Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen
gegen diese Weißen. Mein Bruder mag nichts zu mir sagen; ich mag kein Wort darüber hören!«
Wie recht hatte er!
Ich mußte natürlich Hammerdull und Holbers erzählen, was wir erlauscht hatten. Als ich damit zu Ende war, sagte Dick:
»Da hat man es wieder einmal: Weiber verderben doch stets den Brei! Drum habe ich nicht geheiratet und werde diesen Fehler auch nie begehen. Was meinst Du dazu, Pitt Holbers, altes Coon?«
»Das machst Du, wie Du willst,« antwortete der Gefragte in seiner trockenen Weise.
»Ob ich will oder nicht, das bleibt sich gleich, das ist sogar ganz egal; ich mach es eben nicht! Was hat sie nun davon? Hat sie ihre Kinder gerettet? Mit Klapperschlangen zusammengebunden zu werden! Es schüttelt mich! Das lassen wir natürlich nicht geschehen, und wenn es uns das Leben kosten sollte. Wie aber werden wir es anfangen, Mr. Shatterhand?«
»Das wird sich finden, wenn wir hinkommen,« antwortete ich. »Jetzt wollen wir versuchen, zu schlafen, denn während der Nacht wird es wohl keine Ruhe geben.«
[Fußnoten]
1 Da der hochgeehrte Herr Verfasser infolge längerer Abwesenheit auf einer seiner großen Reisen uns diese prachtvolle Erzählung erst senden konnte, als der größte Teil unseres Kalenders schon gedruckt war, so waren wir gezwungen, den zweiten Teil derselben, ›Gerettet‹, auf den nächstjährigen Kalender zu verschieben.
2 Schwarze Schlange.
3 Missionär.
4 Gottes Sohn.
5 Jahre.
6 Langer Leib.
7 Präsident der Vereinigten-Staaten.
8 Klapperschlangenbergen.
9 Verborgene Grube zum Verstecken der erbeuteten Häute und Felle.
II.
Gerettet
Dieser Versuch wurde zwar gemacht, aber er gelang nicht; wir konnten nicht einschlafen und machten uns um Mitternacht auf den Weg, nachdem wir die Pferde festgebunden hatten. Wir schlichen uns natürlich mit der größten Vorsicht an, mußten aber zu unserer Ueberraschung finden, daß diese Mühe vergeblich gewesen war – – – die Sioux waren nicht mehr da.
Wo waren sie hin? Auf den verlassenen Feuerstätten lagen noch einige zwar ausgegangene aber nur halb verbrannte dürre Aeste; wir zündeten sie wieder an, um sie als Fackeln zu benutzen und mit ihrer Hülfe nach Spuren zu suchen. Da fanden wir, daß die Roten über die Prairie hinüber waren, ihren Kriegszug also fortgesetzt hatten.
»Uff!« sagte Winnetou. »Die Squaw hat in ihrer Angst verraten, daß wir hier sind; sie hat den Sioux mit uns gedroht und ihnen gesagt, daß wir sie und ihre Kinder retten werden. Darum sind die roten Krieger schnell fort, damit wir ihnen den Ueberfall der Upsaroka’s nicht vereiteln können. Wir reiten ihnen rasch nach. Wenn wir ihre Fährte während der Nacht auch nicht sehen können, wenn es Tag geworden ist, werden wir sie schon finden.«
Ich war vollständig mit ihm einverstanden. Wir eilten zu unseren Pferden und stiegen auf, um auf demselben Wege zurückzureiten, den wir seit unserm Zusammentreffen mit der Squaw gekommen waren. Da wir die Gegend also kannten, machte es uns trotz der Dunkelheit keine Schwierigkeit.
Die eine Hand fest um ihre Kehle, mit der andern einige Hiebe an die Schläfe, …
Wir ritten sehr schnell, schneller, als die Sioux reiten konnten, weil sie keine Kenntnis von dem Terrain besaßen. Sie waren höchst wahrscheinlich nicht lange vor uns aufgebrochen, und so durften wir hoffen, sie in nicht zu langer Zeit einzuholen. Wir waren für diesen Fall entschlossen, alles, aber auch das Gefährlichste zu wagen.
Es dauerte leider nicht lange, so kamen wir an den Punkt des Zusammentreffens mit der Squaw, und von da an war die Gegend auch uns nicht mehr bekannt; aber schon nach zwei Uhr lichtete sich der Himmel; es war nicht mehr so dunkel wie vorher, und wir konnten die Pferde ausgreifen lassen. Kurze Zeit später war der Erdboden zu erkennen; das gab uns die Möglichkeit, nach der Fährte zu suchen. Hammerdull und Holbers ritten geradeaus: ich wendete mich nach rechts, Winnetou sich nach links; in zehn Minuten wollten wir wieder zusammentreffen. Ich fand nichts; aber als ich wieder zu den drei andern stieß, hatte der Apatsche die Spuren entdeckt; wir folgten ihnen, und zwar sehr vorsichtig, denn sie waren noch keine Viertelstunde alt.
Die Gegend war sehr bergig geworden. Wir kamen durch einen Wald. Als wir das Ende desselben erreichten, gab es einen ebenen Streifen, vor uns offen, rechts mit Büschen besetzt. Die Sioux befanden sich eben jetzt auf diesem Streifen, und da er eine
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