Der Schwur: Schwerter des Zorns 1 (German Edition)
nicht gepanzert, wohl aber mit einem Breitschwert bewaffnet und stand mit dem Rücken zu der geschlossenen Tür am Ende des Ganges. Er wirkte erheblich aufmerksamer als der Torwächter.
Der Pferdedieb stieß einen lautlosen Fluch aus. Dieser Posten musste etwas oder jemanden in dem Raum hinter sich bewachen. Also bestand die schwache Möglichkeit, dass Zarantha hinter der Tür gefangen gehalten wurde. Und wenn nicht, so bewachte der Posten vermutlich die Privatgemächer des Barons. In dem Fall …
Bahzell unterbrach seine Überlegungen und fletschte unwillkürlich die Zähne, als ein hoher, schriller Schrei durch die dicke Tür drang. Seine Muskeln zuckten, doch er zwang sich, bewegungslos stehen zu bleiben. Falls sich der Baron dort aufhielt, und er tatsächlich ein Hexer war, gab es nur eine Möglichkeit, ihm wirkungsvoll entgegenzutreten. Der Gedanke bereitete Bahzell Übelkeit, aber es war die einzige Chance, und das war ihm schon klar gewesen, bevor er sich auf den Weg gemacht hatte.
Er holte tief Luft, trat von der Tür zurück, schloss die Augen und versenkte sich in sein tiefstes Inneres.
Er fühlte, wie die helle Flamme sofort aufloderte, spürte den Schock, als eine Barriere fiel, eine Tür sich öffnete und das Monster seinen hässlichen Schädel hob. Bahzells Kiefer erschlaffte und ihm trat der Schweiß auf die Stirn, aber er kämpfte gegen das Monster an. So etwas hatte er noch nie versucht, weil er sich davor fürchtete. Die Blutrunst war zu mächtig, und er befreite sie nicht oft, damit sie nicht zu übermächtig wurde und er sie weiter kontrollieren konnte. Das hatte alle Experimente damit ausgeschlossen.
Heute jedoch brauchte er sie, doch er ließ sie nur langsam erwachen, befreite sie Stück um Stück mit purer Willenskraft aus ihren Ketten und erstickte das Bedürfnis, seine Herausforderung herauszubrüllen, als ihn der wilde Jubel über ihre Befreiung durchdrang.
Der Hüne zitterte unter dem körperlichen Widerhall seines Kampfes gegen diesen Dämon. Die vereinzelten Schweißperlen verdichteten sich zu einem feuchten Film auf seiner Haut, der Atem presste sprühenden Speichel zwischen seinen Zähnen hervor, und ein gutturales Geräusch, ein sehr leises, wildes Knurren vibrierte in seiner Kehle. Es war ein langsamer, qualvoller Prozess, dieses kontrollierte Erwecken der Blutrunst, aber er kämpfte sich hindurch und klammerte sich an den Zweck, der ihn hierher geführt hatte. Plötzlich entspannte er seine Schultern und schlug die Augen auf.
Sie waren anders, glühender und gleichzeitig dunkler, fast wie polierter Stein, und Bahzell fletschte erneut die Zähne, als ein weiterer Schmerzensschrei durch den Flur hallte.
Die Blutrunst kochte wie ein gebannter, zielgerichteter Zweck in ihm, und er schob den Dolch in die Scheide zurück und krümmte die Finger, während er die Tür mit der Stiefelspitze aufstieß.
Er blieb weiterhin reglos stehen, als sie lautlos weit in den Flur schwang. Seine Gedanken blieben, kälter als Eis, kristallklar im lodernden Feuer der Blutrunst, während er einfach dastand und im Spiegel beobachtete, wie der Wachposten am anderen Ende des Flures aufblickte. Der Mann runzelte die Stirn und öffnete den Mund. Im gleichen Augenblick ertönte wieder ein verzweifelter Schrei aus dem Zimmer hinter ihm und der Mann verzog angewidert das Gesicht.
Offenbar war der Wächter klug genug, seinen Herrn bei seiner Beschäftigung nicht zu stören. In Bahzell toste die Blutrunst, und er legte die Ohren flach an den Kopf, als der Posten sein Schwert zog und den Flur entlangkam. Er war ohne Zweifel besser ausgebildet als der Mann am Tor und drehte den Kopf nach rechts und nach links, als wittere er eine unerkannte Gefahr.
Trotzdem mochte er wohl nicht wegen einer Tür Alarm schlagen, die sich aus Versehen geöffnet hatte. Vermutlich nahm er an, dass der Baron sie nicht richtig geschlossen und ein Windstoß aus einem Fenster der Bibliothek sie aufgestoßen hatte. Das mochte unwahrscheinlich sein, schien aber dennoch naheliegender als die Vorstellung, jemand wäre an all den Wachposten vor dem Haus vorbeigekommen, in ein unbewachtes Zimmer im ersten Stock geklettert und hätte sich all die Mühe gemacht, eine Tür aufzustoßen, ohne dann auch hindurchzutreten!
Doch auch wenn der Mann möglicherweise eine harmlose Erklärung suchte, er hielt das Schwert stoßbereit in der Hand und ging sehr aufmerksam weiter. Er erreichte die Tür, blieb stehen und lauschte in das Zimmer hinein. Er
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