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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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von Zelt zu Zelt getragen wurde.«
    »Und mein rother Bruder gehört zu einer solchen Kriegerschaar?«
    »Ja. Wir lagern oberhalb dieser Stelle am Flusse. Es wurden Kundschafter ausgesandt, um zu untersuchen, ob die Gegend sicher sei. Ich ging abwärts und kam hierher, wo ich die Pferde der Bleichgesichter roch. Ich kroch zwischen die Büsche, um ihre Zahl zu erfahren; da aber kam Koscha-pehve über mich und tödtete mich für kurze Zeit.«
    »Das ist vergessen, und Niemand soll davon sprechen. Wie viele Krieger der Comanchen sind es, welche da oben lagern?«
    »Es sind ihrer grad zehn mal zehn.«
    »Und wer ist ihr Anführer?«
    »Avat-vila 7 , der junge Häuptling.«
    »Den kenne ich nicht und habe seinen Namen noch niemals gehört.«
    »Er hat diesen Namen erst vor wenigen Monaten erhalten, weil er in den Bergen den grauen Bär getödtet hatte und dessen Fell und Klauen mitbrachte. Er ist der Sohn von Oyo-koltsa, den die Bleichgesichter den ›weißen Biber‹ nennen.«
    »O, den kenne ich. Er ist mein Freund.«
    »Ich weiß es, denn ich habe Dich bei ihm gesehen, als Du der Gast seines Zeltes warest. Sein Sohn, der ›große Bär‹, wird Dich freundlich empfangen.«
    »Wie weit ist der Ort von hier entfernt, an welchem er mit seinen Kriegern lagert?«
    »Mein weißer Bruder wird nicht die Hälfte der Zeit reiten, welche er eine Stunde nennt.«
    »So werden wir ihn bitten, seine Gäste sein zu dürfen. Mein rother Freund mag uns führen.«
    Nach kaum fünf Minuten saßen wir auf und ritten fort; der Indianer schritt uns voran. Er führte uns erst unter den Bäumen hinaus bis dahin, wo das Terrain offen war, und nun wendete er sich flußaufwärts.
    Ich sollte zum ersten Male in meinem Leben ein indianisches Lager betreten, und zwar ein Kriegslager. Ich fühlte Neugierde und zugleich eine gewisse Bangigkeit. Das war wohl nicht zu verwundern. Mir schien es, als ob Old Death ein wenig unvorsichtig gehandelt habe, denn wir hatten gar nicht die Gewißheit, daß die Comanchen uns freundlich aufnehmen würden. Als ich ihm indessen darüber eine Bemerkung machte, fertigte er mich sehr kurz ab.
    Während des kurzen Rittes fand ich bestätigt, was ich früher gehört hatte, daß nämlich die Indianer sehr gute Läufer sind. Unsere Pferde hatten einen scharfen Schritt zu nehmen, um mit dem Rothen fort zu kommen. Plötzlich tauchten mehrere dunkle Gestalten vor uns auf. Es waren die Lagerposten. Der Führer wechselte einige Worte mit ihnen und entfernte sich dann. Wir aber mußten halten bleiben. Nach einiger Zeit kehrte er zurück, um uns zu holen. Es war stockdunkel. Der Himmel hatte sich getrübt, und kein Stern war mehr zu erkennen. Ich schaute fleißig nach rechts und nach links, konnte aber nichts erkennen. Nun mußten wir wieder anhalten. Der Führer sagte:
    »Meine weißen Brüder mögen sich nicht mehr vorwärts bewegen. Die Söhne der Comanchen brennen während eines Kriegszuges kein Feuer an, aber jetzt sind sie überzeugt, daß sich kein Feind in der Nähe befindet, und so werden sie Feuer machen.«
    Er huschte fort. Nach wenigen Augenblicken sah ich ein glimmendes Pünktchen, so groß wie eine Stecknadelkuppe.
    »Das ist Punks,« erklärte Old Death.
    »Was ist Punks?« erkundigte ich mich.
    »Das Prairiefeuerzeug. Zwei Hölzer, ein breites und ein dünnes, rundes. Das breite hat eine kleine Vertiefung, welche mit Punks, d.h. mit trockenem Moder aus hohlen, ausgefaulten Bäumen gefüllt wird. Das ist der beste Zunder, den es gibt. Das dünne Stäbchen wird dann auch in die Vertiefung auf den Moder gesetzt und mit beiden Händen schnell wie ein Quirl bewegt. Durch diese Reibung erhitzt und entzündet sich der Zunder. Seht!«
    Ein Flämmchen flackerte auf und ward zur großen, von einem trockenen Laubhaufen genährten Flamme. Doch bald sank sie wieder nieder, denn der Indianer duldet keinen weit leuchtenden Feuerschein. Es wurden Aststücke angelegt und zwar rund im Kreise, so daß sie mit dem einen Ende nach dem Mittelpunkte zeigten. Auf diesem Centrum brannte das Feuer, welches auf diese Weise leicht zu regeln war, denn je nachdem man das Holz näher heran oder zurückschob, wurde das Feuer groß oder kleiner. Als das Laub hoch aufflammte, sah ich, wo wir uns befanden. Wir hielten unter Bäumen und waren rings von Indianern umgeben, welche ihre Waffen in den Händen hielten. Nur einige Wenige hatten Gewehre, die Andern waren mit Lanzen, Pfeilen und Bogen bewaffnet. Alle aber trugen Tomahawks, jenes fürchterliche

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