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Der Seele weißes Blut

Der Seele weißes Blut

Titel: Der Seele weißes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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den Booten und lässt sie behutsam auf den Teppich plumpsen. Plötzlich hört er ein gluckerndes Geräusch. Das Wasser! Es schwappt über den Beckenrand auf den Boden. Dabei ist hinten im Waschbecken extra ein Loch. Vielleicht ist es verstopft. Er klettert vom Klo, so schnell, wie er kann. Der Korb rutscht weg, und er schrammt sich das Knie auf, aber er hält nicht inne. Hastig dreht er den Hahn ab. Er ist so aufgeregt, dass er ihn erst in die falsche Richtung dreht und das Wasser wie wild her-ausspritzt.
    Endlich hat er es geschafft. Er kniet sich auf den Boden. Alles ist nass. Rasch greift er nach einem Handtuch, das bei der Schmutzwäsche liegt, und wischt damit das Wasser auf. Als das Handtuch nass ist, hält er nach etwas anderem Ausschau. Da entdeckt er etwas Merkwürdiges. Kerstins Unterhose liegt neben ihm, und sie ist voller Blut. Erschrocken starrt er die Hose an. Was ist mit Kerstin los? Sie muss sehr schlimm krank sein, wenn sie Blut in der Unterhose hat. Sein Herz klopft mit einem Mal ganz doll. Muss Kerstin vielleicht sterben?
    Mama hat ihm gesagt, dass der liebe Gott alles sieht und jede Sünde bestraft. Bestimmt hat Gott gesehen, wie er das kleine Kätzchen gewaschen hat. Er hat es getötet, und jetzt tötet der liebe Gott Kerstin, um ihn zu bestrafen. Er fängt an zu weinen. Er wollte das Kätzchen doch gar nicht töten. Er wollte es nur baden. Er rennt die Treppe hinunter zu Mama.
    »Mama! Mama! Ich will nicht, dass Kerstin sterben muss!«, schluchzt er.
    »Du Dummkopf«, sagte Mama. »Kerstin muss doch nicht sterben.« Sie streicht ihm über das Haar. Dann bemerkt sie, dass seine Hose nass ist. »Was hast du gemacht?«, fragt sie.
    »Ich habe alles trocken gewischt«, sagt er schnell.
    »Du hast alles trocken gewischt?«, schreit sie. »Was hast du denn trocken gewischt? Zeig es mir!« Sie packt ihn am Arm und zerrt ihn die Treppe hoch. Er will sagen, dass es ihm leidtut, doch als sie ihn schüttelt, fallen ihm die Worte nicht mehr ein.

34

    Chris betrat hinter Schmiedel das Büro und schloss die Tür.
    Schmiedel drehte sich zu ihm um. »Was ist mit ihr?«, fragte er leise.
    Chris hob die Schultern. »Keine Ahnung. Ihr kennt sie besser als ich. Ist das so ungewöhnlich für sie?«
    »Dass unsere Chefin sich die Vernehmung eines dringend Tatverdächtigen entgehen lässt, habe ich noch nicht erlebt.« Er sah Chris eindringlich an, der seinem Blick standhielt, ohne preiszugeben, was er dachte.
    Meier erhob sich von seinem Platz. »Wo ist die Louis?«
    »Hat zu tun«, sagte Chris schnell. »Ihr sollt schon mal anfangen.« Er stellte sich ans Fenster und betrachtete den Festgenommenen, der teilnahmslos auf den Boden starrte. Er war schlank, dunkelhaarig und trug ein weit aufstehendes Hemd. Auf seiner Brust erkannte Chris einen kleinen Anhänger in Form eines Kreuzes. Der Mann schien nicht im Geringsten nervös zu sein, er wirkte eher desinteressiert. Entweder war er sich seiner Sache sehr sicher, oder sie hatten den Falschen erwischt.
    Meier schaltete das Tonband ein, sprach Datum und Uhrzeit darauf und die Namen der anwesenden Personen. »So, Herr Brandau«, sagte er. »Dann wollen wir mal. Fangen wir mit den einfachen Dingen an: Ihr Name ist Johannes Brandau, wohnhaft in der Dorotheenstraße in Düsseldorf?«
    »Das wissen Sie doch bereits.« Er hob den Blick und fixierte Meier.
    »Bitte noch einmal fürs Protokoll.« Meier ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er befragte Brandau zu seinen Lebensgewohnheiten, zu seiner beruflichen und privaten Situation. Der Mann ließ sich die Einzelheiten aus der Nase ziehen, beantwortete alle Fragen im gleichen gelangweilten Tonfall. Er beharrte darauf, dass er in der Nacht auf den achten September in seinem Bett gelegen habe, und schien nicht sonderlich besorgt darüber, dass es dafür keine Zeugen gab.
    »Das ist nicht mein Problem, sondern Ihres«, blaffte er Meier an. »Wenn jeder verdächtig wäre, der für diese Nacht kein Alibi hat, dann hätten Sie verdammt viel zu tun.«
    »Dann kommen wir doch mal zu dem zweiten Mord«, schaltete Schmiedel sich ein. »Sie waren also bis halb zwölf in der Kneipe.«
    »So ungefähr. Nach der Nummer mit dieser Braut habe ich noch zwei oder drei Bier gekippt, und dann bin ich nach Hause.«
    »Es hat Sie aber niemand gesehen.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Der Jochen erinnert sich doch bestimmt an mich.«
    »Ist das der Wirt? Er sagt, er habe nur auf das Fußballspiel geachtet. Er kann sich nicht erinnern, Sie an dem

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