Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
er bei der Polizei bleiben und ernsthafte Karrierefortschritte machen wollte, müsste er aus Lafferton wegziehen. Aber er war nicht bereit, sich zu einer falschen Entscheidung drängen zu lassen.
Er stand auf und ging den Flur entlang zum Getränkeautomaten. Drei Kollegen warteten davor, um sich eiskalte Dosen zu ziehen. Die Hitze setzte allen zu.
»Kommen Sie morgen Abend zum Training, Chef? Wir waren letzten Sonntag ziemlich schwach beim Batting. Haben denen die ersten drei Wickets geschenkt. Nicht genug regelmäßiges Training.« Steve Philipot von der Verkehrspolizei jonglierte beim Reden mit drei Dosen Cola.
»Ich versuch’s.«
»Kommen Sie einfach.«
Ja, dachte er auf dem Rückweg zum Büro, er würde da sein. Ein wenig Konzentration darauf, wie er Yorker parierte, würde ihn von allem anderen ablenken. Aber statt sich wieder die Akte vorzunehmen, rief er die Website der Polizei auf und scrollte bis zu den Stellenangeboten, um ein Gespür dafür zu bekommen, was es so gab. Es war nur das Übliche, von dem ihn nichts ansprach.
Er dachte an seine Wohnung im Kathedralenhof. Wo würde er etwas Vergleichbares finden? Wo hätte er sonst seine Familie um sich? Was außer Lafferton könnte er jemals als Zuhause bezeichnen?
Vierundvierzig
M an hatte ihn am Eingang stehen lassen. Max Jameson stand da und spürte, wie die Hitze vom Pflaster aufstieg und von den Ziegelwänden der alten Bortenfabrik zurückgestrahlt wurde. Er war desorientiert, und sein Kopf tat ihm weh. Sein Anwalt hatte die Kaution für ihn gestellt und ihn nach Hause gefahren. Jetzt musste er nur noch hineingehen und …
Er hatte keine Ahnung, was als Nächstes kam. Er hatte das merkwürdige Gefühl, dass ein Teil seines Gehirns abgebrochen und weggeschwommen war, wie ein Stück von einem Eisberg. Er wusste, wer und wo er war, er wusste, wo er gewesen war und warum. Aber er konnte den Tag, und seine Anwesenheit darin, in keinerlei Kontext oder Reihenfolge bringen. Er fühlte sich schmuddelig und klebrig, und er musste sich dringend umziehen.
Eine Taube flatterte herab und pickte im Staub und Abfall des Rinnsteins. Max beobachtete sie. Lizzie hatte Tauben gehasst. Sie hatte alle Vögel gehasst, die größer als ein Spatz waren, hatte manchmal Alpträume von großen Vögeln gehabt. Sie wusste nicht, wieso – wahrscheinlich irgendwas Albernes aus ihrer Kindheit.
Er überlegte, ob er die Taube für sie töten sollte. Eine Taube weniger auf der Welt, die ihr Angst machen konnte. Ein großer Vogel weniger. Er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass etwas sie verstörte, sie verängstigte. Er war bereit, die Taube zu töten, wusste aber, dass sie sofort auffliegen würde, wenn er sich bewegte, und außerdem, womit sollte er sie töten?
Er betrachtete sie. Die Federn auf ihrem Rücken waren perlmuttfarben und wunderschön, kunstvoll gefaltet.
»Davor braucht man sich doch nicht zu fürchten«, sagte er. »Sie ist nicht einmal besonders groß.«
Der Vogel hüpfte ein paar Schritte weiter die Straße hinunter. Max merkte, dass er laut gesprochen hatte. Aber da war nur die Taube, die ihn hören konnte.
Er ging hinein. Die Dunkelheit des Treppenhauses machte ihn nach dem strahlenden Sonnenlicht einen Moment lang blind, er musste stehen bleiben und warten, bis sich seine Augen daran gewöhnt hatten.
Ist er hell?, dachte er plötzlich. Der Ort, an den man geht, wenn man gestorben ist, wie die Leute glauben. Ist er hell? Ihm fielen Bilder aus Märchenbüchern ein, von einem Himmel, erfüllt mit den Strahlen der untergehenden Sonne und leuchtenden Gesichtern. Er glaubte nicht an so etwas, und er glaubte nicht an den Ort, dessen Existenz sich andere Leute vorstellten. Wo? Irgendwo anders. Er wartet auf dich.
Es musste jemanden geben, der das für ihn klären konnte. Er hätte die junge Geistliche fragen sollen, als er die Möglichkeit dazu hatte. Sie hätte es ihm vielleicht gesagt. Er verfluchte sich dafür, sie nicht nach allem gefragt zu haben, was er so verzweifelt wissen wollte. Er hatte die Zeit verschwendet, die sie zusammen verbracht hatten. Er hätte Antworten auf die Fragen bekommen können, die in seinem Kopf herumrumpelten wie Steinchen in einer Trommel. Er steckte den Schlüssel ins Schloss und öffnete die Tür zu dem langen, hellen Raum.
»Lizzie?«
Sie war da, am anderen Ende, war immer da, ihr Haar zurückgenommen, ihr Blick von ihm abgewandt, ihr Gesicht ernst.
Er setzte sich an den Tisch. Die Stille erfüllte seine Ohren und
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