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Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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schwerer Mann, der andere hatte offensichtlich Schwierigkeiten mit seinem Stiefel. Simon überholte sie, sprintete zuversichtlich weiter. Seine Schnelligkeit rührte von der unumstößlichen und unerschütterlichen Gewissheit her, dass er dem Mörder von David Angus, Scott Merriman und Amy Sudden folgte. Er musste den Mann erwischen, bevor der den Klippenrand erreichte und sich hinab auf die Felsen stürzte.
    Doch als er näher kam, erkannte Serrailler, dass da ein Pfad war. Er vergewisserte sich nicht, ob die anderen ihm folgten. Er war jetzt auf sich gestellt, das war seine Jagd und seine Verhaftung.
    Der Mann verschwand.
    Simon erreichte den Klippenrand und zögerte, blickte nach unten. Der Pfad war schmal und abschüssig, in die Klippen gehauen, ohne Handlauf oder Haltemöglichkeit, aber der Mann wusste eindeutig, wohin er wollte und was er tun musste, sobald er über den Rand gestürmt war.
    Simon zögerte nicht mehr.
    Der Wind traf ihn hart und brachte ihn fast aus dem Gleichgewicht; Regen peitschte ihm ins Gesicht. Der Himmel war bleigrau, Blitze zuckten, wenn auch noch weit entfernt. Er rechnete sich aus, dass ihnen noch einige Zeit blieb, bis der Sturm zur Bedrohung wurde, und bis dahin gedachte er mit seiner Beute wieder oben und im Auto zu sein.
    Er schlitterte, schnappte nach Luft und versuchte sich an dem vortretenden Gestein festzuhalten, aber die Steine rutschten ihm aus der Hand und polterten mit zunehmender Geschwindigkeit die Klippe hinunter. Der Mann vor ihm bewegte sich wie ein Affe, behende, trittsicher, kletterte und kraxelte hinunter. Unter ihnen, weit unten, war ein schmaler Streifen dunklen Sandes, übersät mit Felsen. Davor toste das Meer, schwoll an und stieg immer höher. Simon sah zurück. Er war weiter gekommen, als ihm klar gewesen war. Die Gestalten, die vom Klippenrand zu ihm hinabblickten, schienen meilenweit entfernt zu sein. Aber Höhe hatte ihm noch nie etwas ausgemacht, und auch er war jetzt trittsicher, obwohl der Regen hinter ihm auf dem Pfad Geröll hinabspülte und Simons Hände am Fels abrutschten, als er sich festzuhalten versuchte. Der untere Teil der Klippe war am schwersten zu überwinden – die Felsen hier waren zerklüftet, voller Spalten und rutschig von limonengrünem Seetang. Mehrmals wäre er fast gestürzt, und einmal riss er sich haltsuchend die Handfläche auf. Dann waren sie unten, und er setzte die Verfolgung fort; der flache Sand saugte an seinen Schuhen. Der Mann versuchte zu rennen, aber auch er kam nicht schneller voran. Der Wind schlug ihnen voll ins Gesicht, und der Sturm wurde auf das Land zugetrieben; den herabzuckenden Blitzen folgte der Donner innerhalb von Sekunden. Die Flut nahm an Geschwindigkeit zu und strömte schäumend herein.
    Sie befanden sich in einer kleinen, gebogenen Bucht, getrennt von den anderen durch lange Wellenbrecher aus Felsen, die sich wie spitz zulaufende Schwänze prähistorischer Monster ins Meer hinaus erstreckten; während Simon sich laufend und springend den Weg entlang des schmalen Sandstreifens bahnte, wurden die Knochen der Schwänze einer nach dem anderen überspült.
    Vor ihm sprang der Mann auf einen hohen Felsen und kletterte auf die Klippe zu.
    Simon war ihm jetzt ganz nahe.
    Dann sah er den Höhleneingang, ein zahnloses Maul am Fuß der Klippe, bewacht von einem Felszerberus. Sekunden später hatte er die Höhle erreicht. Sie roch nach totem Fisch und Salzwasser.
    Einen Moment lang überlegte er, ob es der Eingang zu einem sicheren Ort war, der von der Flut nicht überspült würde, weit hinten im Inneren der Klippe, doch als er sich hineinbeugte, sah er, dass die Höhle nicht tief war und so niedrig, dass er kaum aufrecht stehen konnte. Es gab kein Licht. Er hatte keine Taschenlampe. Hinter ihm toste das Meer gemeinsam mit dem Donner.
    »Komm raus, du Idiot, komm wieder raus, die Flut wird hier jeden Moment hineinlaufen.«
    Nichts. Dann eine Stimme, die ihn so verblüffte, dass es ihm die Sprache verschlug.
    »Gott. O Gott, das ist die falsche Höhle. Sie müssen raus. Sie stehen mir im Weg. Bewegen Sie sich.«
    Die Stimme wurde hysterisch.
    »Raus da!«, kreischte die Frau.
    Serrailler schob sich langsam zurück, hielt sich an den Felsen, an den Höhlenwänden fest … Als er in das grünliche Sturmlicht hinauskam, sah er, dass es nur einen einzigen Ausweg gab, einen Vorsprung in einigen Metern Höhe an der Klippenwand, gerade noch erreichbar mit drei oder vier sorgsam gesetzten Schritten. Die Flut wirbelte

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