Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
Kinder- und Jugendschutz mitbringen …«
»Sie wird Ihnen nichts zu erzählen haben. Es gibt nichts zu erzählen. Zumindest hoffe ich das.«
»Kinder schnappen oft Dinge auf, mehr nicht … Und alles, was sie uns darüber sagen kann, was sie dort gemacht hat, worüber sie geredet haben … könnte uns helfen.«
»Aber sie ist doch festgenommen, nicht wahr? Sie kommt auf keinen Fall hierher zurück? Sie haben sie geschnappt.«
Sie gingen zur Tür.
»Sie wurde verhaftet, ja. Doch wir brauchen noch viel mehr Informationen. Deshalb möchten wir mit Kyra sprechen.«
Natalie schloss die Haustür und blieb stehen. Ein weiteres leises Geräusch war zu hören.
»Kyra … komm hier runter.«
Kyra gehorchte.
Dreiundzwanzig
I ch bin weg«, sagte Simon Serrailler. Er warf eine Akte auf die anderen neben seinem Schreibtisch und schaltete den Laptop aus. »Rufen Sie mich nicht an, und erwarten Sie nicht, dass ich Sie anrufe.«
»Geht klar, Chef.« Nathan Coates folgte dem DCI aus dessen Büro. »Nicht mal, wenn …«
Simon blickte ihn an. »Schicken Sie bloß eine Nachricht«, sagte er. »Und nur, wenn es was Neues gibt. Nichts Altes.«
»Verstanden. Wollen Sie ins Ausland?«
»Nein. London.«
»Um sich eine Show anzusehen oder so?«
Simon lächelte. »Könnte man so sagen.« Schnell lief er die Treppe hinunter. »Ja.« Er winkte und flitzte hinaus zum Auto, bevor ihn noch jemand aufhalten konnte.
Er hatte genug. Es war erfrischend gewesen, interessant, auch anstrengend, und er hätte die letzten beiden Wochen nicht missen mögen, aber er musste weg, vom Revier, von der Polizeiarbeit, von Lafferton. Er hatte es immer genossen, sich von allem abzuwenden und in ein anderes Leben zu schlüpfen, und als er zum Kathedralenhof fuhr, um seine Sachen zu holen, bevor er sich auf die Autobahn begab, war er richtiggehend ausgelassen. Er würde drei Tage in der Galerie verbringen, um den Aufbau seiner Ausstellung zu überwachen, die mit einer Vernissage eröffnet werden würde. Dann würde er mal sehen. Theater, Oper, gutes Essen, Spaziergänge durch London. Es war ihm egal, er hatte keine genauen Pläne gemacht. So entspannte er sich am liebsten, ließ sich jeden Tag überraschen.
Er hatte sein übliches, angenehmes Zimmer in einem Hotel mit Blick auf die ruhigen Gärten von Chelsea gebucht. Es war schnörkellos und glich so wenig einem Hotel, wie er es sich nur wünschen konnte. Außerdem war es teuer. Wenn Simon ins Ausland fuhr, reiste er mit leichtem Gepäck und verbrauchte wenig; er war zufrieden mit Ernestos bescheidener Wohnung in einem abgelegenen Teil Venedigs oder einer provinziellen Frühstückspension, einem billigen Parador. In London genoss er den Komfort und gab Geld aus.
Als er auf die Autobahn bog und beschleunigte, spürte er die übliche Veränderung, als sei ein Schalter in ihm umgelegt worden. Er ließ Ed Sleightholme, ermordete Kinder und als Geiseln festgehaltene Frauen hinter sich, vertrieb sie alle aus seinen Gedanken. Er war nicht mehr DCI Serrailler, er war Simon Osler, mit einer Einzelausstellung seiner Zeichnungen in einer Galerie in Mayfair. Viele Besucher, die zum Schauen und Kaufen kommen würden, hatten keine Ahnung, dass er Kriminalbeamter war, und so wollte er es haben. Wenn er mit Verbrechern zu tun hatte, die ein Doppelleben führten, verstand er sie meist und konnte das nachvollziehen. Für sich genommen war ein Doppelleben kein Verbrechen; es hing davon ab, was man daraus machte. Wenn man ihn gezwungen hätte, zwischen den beiden zu wählen, wäre es ihm schwergefallen. Sie glichen sich gegenseitig aus; keines der beiden Leben genügte ihm allein.
Zweimal hörte er sein Handy in der Jackentasche auf dem Rücksitz klingeln. Er würde nachsehen, wenn er das nächste Mal anhielt. Er hatte nicht sämtliche Verbindungen zu den laufenden Fällen gekappt.
Dennis Vindon von der Spurensicherung erhob sich aus der Hocke und trat ans Fenster. Draußen war es ruhig. Den Leuten war es langweilig geworden. Es gab nichts zu sehen außer den weißen Anzügen, die von Zeit zu Zeit zum Wagen hinausgingen, dort Sachen verstauten, wieder zurückstapften und die Haustür hinter sich schlossen. Die Sachen waren eingepackt, und niemand konnte erahnen, was es war. Dennis wusste es. Teppichstücke. Kissen. Linoleumteile. Abgekratztes aus den Küchenschränken. Bettlaken. Alles eingetütet, verschnürt und etikettiert.
Niemand sprach mit den weißen Anzügen, und die weißen Anzüge sagten ebenfalls
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