zu Mister Hobsens Haus.«
      Der Soldat sah Matthew mit großen Augen an. »Das Haus der Hobsens? Aber das ist doch in die Luft gegangen. Die Hazard hat einen Schuss abgegeben, woraufhin das Lagerhaus der Hobsens explodiert ist. Man vermutet, er hatte dort Unmengen an Schwarzpulver gehortet. Jedenfalls hat das Haus sofort Feuer gefangen ...«
      »Und die Bewohner?«
      »Es hat, wie ich hörte, die alten Hobsens erwischt, aber die anderen hat man wohlbehalten auf die Hazard gebracht.«
      Matthew rieselten kalte Schauer über den Rücken. John und Amanda Hobsen hatte er wirklich nicht besonders gemocht, aber so ein Ende? Gestern waren sie alle noch lebendig gewesen, und nun? Er warf einen Blick auf Emily und spürte, wie seine Augen feucht wurden.
      »Wir bringen sie auf den Friedhof«, sagte er tonlos und packte sie vorsichtig unter den Armen. Dabei stieß er einen kurzen spitzen Schrei aus, weil sein Arm von einem höllischen Schmerz durchzuckt wurde.
      Der Soldat griff nach Emilys Füßen. So trugen sie die Tote gemeinsam durch die Straßen von Russell. Der Ort war wie ausgestorben. Bis auf einen Mann in der Ferne. Matthew erkannte ihn sofort.
      Walter bewegte sich wie ein Schlafwandler auf sie zu. Doch dann erblickte er den Soldaten und rief: »He, Mann, hau ab, solange es noch geht! Deine Leute bringen gerade die letzte Fuhre hinüber zu den Schiffen. Dann wird in ganz Kororareka kein Rotrock mehr sein.«
      Als er auf ihrer Höhe war, warf er einen flüchtigen Blick auf die Tote und erstarrte.
      »Wir bringen sie zum Friedhof, Vater«, raunte Matthew. Walter aber fuhr wie ein Irrsinniger herum und brüllte: »Was tust du hier? Geh mir aus den Augen, und nenn mich nie wieder Vater! Du hast sie umgebracht, du schwarzer Satan. Ich will dich nie wieder sehen.« Ohne Vorwarnung stürzte er sich auf seinen Ziehsohn und stieß ihn zur Seite. Obwohl Matthew ins Stolpern geriet und Walter seinen Arm erwischt hatte, ließ er seine Mutter nicht los.
      »Nimm deine Finger weg!«, brüllte Walter wie von Sinnen. »Mörder, du!«
      »Mister, nun beruhigen Sie sich! Er hat sie nicht umgebracht. Sie ist zwischen die Linien geraten«, mischte sich der Soldat ein, doch Walter fuhr ihn wütend an: »Du hast doch keine Ahnung, Rotrock. Verschwinde auf dein Schiff, und nimm den da mit! Sonst passiert ein Unglück.«
      Der Soldat legte Emilys Beine ganz vorsichtig auf der Erde ab und machte Matthew ein Zeichen, es ihm

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