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Der Seele weißes Blut

Der Seele weißes Blut

Titel: Der Seele weißes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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Zimmer, dessen Wände mit Bücherregalen gesäumt waren. Kerstin Förster deutete auf eine Sitzecke aus braunem Leder. »Setzen Sie sich doch.« Sie ließ sich ebenfalls nieder.
    »Wissen Sie, wo Ihr Bruder sich gegenwärtig aufhält?«, fragte Schmitt.
    Wieder sah die Frau sie verständnislos an. »Nein. Vermutlich ist er zu Hause. Wieso fragen Sie?«
    »Wir müssen dringend mit ihm sprechen, aber wir erreichen ihn nicht.«
    »Und da kommen Sie zu mir?«
    Halverstett räusperte sich. »Sie heißen Förster, nicht Mörike?«
    »Ich bin verheiratet«, antwortete sie knapp. Es war offensichtlich, dass sie verärgert war.
    »Wo ist Ihr Mann?«
    »Er ist beruflich viel unterwegs. Ich wüsste allerdings nicht, was Sie das anginge.«
    Halverstett beschloss, sich behutsam an das Thema heranzutasten. »Verstehen Sie sich gut mit Ihrem Bruder?«
    »Was soll das? Ja, wir verstehen uns gut. Was ist denn los? Hat er irgendetwas getan?«
    »Was sollte er denn getan haben?«
    »Ich weiß nicht. Nichts. Bitte erklären Sie mir doch, was Sie hierher führt, vielleicht kann ich Ihnen dann helfen.« Sie legte ihre Hände flach auf ihre Oberschenkel und sah ihn auffordernd an. Ihre Haltung war merkwürdig aufrecht, so als wappne sie sich gegen einen Schlag.
    »Gut«, sagte Halverstett. »Es geht um die Gebeine, die kürzlich im Aaper Wald gefunden wurden. Der Fall ging durch die Presse. Haben Sie davon gehört?«
    Kerstin Förster wurde schlagartig bleich und sprang auf. Unruhig lief sie im Zimmer auf und ab, während sie mehr mit sich selbst als mit ihren Besuchern sprach. »Ich wusste, dass Sie früher oder später kommen würden. Ich habe Sie erwartet. Trotzdem habe ich gleichzeitig gehofft, Sie würden es vielleicht doch nicht herausfinden. Verrückt, nicht wahr? Ich habe immer wieder versucht, mir vorzustellen, wie es sein würde, wenn eines Tages die Polizei vor meiner Tür steht. Aber es ging nicht, es war irgendwie surreal. Jetzt ist es also so weit. Mein Gott, nach all den Jahren!«
    »Es sind die sterblichen Überreste Ihres Vaters, nehme ich an?«, fragte Halverstett.
    Die Frau nickte. »Ja. Wolf Mörike. Er starb am dreizehnten Juli 1984. Meine Mutter und ich haben ihn dort begraben.«
    »Warum im Aaper Wald? Wohnten Sie nicht damals in Köln?«
    Kerstin Förster war stehen geblieben, sie sprach abgehackt und mechanisch, so als sage sie einen auswendig gelernten Text auf und wolle keinen Fehler machen. »Ja, wir wohnten in Köln. Doch meine Mutter stammte aus Düsseldorf. Gerresheim, um genau zu sein. Sie kannte sich in dem Wald gut aus, hatte als Kind dort gespielt. Außerdem wollten wir ihn möglichst weit wegbringen.« Sie setzte sich wieder, betrachtete den Fußboden.
    »Was ist mit Ihrem Bruder?«
    Sie verschränkte die Finger wie zum Gebet, Halverstett fiel auf, das sie zitterten. »Der hat nichts damit zu tun«, stieß sie hervor. »Er hatte keine Ahnung. Er hat immer gedacht, Papa ist nach Australien ausgewandert.«
    »Aber als die Gebeine gefunden wurden, erkannte er die Wahrheit«, sagte Schmitt.
    »Ich begreife nicht, wie das geschehen konnte«, rief Kerstin Förster. »Er wollte es mir nicht verraten. Woran hat er erkannt, dass es unser Vater war?«
    »Sie haben Spielzeug Ihres Bruders zusammen mit der Leiche vergraben. Vermutlich hatte Ihr Vater es in der Tasche.«
    »Oh, mein Gott.«
    »Er hat mit Ihnen darüber gesprochen?«, fragte Halverstett.
    »Er kam zu mir. Vor etwa einem Monat war das. Er war außer sich, hat geweint wie ein kleiner Junge. Was wir Papa angetan hätten, wollte er wissen. Dann hat er mich beschimpft und angespuckt. Ich habe versucht, ihn zu beruhigen. Ihn zu trösten.« Sie senkte den Blick. »Wir haben lange miteinander gesprochen. Er hat sich tatsächlich ein bisschen gefasst und die Nacht hier im Haus verbracht. Auf dem Sofa im Sprechzimmer. Aber er hat nicht eine Sekunde geschlafen. Ich auch nicht. Ich habe gehört, wie er hin und her gelaufen ist und gestöhnt hat wie ein verwundetes Tier.«
    »Er war im Sprechzimmer?«, fragte Schmitt. Ihr Gesicht hatte plötzlich rote Flecken vor Aufregung. »Bewahren Sie dort die Patientenakten auf?«
    Kerstin Försters Kopf schoss hoch. »Was unterstellen Sie ihm da? Dass er in den Akten gestöbert hat?«
    »Sie haben meiner Kollegin Lydia Louis erzählt, dass zwei der Frauen, die gesteinigt wurden, Ihre Patientinnen waren.«
    »Aber das hat doch mit Sebastian nichts zu tun!«
    »Sie haben selbst gesagt, wie aufgebracht er war, als er vom Tod

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