Der Schwur des Piraten
Schädel. »Fahrt zurück zur Hölle!«
Inmitten dieser widerlichen, halb verwesten Leiber war es schwer, den Überblick zu behalten. Jeder Pirat war von Gegnern umringt und auch Spinn blieb keine Zeit zum Luftholen. Er wurde von allen Seiten angegriffen und hatte Mühe, sich gegen seine Widersacher zu verteidigen. Da geschah es: Spinn holte mit seinem Degen aus, verlor das Gleichgewicht und stürzte. Im nächsten Moment lag er auf dem Boden, umringt von Dutzenden von Monstern.
Das war’s!, dachte Spinn. Jetzt ist es aus!
Den sicheren Tod vor Augen kauerte Spinn auf dem Kopfsteinpflaster und wartete wie versteinert darauf, zerfleischt zu werden.
Doch nichts geschah. Spinn hob vorsichtig den Blick. Die Wesen hatten ihn verschont und liefen in den Hof zurück.
Spinn nutzte die Gelegenheit und schob sich mit den Ellenbogen bäuchlings weiter in Richtung Ausgang. Der Gestank von fauligem Fleisch war so intensiv, dass er zu ersticken glaubte. Doch er hielt durch. Seine Kameraden waren nirgends zu entdecken, er war auf sich allein gestellt.
Plötzlich spürte er einen Fuß auf seinem Rücken, der ihn heftig zu Boden drückte.
»Verflucht!«
Spinn bewegte sich mit äußerster Vorsicht. Wie in Zeitlupe drehte er den Kopf zur Seite und hob den Blick. Ein Legionär beugte sich über ihn und musterte ihn gierig und zugleich erstaunt. Bestimmt hatte sich das Wesen über den seltsamen Kadaver gewundert, der da langsam über den Boden kroch, und beschlossen ihn aufzuhalten.
Der Legionär nahm Spinn den Degen ab. Einen Finger nach dem anderen löste er vom Griff der Waffe.
»Nei n … nein!«, rief Spinn.
Er war entwaffnet und dem Monster hilflos ausgeliefert. Doch war das möglich? Sollte das wirklich das Ende sein?
Niemals!, entschied Spinn und versetzte seinem Gegner einen so heftigen Schlag gegen den fragilen Brustkorb, dass das Monster lauthals aufheulend zurückprallte und der Degen in hohem Bogen durch die Luft flog. Spinns Blick folgte der Waffe und er sah mit Schrecken, wie sie einige Meter weiter inmitten einer Horde von Legionären landete. Schon wandten sich die Scheusale nach ihm um und stürzten auf ihn zu. Spinn kam in Panik. Wild schreiend sprang er auf und rannte um sein Leben. Im nächsten Moment war er an seinen Gegnern vorbeigelaufen. Doch ihm blieb keine Zeit zum Luftholen. Schon hörte er hinter sich ihr fürchterliches Gebrüll.
Gehetzt rannte Spinn weiter, ohne zu wissen, wo O’Fire und seine anderen Kameraden abgeblieben waren. Vielleicht hatten sie den Kampf nicht überlebt, aber daran durfte er jetzt nicht denken. Vor ihm erstreckten sich die Gassen von Plymouth und er musste sich in Sekundenschnelle für eine von ihnen entscheiden. Er dachte an den Hafen.
»Nach rechts, nach rechts«, keuchte er und rannte weiter. Doch nach ein paar Metern stolperte er und rollte die abschüssige Straße hinab.
Die Legionäre kamen immer näher. Spinns Knie waren aufgerissen. Blut rann ihm die Schienbeine hinab und steigerte die Gier der Scheusale nur noch mehr. Während Spinn sich aufrappelte, wurde ihm schwarz vor Augen und für einen Augenblick taumelte er. Dann rannte er weiter, so schnell er konnte, doch er merkte, wie seine Kräfte nachließen.
»Auf den Boden, Spinn!«
Spinn gab seinen müden Beinen nach und ließ sich erschöpft zu Boden fallen. Im selben Moment hörte er zwei Schüsse. Er drehte sich auf den Rücken und hob den Kopf. Nur noch ein Legionär war übrig geblieben. Da erscholl noch ein Schuss. Der Legionär bebte wie vom Blitz erfasst und fiel neben Spinn zu Boden.
»Fahr zur Hölle, Scheusal!«
Spinn war so schwach, dass er kaum hochkam. Da packte ihn jemand unter den Achseln und zog ihn auf die Beine, als sei er federleicht. O’Fire, der alte Kraftprotz.
»Das war knapp, was, Spinn?«
»Ja, wieder einmal«, antwortete Spinn atemlos.
»Wir haben uns schon Sorgen gemacht und fürchteten, du hättest es nicht geschafft«, sagte Keepfit.
»Wir glaubten, du seist tot«, brachte Kook es auf den Punkt.
»Ohne O’Fire wäre ich das jetzt auch«, erwiderte Spinn. Der Schotte lächelte verlegen.
»Alles halb so schlimm, Spinn«, verkündete Goldmerry. »Wir hätten auf jeden Fall für dich und deine Seele gebetet.«
»Auf jetzt, Männer! Wir dürfen keine Zeit verlieren!«, drängte Kook energisch. »Auf zum Hafen! Wir brauchen ein Schiff.«
Das Ende eines Admirals
Die fünf Piraten eilten durch die Straßen von Plymouth zum Hafen und entdeckten dort sofort ein geeignetes
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