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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unerwähnt, daß er von Old Death gefangen genommen worden sei. Als er wieder abgetreten war, ließ ich Sam zu den Pferden führen, um mir Cigarren zu holen. Natürlich bekam von den Comanchen Niemand als nur der Häuptling eine, denn es hätte meiner »Häuptlingsehre« geschadet, wenn ich mich gegen gewöhnliche Krieger so brüderlich verhalten hätte. Der »große Bär« schien zu wissen, was eine Cigarre für ein Ding ist. Sein Gesicht zog sich ganz entzückt in die Breite, und als er sie ansteckte, stieß er bei den ersten Zügen ein Grunzen aus, wie ich es ähnlich dann gehört hatte, wenn sich eines jener bekannten lieblichen Thiere, von denen die Prager und westfälischen Schinken stammen, einmal recht urbehaglich an der Ecke des Stalles reibt. Dann fragte er uns in außerordentlich freundlicher Weise nach dem eigentlichen Zwecke unseres Rittes. Old Death hielt es nicht für nothwendig, ihm die Wahrheit zu sagen, sondern erklärte ihm bloß, daß wir einige weiße Männer ereilen wollten, welche nach dem Rio grande seien, um nach Mexico zu gehen.
    »Da können meine weißen Brüder mit uns reiten,« meinte der Rothe. »Wir brechen auf, sobald wir die Fährte eines Apachen gefunden haben, welche wir suchen.«

    »Und aus welcher Richtung soll dieser Mann gekommen sein?«
    »Er war da, wo die Krieger der Comanchen mit den Aasgeiern der Apachen sprachen. Die Weißen nennen den Ort Fort Inge. Er sollte getödtet werden, aber er entkam. Doch hat er dabei einige Kugeln erhalten, so daß er nicht lange im Sattel hat bleiben können. Er muß hier in dieser Gegend stecken. Haben vielleicht meine weißen Brüder eine Fährte bemerkt?«
    Es war klar, daß er den Apachen meinte, welchen Winnetou über den Fluß geführt und dort verbunden hatte. Von dem letzteren wußte er gar nichts.
    »Nein,« antwortete Old Death, und er sagte damit auch eigentlich keine Lüge, denn wir hatten keine Fährte, sondern nur einige Tapfen im Flusse gesehen. Es wäre der größte Fehler von uns gewesen, wenn wir Winnetou verrathen hätten:
    »So muß dieser Hund tiefer abwärts am Flusse stecken. Weiter hat er nicht reiten können, wegen seiner Wunden, und weil die Krieger der Comanchen bereit standen, die Apachen diesseits des Flusses zu empfangen, falls sie vom Fort Inge entkommen sollten.«
    Das klang ziemlich gefährlich für Winnetou. Ich war freilich der Ueberzeugung, daß die Comanchen die Spur im Flusse nicht finden würden, da unsere Pferde dieselben ausgetreten hatten, aber wenn die Comanchen bereits vor vier Tagen in dieser Gegend hielten, so war leicht zu vermuthen, daß die beiden Apachen ihnen in die Hände gefallen seien. Daß der »große Bär« nichts davon wußte, war noch kein Beweis, daß es nicht geschehen sei. Der schlaue Scout, welcher an Alles dachte, machte die Bemerkung:
    »Wenn meine rothen Brüder suchen, werden sie die Stelle finden, an welcher wir über den Fluß gekommen sind und einen Baum abgeschält haben. Ich habe eine alte Wunde, welche aufgebrochen ist, und mußte sie mit Bast verbinden. Das ist ein vortreffliches Mittel, welches mein rother Bruder sich merken mag.«
    »Die Krieger der Comanchen kennen dieses Mittel, und sie wenden es stets an, wenn sie sich in der Nähe eines Waldes befinden. Mein weißer Bruder hat mir nichts Neues gesagt.«
    »So will ich wünschen, daß die tapfern Krieger der Comanchen keine Veranlassung finden, dieses Mittel viel in Anwendung zu bringen. Ich wünsche ihnen Sieg und Ruhm, denn ich bin ihr Freund, und darum thut es mir leid, daß ich nicht bei ihnen bleiben kann. Sie haben hier nach der Fährte zu suchen, wir aber müssen schnell reiten, um die weißen Männer zu ereilen.«
    »So werden meine weißen Brüder auf den ›weißen Biber‹ treffen, welcher sich freuen wird, sie zu sehen. Ich werde ihnen einen Krieger mitgeben, welcher sie zu ihm führen mag.«
    »Wo befindet sich Dein Vater, der berühmte Häuptling?«
    »Wenn ich Old Death diese Frage beantworten will, so muß ich die Orte so benennen, wie die Bleichgesichter es thun. Wenn meine Brüder von hier aus nach Untergang reiten, so kommen sie an den Nebenfluß des Nueces, welcher Turkey-Creek, der Arm des Truthahns, genannt wird. Sodann müssen sie über den Chico-Creek, von wo an sich eine große Wüste bis zum Elm-Creek erstreckt. In dieser Wüste schweifen die Krieger des ›weißen Bibers‹, um Niemand über die Furth zu lassen, welche oberhalb des Eagle-Paß über den Rio del Norte geht.«
    »Teufel!«

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