Der Schwur: Schwerter des Zorns 1 (German Edition)
Brandark gedehnt, und Tothas nickte wieder.
»Dieses Wort hat Meister Kreska benutzt, als er einmal mit
mir darüber gesprochen hat. Wenn sich jemand einer anderen Person unterordnet, ist ein Teil seiner Kraft mit der Kraft dieser Person verbunden. Es funktioniert fast wie ein Vergrößerungsglas. Wenn ihr jemandem Treue schwört, ist diese Person wie ein Fokus für euch, ja fast ein Teil von euch, und wenn ihr diese Loyalität dazu noch freiwillig gebt, weil ihr der Person vertraut oder sie liebt, und nicht nur, weil ihr dazu gezwungen werdet, so ist das Band noch viel stärker. Könnt ihr mir folgen?«
Brandark und Bahzell nickten zögernd und Tothas seufzte ergeben.
»Nun gut. Angenommen, ihr wäret Herrscher oder der Thronfolger eines Herrschers. In diesem Fall bildet ihr den Fokus der Kraft vieler Menschen. Wenn ihr nun ein weiser Herrscher wäret – wie Herzog Jashân oder Lady Zarantha –, so würden euch die meisten eurer Untertanen lieben und vertrauen. Falls es den Entführern gelingt, Lady Zarantha auf Jashâns Ländereien zu schaffen, innerhalb der Reichweite all dieser gebündelten Kraft, und wenn sie meine Herrin dann töten …«
Er unterbrach sich und biss sich auf die Lippen, und Bahzell drückte aufmunternd seine Schulter.
»Verstehe«, sagte der Pferdedieb leise. »Du hast vermutlich Recht. Sie ist noch am Leben, und sie werden einen Weg suchen, sie nach Hause zu bringen. Das bedeutet, wir haben noch genug Zeit, sie zu finden und zu befreien.«
»Wo fangen wir an?«, erkundigte sich Brandark.
»Ich möchte diesem Baron Dunsahnta gerne einen Überraschungsbesuch abstatten«, knurrte Bahzell. »Ich habe alles aus dem Wirt herausgewrungen, was er wusste. Seinen Worten zufolge zählt Dunsahntas Leibgarde höchstens vierzig Bewaffnete – und seine ›Burg‹ ist kaum mehr als ein befestigtes Gutshaus. Es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn wir nicht in ein solches Haus hineinkämen, obwohl wir es wollen.«
Keiner seiner Gefährten machte Anstalten, ihm zu widersprechen, und er lächelte frostig.
»Vielleicht ist Lady Zarantha ja irgendwo dort eingesperrt, aber eigentlich glaube ich, dass sie sie so schnell sie können zur
Südsteppe schaffen. Sie können nicht vorhersehen, was wir unternehmen, also haben sie Zarantha vermutlich rasch nach Hause geschickt, um allen unseren Handlungen zuvorzukommen.«
Tothas nickte unglücklich, aber Bahzell drückte erneut aufmunternd seine Schulter.
»Kopf hoch, Mann. Wenn sie keine magische geflügelte Bestie für den Transport haben, müssen sie reiten, sie mit einer Kutsche transportieren oder gar zu Fuß gehen. Sobald ich ihre Spur aufgenommen habe, werde ich sie einholen, bevor sie auch nur in die Nähe von Zaranthas Heimat kommen.« Brandark unterstrich die Worte des Pferdediebes mit einem bekräftigenden Nicken, und Bahzells Augen leuchteten, als er den Leibgardisten anschaute.
»Eines versichere ich dir, Tothas. Falls es mir gelingt, mit diesem Baron Dunsahnta oder einem oder zweien seiner Leibgardisten ein Wörtchen zu wechseln, werde ich sehr bald wissen, wo ich Zarantha suchen muss.«
23
D ER SICHELMOND wurde von dahinsausenden Wolkenfetzen verdeckt, als sich Brandark und Tothas unter dem Blätterbaldachin der Bäume von den Pferden schwangen. Bahzell band den Zügel von Zaranthas Muli an einen Ast und betrachtete dann aus ihrer Deckung im Wald ihr Ziel. Die beiden anderen traten neben ihn und er drehte seinen Kopf zu ihnen herum.
»Du hast Recht gehabt«, murmelte Brandark. »Es ist keine große Burg.«
Bahzell nickte und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Heim von Baron Dunsahnta. Dunsahnta war nie ein besonders wohlhabender Besitz gewesen, trotz seiner günstigen Lage an der Hauptstraße nach Norden. Der Vater des jetzigen Barons hatte den Titel für seine Verdienste in der Armee der Speermänner verliehen bekommen, die die Grenzen des Reiches bis zum Schwarzwasserfluss ausgedehnt hatten. Er hatte aber nicht genug Geld gehabt, um für seine Baronie auch einen angemessenen Sitz zu errichten. Stattdessen hatte er einfach das einzige einigermaßen befestigte Haus in der Gegend übernommen und es vergrößert. Allerdings schien der Mann über ausgezeichnete militärische Instinkte verfügt zu haben, denn in seine »Burg« einzudringen, wäre eine recht unangenehme Herausforderung gewesen, hätte sein Sohn sie ordentlich instand gehalten.
Der erste Baron hatte einen ausgedehnten Bogen von Erdwällen mit abgeschrägten
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