Der Schwur des Piraten
Schiff: klein und robus t – wie geschaffen für eine Handvoll tollkühner Männer. »Sehen wir nach, ob Proviant an Bord ist!«, rief O’Fire, als sie sich dem Schiff näherten. »Falls nicht, müssen wir noch schnell etwas auftreiben.«
»Hier braucht das ja sowieso keiner mehr«, erwiderte Keepfit.
»Da irrst du dich!«, ertönte eine zornige Stimme.
Die Piraten wandten sich um. Hinter ihnen stand Lancaster und zielte mit einer Pistole auf sie.
»Ihr bleibt hier, dreckiges Piratenpack! Wusste ich’s doch, dass auf euch kein Verlass ist. Waffen weg und Hände hoch!«, befahl er. »Wenn das Gesetz euch nicht bestrafen kann, dann sorge eben ich dafür! Die Welt wird es mir danken!«
»Tun Sie das nicht, Lancaster!«, entgegnete O’Fire besonnen. »Sie können das Böse nicht allein besiegen.«
»Halt’s Maul! Ihr seid nicht besser als diese Monster.«
»Lassen Sie uns laufen, Admiral! Sie werden es nicht bereuen.«
»Gib’s auf, Schotte«, zischte Lancaster. »Du bist erledigt.«
»Welchen Sinn hat es, uns jetzt zu töten? Ohne uns können Sie nichts gegen die Bestien ausrichten. Kommen Sie an Bord! Verlassen Sie mit uns diesen verfluchten Ort!«
»Ein Admiral der englischen Marine flüchtet nicht vor der Gefahr!«
»Abe r …«, versuchte es O’Fire noch einmal.
»Schluss jetzt!«, unterbrach ihn Lancaster. Er richtete die Waffe auf Spinn. »In der Hölle sollt ihr braten, Banditen!«
Er drückte ab. Mit einem lauten Knall schoss die Kugel aus der Pistole. Doch Spinn hatte sich zur Seite geworfen und Goldmerry, der neben ihm stand, mit zu Boden gerissen. Bevor die Kugel ins Leere ging, streifte sie noch Spinn an der Schläfe und hinterließ dort eine dünne rote Schramme.
»Verdammter Bengel!«, fluchte Lancaster und lud hastig seine Pistole nach.
Doch Spinn war schneller. Er sprang auf und riss Goldmerry die Waffe aus der Hand. Lancaster zielte erneut auf Spinn und legte den Finger an den Abzug, aber Spinn drückte bereits ab. Sein Schuss traf Lancasters Arm.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht ließ der Admiral die Waffe fallen und sank auf die Knie. Auf seinem Ärmel breitete sich langsam ein dunkler Blutfleck aus.
Spinn betrachtete ihn ungerührt.
»Ic h … ich habe versagt«, klagte der Admiral.
Spinn wandte sich von ihm ab. Er atmete tief ein und ging dann, ohne sich nochmals umzuschauen, mit seinen Kameraden den Steg entlang und über die Gangway aufs Schiff.
Es war Zeit, in See zu stechen und sich auf die Suche nach dem Schwarzen zu begeben. Dass er diese harte Prüfung bestanden hatte und diesem Heer von Toten entkommen war, machte Spinn neuen Mut. Vielleicht würde er sein Ziel ja doch erreichen. Es würde schwierig und gefährlich werden, aber es war nicht unmöglich.
Das kleine Schiff, das auf der Längsseite den Namen Carpenter trug, legte mit einer Leichtigkeit vom Landungssteg ab, als hätte es kein Gewicht.
Spinn stand auf dem Achterdeck und schaute zurück zu Lancaster, der sich wieder aufgerichtet hatte und in starrer, hochmütiger Haltung dem Schiff nachsah.
Dann erscholl aus den Gassen von Plymouth ein fürchterliches Gebrüll. Lancaster riss entsetzt die Augen auf und wandte sich um.
Hinter der ersten Häuserreihe stürmte eine Horde von Legionären hervor. Die Soldaten waren bis auf den letzten Mann vernichtet. Lancaster starrte wieder aufs Meer hinaus, zu den schon weit entfernten Piraten, die seinen Blick ernst erwiderten. Allein die Erinnerung an Lancasters grausame Taten hinderte sie daran, für diesen Mann Mitleid zu empfinden.
Sie sahen mit an, wie die Monster sich mit weit aufgerissenen Mäulern auf Lancaster stürzten und den verzweifelt schreienden Admiral bei lebendigem Leibe zerfleischten.
Die Carpenter entfernte sich immer weiter von diesem Inferno.
Spinn wischte sich über die feuchten Augen. »Ich hätte ihn gerne gerettet«, flüsterte er seinen Kameraden zu. »Aber Yellowbeards Schreie nach Rache haben mich davon abgehalten.«
Auf der Carpenter
Die Carpenter befand sich auf Kurs nach Afrika. Es wurde wärmer, der Himmel klarte auf und die Stimmung an Bord wurde fröhlicher.
»Noch ein paar Tage und wir drehen westwärts«, verkündete O’Fire heiter.
Keiner hatte bisher über Lancaster und den Angriff der Legionäre gesprochen. Auf ihrer Fahrt würden sie dafür noch genug Gelegenheit haben.
O’Fire fragte sich, ob es nicht an der Zeit wäre, Spinn in das einzuweihen, was sie wussten. Denn schließlich hatte er in den vergangenen Wochen viel
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