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Der Schwur des Maori-Mädchens

Der Schwur des Maori-Mädchens

Titel: Der Schwur des Maori-Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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Stich gelassen haben die Eltern sie.
      »Wenn du mir sagst, wer es ist, werde ich dem Burschen Bescheid sagen. Und wenn er anständig ist, wird er dich in sein Dorf holen.« Ripeka nimmt Maggys Gesicht in beide Hände und sieht sie an. »Wer ist es?«
      Maggy hebt die Schultern. Dann bricht es aus ihr heraus: »Sie will es mir wegnehmen. Bitte hilf mir!«
      Ripeka glaubt es nicht. »Doch nicht Misses Carrington! Sie würde so etwas niemals tun.«
      Maggy ballt die Fäuste. »Aber sie hat es selbst gesagt. Ich muss fort von hier!« Ripeka legt erneut den Arm um sie. »Keine Sorge, solange ich bei dir bin, wird dir keiner dein Kind wegnehmen. Ich werde das Kind und dich in das Dorf des Kindsvaters bringen. Und wenn sie es nicht wollen, nehmen es meine Leute dankbar auf. Es gehört zu den Maori. Du siehst doch selbst, die Pakeha schämen sich dafür.«
      Wenn es doch bloß so wäre, dachte Maggy, ich würde mit Ripeka überallhin gehen, aber ... »Der Vater ist Henry Carrington, er hat mir sehr wehgetan«, gab sie verzweifelt zu.
      Ripeka packt sie bei den Schultern. Maggy befürchtet, dass sie wieder so durchgeschüttelt wird wie von ihrer Mutter, aber Ripeka drückt sie fest an ihre Brust. »Du arme Kleine ...«
      Jetzt erst begreift Maggy, was sie getan hat. Sie wird kreidebleich. Sie hat geschworen, dass sie es niemandem je verraten wird.
      »Ich muss fort!«, ruft sie aus, während sie aufspringt. »Ich muss fort!«
      Ripeka hält sie am Arm fest. »Du bleibst in meiner Nähe. Hörst du, da wird dir nichts geschehen. Schwör, dass du nicht fortläufst!«
      Maggy wird schwindelig. Schon wieder ein Schwur. Sie hasst Schwüre. Wie gut, dass Ripeka nicht die Bibel zu Hilfe nimmt. »Schwör, dass du, komme, was wolle, bei mir bleibst!«
      Maggy presst die Lippen fest aufeinander. Sie will nicht schwören, doch da hört sie sich bereits beteuern: »Ich gehe nicht fort. Ich bleibe bei dir.«
      Ripeka nimmt sie noch einmal in die Arme. Maggy schließt die Augen und wünscht sich, dass die herzensgute Maori ihre Mutter wäre. Mit diesem Gedanken schläft sie ein.
      »Maggy, träumst du?«, holte die Stimme von Miss Morton sie aus ihren quälerischen Erinnerungen. »Sie warten schon alle vor dem Versammlungssaal. Der Gouverneur und der Bischof müssen jeden Augenblick eintreffen.« Die Lehrerin trug ihr bestes Kleid. Vor lauter Aufregung waren ihre sonst so blassen Wangen sichtlich gerötet.
      Schwerfällig erhob sich Maggy von dem Schaukelstuhl. Als sie endlich stand, blickte sie zweifelnd an sich hinunter. »Und Sie meinen, ich sollte wirklich mitgehen? Dann sieht doch jeder, dass ich ein Kind erwarte.«
      Bella Morton lächelte ermutigend. »Vor wem willst du deinen Bauch verstecken? In Te Waimate wissen inzwischen alle, dass du schwanger bist.«
      »Ich glaube, Mutter wäre nicht entzückt, wenn ich vor dem Bischof so erschiene«, bemerkte Maggy verschämt.
      Bella blickte sie säuerlich an. »Darauf können wir keine Rücksicht nehmen. Deine Mutter hat es in den letzten vier Monaten nicht einmal geschafft, dir einen Besuch abzustatten. Dann kann sie auch nicht erwarten, dass wir dich hier als unschuldige Jungfrau verkleiden.«
      Der Vorwurf in ihrer Stimme war unüberhörbar.
      Maggy hob die Schultern. Ihr war es eigentlich ganz recht, dass ihre Mutter bislang jedes Mal verhindert gewesen war, nach Te Waimate zu kommen, nachdem sie es vorher wiederholt per Brief angekündigt hatte. Erst waren es die reißenden Flüsse auf dem Weg hierher gewesen, die sie sich nicht zu überqueren traute, und dann ein Fieber, das sie ans Bett gefesselt hatte und ... Maggy kämpfte mit den Tränen. Ein Fieber? Ob das die Strafe des Herrn war dafür, dass sie, Maggy, ihren Schwur gebrochen hatte? Wenn es nun etwas Schlimmeres war? Maggys Knie wurden weich.
      »Mutter hat sicher einen guten Grund. Sie ist doch krank«, erwiderte Maggy zaghaft und in der Hoffnung, dass Miss Morton etwas über Emilys Zustand wusste.
      »Pah!« Miss Morton machte eine wegwerfende Geste. »Sie rennt schon wieder munter zu jedem Gottesdienst, den dein Vater hält, und soll noch frommer geworden sein. Das sind mir die Richtigen, diese Kirchgänger, aber ihre Christenpflicht dann auf andere abwälzen ...« Sie stockte und blickte Maggy mitleidig an. »Ach, hör nicht auf eine alte Jungfer wie mich! Je länger ich hier lebe, desto mehr werde ich zur Heidin.«
      »Aber Miss Morton, so dürfen Sie nicht reden! Sie

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