Der Schwur: Schwerter des Zorns 1 (German Edition)
ich?« So etwas wie wahnsinniger Übermut flackerte in Bahzell auf, als er jetzt selbst die Arme vor der Brust verschränkte und die Luft verächtlich ausstieß. »Nun, das sollte dir wohl zu denken geben!«, fuhr er fort, und Tomanâk verblüffte ihn mit einem lauten Lachen.
Es war ein fürchterliches Geräusch, gleichzeitig aber wundervoll. Es ließ die Knochen der Erde erklingen und hallte von den Wolken wider, war hellauf entzückt und dennoch Angst einflößend, denn seine Fröhlichkeit war mit Signalhörnern, donnernden Hufen und klirrendem Stahl unterlegt. Es erschütterte Bahzell wie ein gewaltiges Sommergewitter bis auf die Knochen und wirkte dennoch nicht bedrohlich.
»Bahzell, Bahzell.« Tomanâk schüttelte den Kopf, während seine Augen immer noch belustigt funkelten. »Wie viele Sterbliche würden es deiner Meinung nach wohl wagen, mir das ins Gesicht zu sagen?«
»Das weiß ich nicht. Aber von meinem Volk würden es dir vermutlich mehr sagen, als du erwartest.«
»Das bezweifle ich.« Tomanâk blähte die Nasenflügel, als witterte er im Wind. »Das bezweifle ich sogar sehr. Sie weisen mich ab, das tun sie, aber mir von Angesicht zu Angesicht sagen, dass ich verschwinden soll? Nicht einmal deine Volksgenossen sind so kühn, Bahzell.«
Bahzell hob nur fragend die Brauen und Tomanâk zuckte mit seinen mächtigen Schultern.
»Jedenfalls die meisten nicht.« Bahzell schwieg weiterhin und der Kriegsgott nickte. »Und genau das, mein Freund, hebt dich aus ihnen heraus und macht dich so bedeutend.«
»Bedeutend?« Bahzell presste die Lippen zusammen. »Mein
Volk hat zwölfhundert Jahre gelitten und ist gestorben, ohne dass auch nur eine hilfreiche Geste von dir oder deinesgleichen gekommen wäre. Was macht mich jetzt plötzlich so ungeheuer ›bedeutend‹ für euch?«
»Das, was du bist. Ich brauche dich, Bahzell.« Es schien unmöglich, dass diese massive Stimme sanfter klingen könnte, aber sie tat es.
»Ach so! Eigenartig, genau das habe ich erwartet.« Bahzell fletschte die Zähne. »Du hast keine Zeit, meinem Volk zu helfen, das deiner Hilfe dringend bedurft hätte, aber wenn jemand etwas hat, das du willst, quälst du ihn mit Albträumen und jagst ihn über einen halben Kontinent! Ich weiß nur wenig über Götter, und selbst das ist schon zu viel, aber eines ist mir klar: Ich habe nichts gesehen, gar nichts, was mich veranlassen könnte, mich vor dir zu verbeugen und dir zu folgen. Und ich hätte, bei allem Respekt, am liebsten auch nicht das Geringste mit dir zu tun, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Ich verstehe dich, Bahzell, vielleicht sogar besser, als du glaubst.« Tomanâk schüttelte erneut den Kopf. »Aber bist du auch sicher, dass du das wirklich meinst? Hat dir Chesmirsa nicht erzählt, dass du selbst die Entscheidung treffen musst, mich anzuhören?«
»Das hat sie. Wie gesagt, bei allem Respekt, ich kann mir nicht vorstellen, was ich mit dir zu besprechen hätte. Warum also sollte ich ihr glauben?« Tomanâk runzelte die Stirn, aber Bahzell erwiderte seinen strengen Blick ungerührt und hoffte, dass der Gott nicht merkte, wie schwer ihm das fiel. »Mein Volk erstickt immer noch an all euren Versprechungen, und bisher hat kein Gott uns auch nur ein bisschen Gutes gebracht.«
»Verstehe.« Tomanâk musterte ihn einen Augenblick lang und lächelte dann traurig. »Kennst du den wahren Grund, warum du so wütend auf mich bist, Bahzell?«
»Wütend?« Jetzt runzelte Bahzell die Stirn und schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht wütend. Ich bin nur ein Mann, der zu wenig Zeit auf dieser Welt hat, um sie an Götter zu verschwenden, die nichts unternehmen, wenn man sie am dringendsten braucht!« Er
warf dem Gott einen finsteren Blick zu, auch wenn er im tiefsten Inneren über seine eigene Unverfrorenheit erschrocken war. Immerhin war das ein Gott, ein Wesen, das ihn mit einem beiläufigen Gedanken zerschmettern konnte. Trotzdem empfand er alles Mögliche, nur keine Angst.
»Und deshalb bist du wütend.« Die gewaltige Stimme Tomanâks war immer noch sanft. »Weil wir nichts für dein Volk getan haben.«
»Weil ihr überhaupt nichts getan habt«, schoss Bahzell hitzig zurück. »Ich bin ein Mensch, und ich weiß, was ich von einem Menschen zu halten habe, der sieht, wie jemand verletzt wird und ihm nicht zu Hilfe kommt! Wenn ihr euch tatsächlich so ungeheuer göttliche Gedanken über ›gut‹ und ›böse‹ macht, warum unternehmt ihr dann nichts – und fertig damit?«
»Das
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