Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
ihr, als die Tür zu Nummer 188 aufgebrochen wurde. Die Wohnung war dunkel und roch säuerlich. Einer der Sanitäter rutschte fast auf einer Pfütze Erbrochenem aus. Sie fanden Cats Patienten, Arthur Sumner, tot in der Toilette liegen.
»Soll ich Sie nach Hause fahren, Doc?«
»Mir geht’s gut.«
Gut, dachte sie, dankte der Frau mit den burgunderfarbenen Fingernägeln, dankte den Männern, ging die Betontreppe hinunter und zu ihrem Auto. Gut. Einen Moment lang saß sie da, den Kopf auf dem Lenkrad. Sie würde Chris anrufen, ihm erzählen, was passiert war. Dann fiel ihr ein, dass ihr das Handy gestohlen worden war, dass sie morgen auf dem Polizeirevier eine Aussage machen, sich ein neues Handy besorgen, den Totenschein für Arthur Sumner ausfüllen musste. »Hat er ein Hörgerät?« Nicht einmal das hatte sie gewusst.
Nach Hause. Jetzt. Sie ließ den Motor an, schaltete in den Rückwärtsgang. Als sie wendete, sah sie zwei Jugendliche, die sie anglotzten, lachten, den Stinkefinger hoben. Werdet bloß nicht krank, wenn ich in der Gegend bin, dachte sie, ruft mich nicht an, habt keinen Unfall …
Vergiss es. Sie fuhr zu schnell.
Über den Weg aus der Dulcie-Siedlung kam sie zur Umgehung und wich danach dem rechtwinklig angelegten Straßennetz aus, das zum Hügel führte. Abscheu, wie Cat ihn seit Monaten nicht empfunden hatte, und auch Furcht stiegen in ihr auf und schienen ihren Mund mit einem bitteren Geschmack zu füllen. Sie wollte dem Hügel nicht nahekommen, auf dem Frauen überfallen und so rasch, so fachmännisch ermordet worden waren. Auf diesem Ort lag ein Makel, der sich aus dem Bewusstsein Laffertons nie würde löschen lassen. Jemand hatte ein Buch über den Fall geschrieben, ein anderer drehte eine Fernsehdokumentation darüber, hielt das alles lebendig und die Wunden offen.
Sie machte einen Umweg über den Tenbury Walk, an dessen Ende das Hospiz lag. Hinter den Vorhängen leuchtete sanftes Licht, zwei Autos standen vor dem Eingang. Cat bog in die Einfahrt und parkte neben den Wagen.
Zwölf
C hapman.«
»Da kam gerade ein Anruf, Chef. Von einer Natalie Combs, sechsundzwanzig Jahre als. Hat gemeldet, dass jemand von nebenan einen silbernen Mondeo mit der Nummer XT … irgendwas fährt. Sie hat plötzlich Panik bekommen, weil ihre sechsjährige Tochter dort anscheinend viel Zeit verbringt.«
»Hat das Kind irgendwas gesagt?«
»Soweit ich weiß, nicht.«
»Der Name des Nachbarn?«
»Ed Sleightholme.«
»Schicken Sie jemanden hin. Sofort.«
»Chef.«
Die Fahrerin klang aufgeregt, und Chapman blickte auf. »Verdammt.«
»Sie biegen ab, Sir.«
Der Streifenwagen vor ihnen schlingerte nach links, verließ die Schnellstraße und folgte dem Mondeo auf eine Landstraße.
»Er fährt nicht nach Scarborough.«
»Wohin dann?«
»Bin mir nicht sicher …« Der Regen hatte etwas nachgelassen, aber die Wolken waren immer noch dunkel, türmten sich auf, als sie auf das Meer zufuhren, und die schmale Straße war tückisch.
»Gut, Katie, wir wollen keinen Auffahrunfall verursachen.«
»Sir.« Die Fahrerin bremste ab, doch der Streifenwagen vor ihnen raste hinter dem Mondeo her, wirbelte Sprühwasser auf.
»Ist doch komisch«, sagte Chapman, lehnte sich entspannt und ruhig im Sitz zurück. »Gibt man ihnen Spielraum, verraten sie sich oft selbst … Wenn er nicht in Panik geraten wäre, als die Jungs hinter ihm beschleunigten, hätte er kaum Aufmerksamkeit erregt. Und jetzt sehen Sie sich das an.«
»Haben Sie genug, um ihn festzunehmen?«, fragte Simon.
»Es reicht so eben für ein Verhör.«
»Guter Gott.« Simon schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, war die Straße vor ihnen leer. Die Autos waren auf eine weitere Landstraße abgebogen. Blitze zuckten am Himmel draußen über dem Meer. Der Mondeo hielt darauf zu.
Sie brauchten zwanzig Minuten, um die Küste zu erreichen, ein Stück offenes, mit niedrigem Buschwerk bewachsenes Land.
Sie sprangen hinaus. Der Streifenwagen hatte angehalten. Der Mondeo hatte ein paar Meter davor herumgeschwenkt, und der Fahrer rannte auf den Klippenrand zu.
»Teufel noch mal.«
»Der will sich umbringen«, murmelte Chapman.
»Das wird er verdammt noch mal nicht, solange ich es verhindern kann.«
Irgendetwas veranlasste Serrailler loszurennen, etwas, das sich in ihm aufgebaut hatte wie ein Sturm und ihm jetzt einen wütenden Schlag in den Magen versetzte. Die Uniformierten rannten ebenfalls über das Gras, aber sie waren langsam, der eine ein
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