Der Schwur: Schwerter des Zorns 1 (German Edition)
sein Fluch in einen stummen Dank, als das Mondlicht auf dem matten Stahl des Helmes eines Wachposten schimmerte, der reglos im Schatten der inneren Mauer stand. Der Pferdedieb drückte sich noch flacher an die Erde und kniff die Augen zusammen, als sich der Behelmte plötzlich bewegte. Hatte er ihn doch gesehen? Aber der einsame Posten stampfte nur mit den Füßen und schlug die Arme über der Brust zusammen, um die Kälte zu vertreiben, und Bahzells Sorge wich einem Gefühl der Befriedigung. Der Zugang zum Tor war zwar von einem Fallgitter gesichert, das aber war hochgezogen. Den Eingang selbst versperrte nur ein leichtes, mit Schmiedearbeiten geschmücktes Eisengitter. Ein gepflasterter Weg führte in einen einst sorgfältig angelegten Garten, der sich mittlerweile in eine überwucherte Wildnis verwandelt hatte. Die Anwesenheit des Postens jedenfalls bewies, dass dieses Tor noch benutzt wurde. Und in diesem Fall war es möglicherweise nicht einmal verriegelt.
Das Problem war der Wachposten. Dessen Schwert schreckte Bahzell nicht, erst recht nicht, da er ihn aus dem Dunkeln überraschte. Wenn es dem Mann aber gelang, auch nur einen einzigen Schrei auszustoßen, hätte sich der Hradani den weiten Weg sparen können. Doch auch mit solchen Problemen hatte er schon früher zu tun gehabt, und die Wachen der Sothôii waren erheblich wachsamer gewesen als dieser Posten hier.
Der Pferdedieb schaute zum Himmel hinauf. Eine dicke Wolke näherte sich rasch der Mondsichel und er zog seinen Dolch. Die Arbalest hatte er bei Brandark gelassen, denn es war ein beliebtes Ammenmärchen, dass ein Mensch mit einem Bolzen im Bauch lautlos starb. Wenn man leise töten wollte, musste man sein Messer aus unmittelbarer Nähe einsetzen. Er verbarg die Klinge in seinem Ärmel, damit sie im Mondlicht nicht verräterisch glänzte, und ließ die Hand dicht an der Seite heruntergleiten.
Bahzell ließ den Posten dabei nicht aus den Augen. Er empfand nicht das geringste Mitleid für diesen Fremden, den er gleich töten würde. Auch wenn er dieses Gefühl vielleicht haben sollte.
Hätten die Freunde dieses Burschen ihre Aufgabe in der Herberge ordentlich erledigt, würde jetzt auch kein Hradani in den Büschen zehn Meter von der Mauer entfernt lauern. Außerdem, wenn schon der Wirt von den Tätigkeiten des Barons wusste, mussten sie es auch wissen. Und jeder, der einem Schwarzen Hexer diente, verdiente auch, was ihm daraufhin widerfuhr.
Die Wolke schob sich vor den Mond, und Bahzell wartete reglos und geduldig, wie er es unter viel Schweiß und Schmerzen gelernt hatte. Dann wurde das Mondlicht schwächer und der Hradani bewegte sich. Er wartete nicht, bis das Licht vollkommen verschwand, sondern lief los, während es dunkler wurde und bevor sich die Augen des Wachpostens auf die veränderten Lichtverhältnisse einstellen konnten. Trotz seiner Größe und seines Gewichtes war er so leise wie der Wind.
Der ahnungslose Wächter wurde vollkommen überrumpelt. In einem Augenblick war noch alles still und kalt und langweilig, wie es schon die ganze Nacht gewesen war, im nächsten presste sich eine eiserne Hand auf seinen Mund und bog seinen Kopf zurück, als wäre er nur ein Kind. Für einen Moment sah er die funkelnden braunen Augen, die an den Kopf gepressten, fuchsartigen Ohren, dann drang eine Klinge durch sein Kinn bis in sein Gehirn und löschte alle Bilder aus.
Bahzell ließ den Leichnam langsam zu Boden gleiten und duckte sich darüber, während er mit gespitzten Ohren auf ein Geräusch lauschte. Es blieb ruhig, und er richtete sich auf und spähte durch die beiden Flügel des Gittertores. In dem Hof dahinter war keine Menschenseele zu sehen. So weit, so gut, aber die Riegel des Tores waren verrostet, und er zog sehr vorsichtig an dem Handgriff.
Behutsam öffnete er ihn, und als das Metall quietschte, verwünschte er zischend den geizigen Gutsbesitzer, der selbst am Öl für die Scharniere sparte. Das Geräusch hätte die Toten zum Leben erwecken können. Bahzell knirschte mit den Zähnen und hoffte, dass der Wind das Geräusch übertönte. Außerdem war ihm klar, dass solcher Lärm einem Eindringling immer erheblich ohrenbetäubender vorkam als einem Wächter.
Die Angeln quietschten zum Glück nicht so laut wie der Riegel. Bahzell drückte den Flügel des Tores weit auf, zerrte den Leichnam des Wachpostens hinter sich her und lehnte ihn in die Ecke der Mauer. Jetzt sah er zwar nicht besonders aufmerksam aus, andererseits war er auch nicht
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