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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wir Einer hinter dem Andern ritten und er der Vorderste war, zu mir um.
    »Uff!« rief er. »Was sagt mein Bruder Schar-lih zu diesem Wege?«
    »Er wird hinauf bis zum Höhenkamm führen.«
    »Und dann?«
    »Auf der anderen Seite wird sich das Ziel der Railtroublers befinden.«
    »Welches Ziel wird dies sein?«
    »Der Weideplatz der Ogellallah.«
    Er nickte.
    »Mein Bruder Schar-lih hat noch immer das Auge des Adlers und die Witterung des Fuchses. Er hat richtig gerathen,« sagte er, und ritt dann vorsichtig weiter.
    »Wieso?« frug mich Walker. »Weideplatz der Ogellallah?«
    »Ich habe Euch bereits einmal gefragt, ob Ihr glaubt, daß sich drei Indianer ohne ganz besondere Gründe einer solchen Schaar von Weißen anschließen,« antwortete ich: »Es gibt im wilden Westen mehr Rothe als Weiße, und so wird es ja auch in unserm Falle sein.«
    »
Pshaw,
ich verstehe Euch nicht, Charles!«
    »Nun, die drei Ogellallah werden, so zu sagen, den Railtroublers als Aufsicht mitgegeben worden sein.«
    »Ah! In wiefern? Von wem?«
    »Hm! Nehmt es mir nicht übel, mein lieber Fred, aber die Rollen scheinen sich vertauscht zu haben, heut möchte ich Euch ein Greenhorn nennen.«
    »
Heigh-ho!
Warum?«
    »Glaubt Ihr, daß eine Bande von über zwanzig weißen Spitzbuben hier in dieser Gegend ihr Wesen treiben kann, ohne von den Rothen bemerkt zu werden?«
    »Nein, sicherlich nicht.«
    »Wozu werden also die Weißen gezwungen sein?«
    »Hm, ja! Sie werden sich unter den Schutz der Rothen stellen müssen.«
    »Richtig! Werden sie diesen Schutz umsonst haben?«
    »Nein. Sie werden ihn bezahlen müssen.«
    »Womit?«
    »Mit dem, was sie haben, natürlich; mit Beute.«
    »Schön! Begreift Ihr nun, was wir Beide meinen, Winnetou und ich?«
    »Ah, das also ist es! Die Weißen haben den Zug überfallen, um ihren Tribut zu bezahlen, und die drei Ogellallah waren die Exekutoren!«
    »Vielleicht ist es so, vielleicht auch nicht. Sicher aber ist es, daß unsere ehrenwerthen weißen Brüder bald zu einer größern Truppe von Rothhäuten stoßen werden. Das sagte ich doch bereits da unten an der Eisenbahn. Aber weiter! Glaubt Ihr etwa, daß sich Rothe und Weiße zusammengethan haben, nur um sich zu pflegen und auf die Bärenhaut zu legen?«
    »Auf keinen Fall!«
    »Das ist auch meine Meinung. Ihr könnt Euch darauf verlassen, daß sie bald eine neue Teufelei aushecken werden, besonders da die letzte so gut gelungen ist.«
    »Was könnte das sein?«
    »Hm, ich habe so meine Ahnung.«
    »Das wäre viel! Voraus ahnen, was Leute thun werden, die man noch nicht einmal gesehen hat! Charles, ich habe in der letzten Zeit gewissermaßen Respect vor Euch bekommen, aber mit dieser Ahnung wird es wohl nichts sein!«
    »Wollen sehen! Ich habe mich genugsam unter den Indsmen umhergetrieben, um ihre Art und Weise zu kennen. Und wißt Ihr, auf welche Weise man am Besten errathen kann, was ein Mensch thun wird?«
    »Nun?«
    »Wenn man sich recht lebhaft in die Lage versetzt, in welcher er sich befindet, und dabei seinen Charakter mit in Rechnung zieht. Soll ich einmal so kühn sein, zu rathen?«
    »Ihr macht mich wahrlich neugierig!«
    »Gut! Wem hat unser Zugpersonal wohl zuerst die Zerstörung der Bahn und die Vernichtung des Zuges gemeldet?«
    »Doch jedenfalls der nächsten Station.«
    »Von da aus wird man also auch Männer zur Unglücksstelle senden, um sie zu untersuchen und die Thäter zu verfolgen. Nicht?«
    »Jedenfalls.«
    »Dadurch aber wird diese Station von Leuten entblößt, und sie kann also ohne sehr große Gefahr überfallen werden.«
    »
Egad!
Jetzt ahne ich, was Ihr denkt!«
    »Nicht wahr? Die Stationen sind jetzt noch temporär. Es fragt sich, an welchem Punkte man genug Leute haben wird, um ein Detachement entbehren zu können. Meiner Ansicht nach wird dies wohl Echo-Cannon sein.«
    »Charles, Ihr könnt Recht haben. Die Railtroublers und die Rothen wissen jedenfalls ebenso genau wie wir, daß der Ort dann entblößt ist.«
    »Rechnen wir noch dazu, daß die Sioux ihre Kriegspfeile ausgegraben und sich mit den Kriegsfarben bemalt haben, daß sie also ohne allen Zweifel Feindseligkeiten beabsichtigen, so ist fast zu ahnen, daß sie es jetzt auf Echo-Cannon abgesehen haben werden. – Doch seht, da ist der Quell des Baches. Jetzt geht es steil bergan, und wir haben keine Zeit zum Plaudern mehr!«
    Wir ritten jetzt unter hohen Bäumen eine Steigung hinan. Das Terrain war schwierig, und wir mußten Achtung geben. Oben breitete sich die Höhe

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