Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
Sie dann ohnmächtig geworden?«, fragte Rhona triumphierend. »Warum, Cat?«
»Keine Ahnung. Aber ich bin nicht ernsthaft beunruhigt. Kommen Sie trotzdem in die Praxis«, sagte sie zu Jane. »Wir werden eine Blutprobe entnehmen, für alle Fälle. Ich bin überzeugt, dass die Werte völlig normal sein werden, doch wir sollten lieber auf Nummer sicher gehen.«
»Und ich werde den Termin vereinbaren«, sagte Rhona Dew entschieden.
Ein Telefon klingelte.
Als sie hinausrauschte, um den Anruf entgegenzunehmen, wagten Cat und Jane sich nicht anzusehen.
»Wie auch immer«, sagte Cat und lächelte in ihren Tee. »Kommen Sie zu mir in die Praxis. Ich führe bei neuen Patienten in jedem Fall gerne eine Erstuntersuchung durch.«
»Ich habe mich schon in der Woche meiner Ankunft bei Ihnen angemeldet, weil …«
»… Rhona Sie dazu aufgefordert hat?«
»Hm.«
»Fühlen Sie sich kräftig genug, ein wenig im Garten spazieren zu gehen? Es ist der schönste im Kathedralenhof.«
»Ich weiß. Ich wohne am Ende dieses Gartens, falls Sie sich erinnern.«
Cat hatte das nicht vergessen. Sie wollte sehen, ob Jane ihren Bungalow mied, um zu ermessen, welche bleibende Wirkung das Erlebnis mit Max auf sie haben könnte.
Rhonas Stimme dröhnte immer noch im Flur hinter ihnen.
»Sie war ein Schatz«, sagte Jane jetzt, »so freundlich, so gut … genau wie Joseph. Sie haben mich behandelt, als hätte ich schon immer hier gelebt.«
»Aber allmählich finden Sie das alles ein wenig erdrückend.«
»Ist das nicht undankbar?«
Sie schlenderten über den Rasen.
»Verständlich, würde ich sagen. Ich ertrage Rhona auch nur in kleinen Dosen.«
»Ich bin so froh, dass Sie in der Kapelle waren. Danke. Ich weiß nicht, was die anderen dachten, die armen Seelen.«
»Sie haben sich Sorgen um Sie gemacht.«
»Die letzten ein, zwei Wochen hatten es wirklich in sich. Meine Mutter wurde überfallen und zusammengeschlagen, ich hatte gerade erst angefangen, mir meinen Weg durch Lafferton zu ertasten – eine gewaltige Aufgabe für mich –, dann Max.«
»Kein Wunder, dass Sie ohnmächtig geworden sind. Mir ist aufgefallen, dass Sie direkt in Imogen House angefangen haben.«
»Ja. Und ich habe viele Termine im Kreiskrankenhaus Bevham, um mich einzuarbeiten.«
»Wir mussten uns begegnen – nur nicht auf diese Weise.«
Sie traten durch das Spalier, das den Garten teilte, und bogen nach rechts auf einen Weg zwischen den Obstbäumen. Die Ecke von Janes Bungalow kam in Sicht. Cat spürte, wie Jane sich anspannte, dann stehen blieb.
»Alles in Ordnung?«
Jane atmete tief durch. »Würden Sie mitkommen? Sobald ich drin gewesen bin, wird alles gut sein.« Ein erneutes, minimales Zögern, dann setzte sie sich resolut in Bewegung, ging um die Büsche herum direkt zu ihrer Haustür.
»Ach. Das Schloss ist natürlich ausgewechselt worden, das hat man mir gesagt. Ich glaube, jemand drüben im Haus hat die neuen Schlüssel.«
»Egal. Gehen Sie ans Fenster.«
Jane warf ihr einen Blick zu, trat dann an die Scheibe, legte die Hände um ihre Augen und schaute hinein.
»In Ordnung?«
»Ja. Sieht aus wie das Haus von jemand anderem. Ich habe überhaupt nicht das Gefühl, hier gewohnt zu haben. Wie seltsam. Mir ist, als sollte ich nicht hineinschauen.«
»Aber beängstigt es Sie?«
»Nein.« Jane drehte sich um. »Ich fühle mich eher distanziert.«
»Gut. Sie machen das prima. Demnächst holen Sie sich die Schlüssel und gehen hinein. Früher oder später werden Sie das sowieso tun müssen, und dann lieber früher. Ich glaube, Sie werden sich wieder zu Hause fühlen.«
»Vielleicht. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich hier überhaupt zu Hause gefühlt habe, auch ohne die Sache mit Max. Bin mir nicht sicher, ob ich mich in Lafferton zu Hause fühle.«
Cat schwieg. Jane mochte sich ihr anvertrauen wollen, aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, und kurz darauf gingen sie durch den Garten zurück, genossen den ersten schwachen Hauch der Abendkühle.
Die Terrasse war leer, und aus dem Haus war nichts zu hören.
»Darf ich Sie etwas fragen?« Jane bedeutete Cat, sich mit ihr auf die Bank an der Wand zu setzen. Die Sonne berührte die Kronen der Obstbäume vor ihnen, doch die Bank lag im Schatten. »Ich habe das Gefühl, ich sollte Max aufsuchen. Was halten Sie davon?«
»Warum empfinden Sie so?«
»Er ist in Schwierigkeiten. Der Tod seiner Frau hat ihn sehr schwer getroffen. Er wollte mir nichts antun – mir als Person –, er
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