Der Schwur: Schwerter des Zorns 1 (German Edition)
hat!«
»Hört auf, mich ständig zu unterbrechen!« Tarlnasa stampfte mit einem Fuß auf, verdrehte die Augen zum Himmel und erflehte Kraft von oben. »Warum die Götter einen Dickschädel wie Euch auswählen, geht zwar über meinen Horizont, aber sie haben
es nun mal getan. Und jetzt schweigt und hört Euch ihre Befehle an!«
»Nein«, erwiderte Bahzell gelassen. Tarlnasa glotzte den Hünen vor sich an, und die typische Halsstarrigkeit eines Pferdedieb-Hradani starrte zurück.
»Aber Ihr müsst! Ich meine … Das ist …!«
»Muss ich nicht.« Bahzell warf einen Blick auf die Pier, die allmählich kleiner wurde, und schaute dann wieder auf Tarlnasa hinunter. »Wir sind schon ein ganzes Stück vom Ufer entfernt«, sagte er. »Ich hoffe, Ihr könnt schwimmen. Es wäre jedenfalls nützlich.«
»Natürlich kann ich schwimmen. Ich wurde schließlich in Derm geboren. Was das jetzt für eine Rolle spielt, ist mir allerdings vollkommen unbegreiflich. Entscheidend ist, dass die Götter mich erwählt haben, Euch die Pläne zu enthüllen, die sie für Euch gemacht haben! Euch wird hiermit befohlen … Halt! Was tut Ihr da? Lasst mich wieder runter, Ihr …!«
Die nasale, hohe Stimme ertrank in einem lauten Platschen, als Bahzell den Mann einfach über Bord warf. Der Hradani beugte sich über die Reling und schaute ins Wasser. Er beobachtete, wie ein Kopf mit einem Schleier aus braunem, langem Haar an die Oberfläche kam, umgeben von einem Algenteppich aus weißem Bart und untermalt von einem wütenden Prusten.
»Zum Ufer geht es da lang«, meinte Bahzell herzlich und deutete auf die Pier, während die Mannschaft des Lastkahns vor Lachen grölte.
»Du Idiot!«, heulte Tarlnasa. »Die Götter …!«
»Schaff dich und deine syphilitischen Götter hier weg, bevor ich dir hinterherspringe und dich bis zum Grund drücke!«, riet ihm Bahzell.
Tarlnasa schaute wutentbrannt zu ihm hoch und trat Wasser, während der Kahn unter vollen Segeln stromabwärts und von ihm fort segelte. Er schien wie erstarrt, als könnte er nicht glauben, was da passiert war, und Bahzell winkte ihm leutselig zu.
»Schön schwimmen, immer schön gleichmäßig schwimmen!«, rief er, als der Philosoph hinter dem Heck des Kahns zurückblieb.
Tarlnasa hob eine tropfende Faust und drohte wütend dem davonsegelnden Schiff, doch im nächsten Augenblick prustete er lautstark, als er unterging. Er kam wassertretend wieder hoch, spie einen Mund voll Flusswasser aus und schrie etwas, das weit weniger geschwollen klang als seine Rede an Deck. Dann schwamm er mit kräftigen Zügen zum Ufer zurück, während sich Bahzell neben Brandark an die Reling lehnte und ihm nachschaute.
»Weißt du«, meinte Brandark nach einer langen, nachdenklichen Pause. »Du solltest wirklich ein bisschen daran arbeiten, wie du in Gesellschaft mit anderen Menschen umgehst.«
»Warum denn?«, erkundigte sich Bahzell nach einer längeren Pause gelassen, als Tarlnasa ans Ufer kletterte, im knietiefen Schlamm stehen blieb, beide Fäuste schüttelte und dem Kahn unflätige Flüche hinterherkreischte. »Er hat es doch ganz gut hingekriegt, oder etwa nicht?«
13
D IE MORVAN STRÖMTE friedlich dahin. Goldenes Sonnenlicht fiel schräg über das dunkelblaue Wasser, das hier und da von weißer Gischt gekrönt war, oder auch gelegentlich braun schimmerte, dort, wo es flacher wurde. Die Hauptfahrrinne jedoch war breit und tief. Die Bäume am Ufer leuchteten in strahlenden Herbstfarben, aber es wurde wärmer, während Kilthans Konvoi nach Süden segelte, dem schlechten Wetter davon. Das Wasser gurgelte und klatschte lebhaft unter dem Bug des Schiffes. Strömung und Wind waren ihnen günstig gesonnen, die an den Seiten montierten Seitenschwerter ragten tief hinunter und ersetzten so den fehlenden Kiel unter den flachen Rümpfen der Schiffe, die überraschend gute Fahrt machten.
Bahzell und Brandark saßen an ihrem gewohnten Platz auf dem Vordeck und genossen die Wärme der Sonne. Geschickt entlockte die Blutklinge zu dem Rhythmus, mit dem Bahzell den Wetzstein über seine Klinge gleiten ließ, seiner Balalaika eine angenehme Melodie. Der Pferdedieb saß mit gekreuzten Beinen da und schärfte sein Schwert, hatte jedoch die Augenlider gesenkt. Trotz der augenblicklichen Ruhe fühlte sich Bahzell unwohl. Normalerweise war die Fahrt über den Fluss der sicherste Teil von Kilthans jährlicher Reise nach Esgfalas und zurück, aber in diesem Jahr war es anders. Denn jemand – oder etwas –
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