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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verzeihen. Die Apachen sind uns entkommen, aber morgen mit dem Frühesten werde ich sie verfolgen und vernichten.«
    »Meinst Du, daß Dir das wirklich gelingen werde?«
    »Ganz gewiß! Denkt mein Bruder etwa anders als ich? So irrt er sich.«
    »Hast Du nicht, als ich Dich vorhin warnte, auch gesagt, daß ich mich irre? Ich habe dieses Thal eine Falle genannt. Vielleicht wird es Dir unmöglich, sie zu verlassen.«
    »Laß nur den Tag erscheinen, dann sehen wir die Feinde, die wenigen, welche übrig geblieben sind, und werden sie schnell erlegen. Jetzt sind sie durch die Dunkelheit geschützt.«
    »So ist es doch unnöthig, auf sie zu schießen! Wenn Ihr Eure Pfeile verschossen habt, so gibt Euch dieses Thal zwar Holz genug, neue zu fertigen; aber habt Ihr auch Eisenspitzen dazu? Vergeudet Eure Vertheidigungsmittel nicht! Und wie steht es mit den zehn Kriegern der Comanchen, welche den Eingang des Thales bewachten? Befinden sie sich noch dort?«
    »Nein; sie sind hier. Der Kampf hat sie herbeigelockt.«
    »So sende sie unverzüglich wieder hin, damit Dir wenigstens der Rückzug offen bleibt!«
    »Die Sorge meines Bruders ist ganz überflüssig. Die Apachen sind durch den Ausgang geflohen. Zum Eingange aber kann keiner gelangen.«
    »Und doch rathe ich Dir, es zu thun. Die zehn Mann können Dir hier nichts nützen; dort sind sie nöthiger als hier.«
    Der Häuptling folgte dieser Aufforderung, freilich mehr aus Achtung für Old Death als aus Ueberzeugung, daß diese Maßregel eine nothwendige sei. Bald stellte es sich heraus, wie recht der Alte gehabt habe; denn als die Zehn den betreffenden Befehl erhalten hatten und fort waren, ertönten vom Eingange des Thales her zwei Büchsenschüsse, welchen ein wildes Geheul antwortete. Einige Minuten später kehrten zwei von den zehn zurück, um zu melden, daß sie mit zwei Kugeln und vielen Pfeilen empfangen worden seien; sie beide seien die einzigen Uebriggebliebenen.
    »Nun, habe ich mich abermals geirrt?« fragte der Scout. »Die Falle ist hinten und vorn geschlossen, und wir stecken drin.«
    Der »weiße Biber« fand keine Erklärung. Er fragte im betroffenen Tone:
    »Uff! Was soll ich thun?«
    »Verschwende nicht die Kräfte und die Waffen Deiner Leute! Stelle je zwanzig oder dreißig Mann gegen den Aus-und Eingang des Thales, um diese beiden Punkte bewachen zu lassen. Die übrigen Leute mögen sich zurückziehen, um zu ruhen, damit sie früh gute Kräfte haben. Das ist das Einzige und wohl auch das Beste, was man Dir rathen kann.«
    Dieses Mal befolgte der Häuptling den Rath sofort. Dreißig Comanchen blieben hier halten. Dreißig andere wendeten sich gegen den Eingang, und die Uebrigen kehrten nach dem Lagerplatze zurück, wo sie beim Anblick ihrer scalpirten Brüder ein entsetzliches Wuthgeheul ausstießen. Als wir dort anlangten und die Leichen zählten, fanden wir über dreißig todte Comanchen und acht Weiße, aber eines Apachen Leiche war nicht zu sehen. Der »weiße Biber« konnte sich das nicht erklären, er hielt es für Zauber, während wir unterrichtet waren. Old Death sagte zu mir:
    »Wo mögen die Bleichgesichter nur geblieben sein?«
    Erst jetzt dachte ich an diese. Nur die Todten lagen da; die Uebrigen waren verschwunden. Auch Gibson und William Ohlert waren fort.
    »Das ist schlimm!« rief ich aus. »Die Kerle haben sich zu den Apachen in Sicherheit gebracht.«
    »Ja, und dort sind sie natürlich gut aufgenommen worden, da sie es mit den beiden Kundschaftern, den vermeintlichen Topia’s gehalten haben.«
    »So ist uns Gibson abermals verloren!«
    »Nein. Wir haben das Totem des ›guten Mannes‹; die Apachen kennen mich; Winnetou hat Euch sein Leben und seine Freiheit zu verdanken; also versteht es sich ganz von selbst, daß wir von ihm als Freunde aufgenommen werden. Dann werde ich es schon so weit bringen, daß Gibson und Ohlert uns ausgeliefert werden. Wir verlieren einen Tag, das ist Alles.«
    »Aber wenn nun die Beiden sich auf und davon machen?«
    »Das glaube ich nicht. Sie müßten quer durch die Mapimi, und das können sie nicht wagen … Aber, was ist denn das?«
    Ein Haufe der Comanchen stand beisammen. Aus der Mitte desselben erklang ein markerschütterndes Stöhnen und Wimmern. Wir gingen hinzu und sahen einen Weißen, welcher nicht todt, sondern wieder zu sich gekommen war. Er hatte einen Lanzenstich durch den Unterleib erhalten, von hinten her, also von einem Comanchen, als die Weißen auf uns eindrangen, war von den Apachen dann für

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