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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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fallen? Nein und abermals nein! Ich versteckte mein Kanoe wieder und brach dann auf; um der Spur zu folgen. Sie führte über den Owl-Creek hinüber, als ob die Leute beabsichtigten, Lander-City zu erreichen. Dann aber wich sie östlich ab und zeigte nach den Bighornbergen, deren landschaftliche Schönheiten wohl wert sind, von Touristen genossen zu werden. Zu diesen gehört eine enge Quellenschlucht, in welcher sich eine Stelle befindet, die den Namen Kai-p’a, das ›singende Wasser‹, führt. Der Bach stürzt sich da von einer hohen Felsenkante herab, rauscht eine kurze Strecke zwischen mächtigen Steintrümmern hin und füllt dann einen kleinen, tiefen Kessel an, aus welchem es keinen andern Ausweg gibt als ein enges Loch von röhrenartiger Gestalt, welches sich das Wasser durch den Stein gefressen hat. Ist nun nach einem Regen oder überhaupt in der nassen Jahreszeit der Bach angeschwollen und der Kessel voll, so wird das Wasser mit großer Gewalt durch diese Röhre gedrängt und es werden durch die Reibung oder auf irgend eine andere Weise Töne erzeugt, welche dem fernen Gesange einer menschlichen Stimme gleichen. Daher der vorhin erwähnte Name.«
    »Nach dieser Schlucht führte die Fährte, und ich mußte annehmen, daß die Gesellschaft da angehalten habe, um das ›singende Wasser‹ zu belauschen. In der Nähe angekommen, verließ ich die Spur, um zu rekognosziren, denn ich konnte mich nicht gut offen sehen lassen, weil die Leute mir nicht freundlich gesinnt waren. Indem ich mich so zwischen Felsen und Bäumen hinschlich, gewahrte ich die Fährte eines Moccassin; es befanden sich also Indianer in der Nähe. Ich folgte ihr in vorsichtigster Weise; sie war nur dem Auge eines scharfsichtigen Westmanns bemerkbar und führte gerade auf den Kessel zu. Nahe demselben hörten auf dieser Seite die Bäume auf; ich legte mich also, um weniger leicht gesehen werden zu können, auf die Erde nieder und kroch langsam weiter. Dabei hörte ich jetzt ganz deutlich die Töne des ›singenden Wassers‹. Das mußte mir, dem erfahrenen Scout, auffallen, denn es war wochenlang sehr trockenes Wetter gewesen und der Bach konnte unmöglich so viel Wasser haben, wie zur Hervorbringung der Töne nötig war. Hier mußte irgend eine Teufelei im Spiele sein. Ich schlich zunächst wieder zurück, um mich meines Pferdes, welches ich ziemlich weit entfernt zurückgelassen und angebunden hatte, zu versichern und es in größerer Nähe unterzubringen. Vielleicht war es nötig, schnell in den Sattel zu kommen. Dann kroch ich wieder vorwärts, leise, vorsichtig, dem Rande des Bergkessels zu.«
    »Die Schlucht lag nun offen vor mir da. Im Hintergrunde wurde sie durch die kahle Masse des Slippery-Berges scheinbar abgeschlossen; links zog sich eine mit Tannen und Cedern arm bewachsene Höhe, welche hart am Wasserkessel in einen kahlen, zerrissenen Steinkoloß auslief, heran und rechts stieg ein ebenso zerklüfteter Felsenriese dem Anscheine nach bis in die Wolken auf. Am Fuße des letzteren stand eine Gruppe vom Wetter zerfetzter Weymouthskiefern, deren einige vom Sturme gebrochen und von der Hochflut bis hinunter zum Wasser gerissen worden waren. Weiter vorn, rechts, sah ich unter weit auseinander stehenden Bäumen, zwischen denen hindurch der Blick auf offenes, grasiges Terrain fiel, die Touristen mit ihrer Schutzwache lagern. Sie hatten allem Anscheine nach den Kessel des Kai-p’a schon in Augenschein genommen, und ihre Pferde waren in der Nähe angebunden; nur ein mit einem Damensattel versehenes lief frei herum und knusperte die Blätter von den wenigen Zweigen, die es gab; es war das der Lady mit den schönen, guten Augen.«
    Aber auf derselben Seite, nur noch weiter zurück, sah ich etwas, was die Weißen wegen der dazwischen liegenden Felsen nicht bemerken konnten, nämlich eine Schar von wohl über vierzig Indianern, von denen jeder bei seinem Pferde stand, bereit, augenblicklich in den Sattel zu springen und sich auf die Bleichgesichter zu werfen. Schon wollte ich mich zu den letzteren schleichen, um sie zu warnen, da wurden die Töne des ›singenden Wassers‹ stärker. Das waren keine Elementarlaute, sondern das war eine menschliche Stimme; sie erklang unweit von mir vom Wasser herauf. Zugleich erblickte ich die Lady, welche, von den Tönen angezogen, den Lagerplatz verließ und nach dem Wasser kam. Dort ließ sie sich nieder, um den Punkt zu erlauschen, an welchem der Gesang entstand. Ihr Pferd war ihr nachgelaufen und blieb

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