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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Verfolgung möglichst schwer zu machen; denn daß diese ihre Führer vermissen, sie suchen und uns dann nachreiten würden, das verstand sich ganz von selbst. Ihr Ritt nach dem Jagdgebiete der Upsaroka’s wurde dadurch nicht nur eine Weile aufgeschoben, sondern wahrscheinlich auch ganz unmöglich gemacht.
    Ueber den jetzigen Rückweg ist weiter nichts zu erwähnen, als daß wir uns auf demselben selbstverständlich möglichst beeilten. Es mochte gegen acht Uhr Morgens sein, als wir auf dem gestrigen Lagerplatze der Ogallalah wieder ankamen. Als ich Folder nun aufforderte, uns nun zu zeigen, wo die Mutter mit ihren Kindern zu finden sei, sagte er mit einem brutal höhnischen Lachen:
    »Ich habe Euch noch nie gesehen, aber genug von Old Shatterhand und Winnetou gehört, um zu wissen, daß Ihr nie richtet, ohne vollgültige Beweise zu haben. Ich habe von Euch nichts zu fürchten, denn ich bin unschuldig. Ich weiß von keiner Squaw etwas und von ihren Kindern noch viel weniger.«
    »
Well!
Ein offenes Geständnis hätte Euch genützt; da Ihr leugnet, habt Ihr keine Gnade zu erwarten. Wir haben gestern da im Gesträuch gesteckt und alles gesehen und gehört; wir werden die Gesuchten sicher finden. Will nicht wenigstens Tanschan Honska aufrichtig sein?«
    Der Sioux, an den ich diese Frage gerichtet hatte, schüttelte den Kopf und antwortete stolz:
    »Tantschan Honska führt nicht mit Weibern und mit Kindern Krieg; er wird kein Wort darüber sprechen.«
    »
Well,
so werden wir suchen!«
    Es verstand sich ganz von selbst, daß von hier aus nach der Cache Spuren führten; wir hatten sie heut Nacht nicht sehen können, sonst wären wir den Sioux nicht nachgeritten, ohne vorher die Grube zu suchen. Wir brauchten jetzt nur die Augen aufzuthun, um eine Fährte zu entdecken welche erst am Rande des Waldes hin und dann in diesen hinein führte. Es waren die Spuren menschlicher Füße und zweier Pferde. Die Sioux hatten zwei Krieger mit ihren Pferden hier gelassen, um die Cache bis zur Rückkehr der Schar zu bewachen. Schon wollte ich, während wir den Stapfen folgten, wegen diesen zwei Wachen zur Vorsicht mahnen, als ich die Spitze eines Moccassin hinter einem Baum hervorragen sah. Ich ging hin. Da stand der ältere der beiden Knaben, mit einem Messer in der Hand. Er hielt uns für Feinde, weil er uns nicht kannte.
    »Du bist der Sohn des Häuptlings der Upsaroka«, sagte ich. »Ich bin Old Shatterhand, und da ist Winnetou, der Häuptling der Apatschen. Wo ist Deine Mutter und wo Dein Bruder.«
    »Uff!« rief er erleichtert aus. »Old Shatterhand und Winnetou! Mutter hat uns gesagt, daß Ihr uns retten wollt. Sie wird sterben, denn die Schlangen haben sie gebissen. Wir suchen nach Giftkraut, können aber hier keins finden.«
    Die Thränen traten dem wackeren Sohne in die Augen.
    »Führe uns!« forderte ich ihn auf. »Vielleicht ist noch Hülfe möglich.«
    »Nein; Mutter stirbt,« sagte er weinend. »Sie zittert am ganzen Leib und schlägt um sich; oft liegt sie schon wie tot; dann erwacht sie wieder, um zu beten. Wo sie gebissen wurde, ist alles geschwollen und dunkel gefärbt. Sie wird sterben, aber ich, ich werde sie rächen! Kommt!«
    Er führte uns vielleicht zweihundert Schritte weiter; da blieb er stehen und sagte:
    »Horcht! Sie spricht.«
    Wir lauschten und hörten die Stimme der Frau wie aus einer Höhle heraus:
    »Machpiya ekta token nitawatschin etschongpi king maka akan hetschen etschongpi nongue – – wie dein Wille im Himmel geschieht, so geschehe er auch auf Erden!«
    Sie betete das Vater unser. Wir gingen noch einige Schritte, bogen um eine dichte Baumgruppe und standen dann vor der Cache. Sie war vielleicht acht Fuß tief, sechs Fuß lang und breit und mit Rundhölzern ausgekleidet, um sie vor der Feuchtigkeit und dem Einsturz zu bewahren. Der aus ebensolchen Hölzern bestehende und mit Moos bekleidete Deckel war jetzt abgenommen und lag auf der Seite. Solche Gruben wurden von den Jägern und Fallenstellern angelegt, um die erbeuteten Felle bis zur Zeit ihres Abholens zu verstecken.
    In der Nähe sahen wir zwei Pferde angebunden; zwei Gewehre lehnten dabei, und an zwei Aststumpfen sahen wir – – – zwei frische, blutige Kopfhäute hängen.
    »Von wem sind diese Skalpe?« fragte ich schnell und verwundert.
    »Von den beiden Sioux, welche uns bewachten. Ich werde Old Shatterhand und Winnetou alles erzählen,« antwortete der Knabe, indem seine Augen stolz aufleuchteten. »Jetzt bitte ich die berühmten,

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