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Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.

Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.

Titel: Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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die
    Reinlichkeit.
    Gelegentlich eines Besuches im Züricher Zoo hielten wir vor dem Affenkäfig an und beobachteten die Schimpansenmutter, deren Lieblingsbeschäftigung bekanntlich darin besteht, Flöhe zu jagen. Die Züricher Schimpansenmutter durchsuchte die Kopfhaut ihres Söhnchens eine halbe Stunde lang nach irgendeinem Insekt und fand keines, wie verzweifelt sie auch kratzte und wühlte. Schließlich gab sie es auf, kauerte sich in die Ecke des Käfigs und starrte trübsinnig vor sich hin.
    »Ich weiß nicht, was wir dagegen tun sollen«, klagte der Wärter. »Wir haben schon Flöhe importiert, aber sie können sich an die Schweizer Hygiene nicht gewöhnen und nehmen Reißaus. Wie wird das enden?«
    Ich konnte ihm keinen Rat geben. Ich konnte ihm nur vom reichen, blühenden Insektenleben des Staates Israel erzählen, in den ich bald wieder zurückkehren würde. Als wir uns verabschiedeten, sah ich Tränen in des Wärters Augen blinken.
    Unsere erste Begegnung mit der übernatürlichen Schweizer Sauberkeit erfolgte auf der weltberühmten Bahnhofstraße. Wie hatten eines der umliegenden Warenhäuser durchwandert und waren auf der tadellos funktionierenden Rolltreppe in die vierte Etage gelangt, wo wir zwei tadellos verpackte Schokoladeschnitten erwarben, in Cellophan, mit Tellerchen aus Pappe und ebensolchen Löffelchen. Auf dem Weg ins Hotel konnten wir uns nicht länger zurückhalten, öffneten die Verpackung und taten uns an den Schnitten gütlich. Sie schmeckten wunderbar. Noch nie im Leben hatten wir so wunderbare Schokoladeschnitten gegessen, außer vielleicht zwei Tage zuvor in Italien.
    Kaum war der letzte Bissen verschluckt, als in unsrem Rücken aufgeregte Zurufe erschollen. Jemand kam uns nachgerannt.
    »Entschuldigen Sie«, keuchte ein wohlsituiert aussehender Herr. »Sie haben ihre Tellerchen verloren!«
    Damit hielt er uns die beiden schokoladeverschmierten Pappendeckel hin, die wir auf dem Höhepunkt unsrer Völlerei achtlos weggeworfen hatten.
    »Entschuldigen Sie«, sagte auch ich. »Wir haben das Zeug nicht >verloren<. Entschuldigen Sie.«
    »Ja was denn sonst?«
    »Was meinen Sie? Wieso ja was denn sonst?«
    »Wie hätte ich es sonst auf dem Straßenpflaster gefunden?«
    In diesem Augenblick riß die beste Ehefrau von allen den klebrigen Abfall, den der ehrliche Finder noch immer in der Hand hielt, mit einem raschen »Danke schön!« an sich und zerrte mich weiter.
    »Bis du verrückt geworden?!« zischte sie mir zu. »Hast du vergessen?!«
    Ich erbleichte. Ja, ich hatte vergessen, daß wir uns in der reinlichen Schweiz befanden, in der blitzblanksten Straße ihrer saubersten Stadt. Auch nicht das kleinste weggeworfene Papierchen war zu sehen. Höchstens da oder dort auf dem Straßenpflaster der eine oder andre ausgebleichte Fleck, der beim Scheuern nicht restlos verschwunden war. In der Ferne liquidierte ein gutgekleideter Straßenkehrer mit einem antiseptischen Besen einige Brotkrumen. Sonst nichts als Sauberkeit, Sauberkeit, Sauberkeit. Und dieses makellose Panorama hatte ich durch den Wegwurf zweier schmutziger Pappendeckel zu verunstalten gewagt! Von Scham und Reue zerfressen, faltete ich die beiden Reste behutsam zusammen, mit den Klebeseiten nach innen.
    »Das wäre soweit in Ordnung«, sagte ich zu meiner befriedigt nickenden Gattin. »Aber was jetzt? Ich kann das Zeug nicht die ganze Zeit mit mir herumschleppen. Schließlich bleiben wir noch zwei Wochen in der Schweiz...«
    »Sei unbesorgt. Wir werden schon etwas finden, wo wir's auf gesetzliche Weise loswerden. Eine offizielle Abfallstelle oder so etwas.«
    Es war elf Uhr vormittag, als sie das sagte. Um zwei Uhr nachmittag hielt ich die beiden Pappendeckelreste noch immer in meinen von Schweiß und flüssiger Schokolade verschmierten Händen. Wenn wir wenigstens ein Papier zum Einwickeln gefunden hätten! Aber dem sehnsüchtig suchenden Blick zeigte sich nichts dergleichen.
    Wir bestiegen einen Triebwagen der sprichwörtlich sauberen Zürcher Straßenbahn und setzten uns an ein offenes Fenster. In ein lebhaftes, gestenreiches Gespräch vertieft, warteten wir auf die erste brauchbare Kurve. Dort warf ich den Pappendeckelbrei mit einer raschen Bewegung zum Fenster hinaus.
    Die Bremsen kreischten. Nach wenigen Metern kam der Wagen zum Stillstand. Ich stieg folgsam aus, um den verlorenen Wertgegenstand zu holen, und bedankte mich beim Wagenführer: »Sehr aufmerksam von Ihnen. Glücklicherweise ist den Dingern nichts passiert. Danke

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