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Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.

Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.

Titel: Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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läutete, sprang ich erquickt aus dem Bett und griff mit nerviger Hand nach dem Hörer:
    »Danke schön«, sagte ich. »Ist es jetzt genau 21 Uhr45?«
    »Es ist 19 Uhr 30«, sagte der Empfang. »Ich wollte nur Ihren Auftrag bestätigen, mein Herr. Sie wünschen um 21 Uhr 45 geweckt zu werden?«
    »Ja«, sagte ich.
    Mit Hilfe des bewährten Lämmerzähl-Tricks schlief ich bald wieder ein, schon beim dreißigsten Lamm. Aber zum Träumen reichte es diesmal nicht. Bleierne Schwere hatte mich befallen und ich fand mich nicht sogleich zurecht, als das Telefon ging.
    »Danke«, stotterte ich verwirrt in die Muschel. »Ich bin schon wach.« »Schlafen Sie ruhig weiter«, sagte der Empfang. »Es ist erst 20 Uhr. Aber ich werde in einer halben Stunde abgelöst und wollte mit der Weitergabe Ihrer Ordre ganz sicher gehen. Mein Nachfolger soll Sie um 21 Uhr 45 wecken, nicht wahr?«
    Mühsam brachte ich ein »Ja« hervor und versuchte aufs neue einzuschlafen. Nach dem sechshundertsten Lamm lag ich noch immer wach. Ich begann Böcke zu zählen. Ich ließ sie über Zäune springen und wieder zurück. Das erschöpfte mich so sehr, daß ich einschlief. Wie lange ich geschlafen hatte, weiß ich nicht. Ich weiß nur, daß ich vom schrillsten Telefonsignal geweckt wurde, das es je auf Erden gab.
    Mit einem Satz war ich beim Apparat:
    »Schon gut - schon gut - danke.«
    Dabei warf ich einen Blick nach der Uhr. Sie zeigte auf 20 Uhr 30.
    »Entschuldigung«, sagte mit neuer Stimme der Empfang.
    »Ich habe soeben die Weckliste übernommen und sah
    Ihren Namen für 21 Uhr 45 vorgemerkt. Ist das richtig?«
    »Das... ja... es ist richtig. Danke vielmals.«
    »Entschuldigen Sie.«
    »Richtig.«
    Diesmal blieb ich auf dem Bett sitzen und starrte aus glasigen Augen vor mich hin. Wann immer ich einzunicken drohte, riß ich mich hoch. Manchmal schien es mir, als hätte das Telefon geklingelt, aber das waren nur Halluzinationen, wie sie bei plötzlichen Herzanfällen manchmal auftreten.
    Um 21 Uhr 35 hielt ich es nicht länger aus, ließ mich mit dem Empfang verbinden und fragte den neuen Mann, ob alles in Ordnung wäre.
    »Gut, daß Sie anrufen«, sagte er. »Ich war eben dabei nochmals zu kontrollieren, ob es unverändert bei 21 Uhr 45 bleibt.«
    »Unverändert«, antwortete ich und blieb zur Sicherheit am Telefon stehen.
    Pünktlich um 21 Uhr 45 kam das Signal. Ich seufzte erleichtert auf.
    An die weiteren Vorgänge kann ich mich nicht erinnern. Als ich am nächsten Morgen erwachte, lag ich noch immer neben dem Telefontischchen auf dem Teppich, die Hand um den Hörer verkrampft. Der Theaterdirektor, den ich sofort anrief, war wütend, gab mir dann aber doch ein neues Rendezvous, pünktlich um 22 Uhr 15, nach der Vorstellung. Um nur ja kein Risiko einzugehen, verlangte ich ein Ferngespräch mit Tel Aviv und gab dem bekannt zuverlässigen Weckdienst der dortigen Telefonzentrale den Auftrag, mich um 21 Uhr 45 MEZ in Zürich zu wecken. Der Weckdienst rief mich auch wirklich keine Sekunde vor 21 Uhr 45 an. Übrigens auch um 21 Uhr 45 nicht. Er hat mich überhaupt nie angerufen.
    Die Schweiz ist ein dreisprachiges Land. Abgesehen vom Engadin - das einen vierten Volksstamm mit eigener Sprache aufweist, von dem ich aber nur das englischsprechende Hotelpersonal kenne-, wird die Schweiz von deutschen, französischen und italienischen Schweizern bevölkert. Die Deutschen sprechen französisch, und die Italiener sprechen über die Arbeitsbedingungen. Die Deutschen verachten die Franzosen, die Franzosen verachten die Deutschen, beide verachten die Italiener, und alle drei verachten die Ausländer.
    Bevor wir unsern ersten Spaziergang in Zürich unternahmen, plauderte ich ein wenig mit dem Hotelportier.
    »Man hat mir gesagt, daß die Schweizer ihre Fahrräder unverschlossen auf der Straße stehen lassen. Stimmt das?«
    »Selbstverständlich, mein Herr.«
    »Und kommt es nie vor, daß eines gestohlen wird?«
    »Selbstverständlich werden sie gestohlen. Wer sein Fahrrad unverschlossen auf der Straße stehen läßt, verdient nichts Besseres. Besonders jetzt, wo es von Fremden wimmelt...« Jeder fünfte Mensch in der Schweiz ist ein Ausländer. Ich bekam die Nummer 1100005, meine Frau die Nummer 1100010.
    Trotz alledem gibt es auch Schweizer Emigranten. Sogar nach Israel sind schon ein paar echte, in der Schweiz geborene Schweizer gekommen. Warum? Was hat sie dazu getrieben, das Land zu verlassen? Der Grund liegt klar zutage: Es war

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