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Der Schwur des Maori-Mädchens

Der Schwur des Maori-Mädchens

Titel: Der Schwur des Maori-Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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versündigen sich doch«, bemerkte Maggy sichtlich verstört.
      »Ach, du... du bist ein gutes Mädchen«, seufzte Bella Morton. »Aber nun komm schon unter meinen Regenschirm, ich darf mich nicht verspäten, denn ich muss den Chor der Jungen dirigieren.«
      Sie zog Maggy mit sich fort in Richtung Schulhof. Unterwegs saßen am Boden überall Grüppchen sich angeregt unterhaltender Maori. In Te Waimate ging es seit Tagen zu wie in einem Bienenstock. Das beschauliche Leben in der Missionsstation war durch das anstehende Treffen von Gouverneur FitzRoy, Bischof Selwyn und diversen Maori-Häuptlingen völlig durcheinandergeraten.
      »Hoffentlich bringt diese Begegnung etwas«, seufzte Bella Morton. Maggy konnte ihr nur beipflichten. Jeder in Te Waimate setzte große Hoffnungen auf dieses Treffen. Keiner wollte einen Krieg zwischen Maori und Pakeha.
      Ein kleiner Maori-Junge kam ihnen tropfnass und barfuß entgegengehüpft. Als er die beiden Frauen erkannte, lachte er. »Guten Tag, Miss Morton, guten Tag, Miss Maggy«, grüßte er sie artig, bevor er weiterlief.
      »Weißt du, wie froh ich bin, dich bei mir zu haben?«, seufzte Bella Morton. »Die Kleinen lieben dich.«
      Maggy spürte, dass ihre Wangen heiß wurden. Lob machte sie verlegen.
      »Und ich bin froh, dass Sie mich diese Arbeit machen lassen und ich nicht immer nur in der Küche helfen muss«, erwiderte sie begeistert. Sie liebte es, den Kindern, die noch nicht zur Schule gingen, spielerisch ein gutes Englisch beizubringen. Sie beherrschte es jedenfalls fehlerfrei und hatte dabei trotzdem nicht völlig die Sprache ihrer Ahnen verlernt. Insofern war sie die geeignete Person, um die Kleinen zu unterrichten.
      »Hast du dir mein Angebot inzwischen überlegt?«
      »Ja, Miss Morton, wenn meine Eltern es erlauben, dann möchte ich hierbleiben, weil mein Kind mit den anderen spielen kann. Es ist so friedlich in Te Waimate. Und Sie sind wie eine Mutter zu mir. Sie und Ripeka.«
      Trotz des Regenschirms in ihrer Hand schaffte es Bella, ihren Schützling überschwänglich zu umarmen. »Ach, das ist eine gute Nachricht! Dann sollten wir warten, bis deine Mutter endlich kommt, um ihr die frohe Botschaft auf der Stelle zu überbringen. Und weißt du was? Ripeka behalten wir auch gleich«, erklärte Bella Morton lachend, doch dann wurde sie wieder ernst, denn sie waren nun vor der Halle angekommen.
      Dort bot sich ihnen ein ungewöhnliches Bild. Die Bewohner von Te Waimate, allen voran die Jungen aus der Maori-Schule, standen in ihrer besten Kleidung im strömenden Regen und stierten voller Erwartung zum großen Eingangstor.
      »Bis gleich«, sagte die Lehrerin und hastete zu ihrem Chor. Maggy reihte sich in das Spalier der Zuschauer ein und verrenkte sich den Hals. Ein Raunen lief durch die Menge, als nun zuvorderst Gouverneur FitzRoy in seiner prächtigen Uniform aufrecht auf die Halle zuschritt. Im gleichen Augenblick stimmte der Chor Rule Britannia an.
      Fast zeitgleich mit ihm traf der Bischof ein. Er trug ein schweres Festgewand in Schwarz und Violett. Er überragte den Gouverneur beinahe um Haupteslänge. Ein paar Schritte hinter ihnen folgten Colonel Humes von den Rotröcken und der Kapitän eines der im Hafen von Russell liegenden Kanonenboote. Wieder in einigem Abstand tauchten in Zweierreihen einfache Geistliche auf.
      Maggy merkte, wie ihr noch wärmer wurde. Kein Wunder, dachte sie, der Regen hat aufgehört. Die Sonne versuchte sich durch die grauen Wolkenberge zu kämpfen. Wie so oft in der Bay of Islands würde aus einem regnerischen Morgen doch noch ein sonniger Sommertag werden.
      Maggy blickte neugierig in die Gesichter der vorbeiziehenden Kirchenmänner. Doch dann erschrak sie, als sie unter ihnen einige der Missionare aus Paihia und Kerikeri erkannte. Was, wenn ihr Vater zu der Delegation gehörte? Ob er überhaupt von meiner Schwangerschaft weiß?, fragte sie sich bang. Und plötzlich überkam sie das Heimweh mit solcher Macht, dass ihr Tränen in die Augen schossen. Besonders Matui vermisste sie schmerzlich. Was ihre Mutter ihm wohl erzählt hatte, nachdem nicht einmal er sie besuchen gekommen war?
      Plötzlich hörte sie eine Stimme, der ihres Bruders nicht ganz unähnlich, fragen, ob sie Hilfe brauche. Erstaunt wandte sie sich um und blickte in ein Paar intensiv funkelnder brauner Augen.
      »Nein, nein, es ist alles gut«, erwiderte sie in der Sprache ihrer Ahnen, während sie sich hastig die Tränen aus dem Gesicht

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