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Der Seele weißes Blut

Der Seele weißes Blut

Titel: Der Seele weißes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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Bastion« zu trinken.

41

    Montag, 21. September
    Thomas Hackmann sprang die Treppen im Foyer des Präsidiums hinunter, immer zwei Stufen auf einmal. Sein Zielobjekt befand sich im Paternoster, und er wollte es auf keinen Fall aus den Augen verlieren. Eigentlich sollte er an seinem Schreibtisch sitzen und die Zeugenaussagen aus dem Südpark sichten und auf brauchbare Hinweise überprüfen. Aber das Wichtigste war seine Karriere. Und der leistete er bestimmt keinen Vorschub, indem er am Schreibtisch hockte und zusammenstellte, wer wann wen wo gesehen hatte. Sicherlich stieß man dabei manchmal auf eine verdächtige Person, doch das konnte auch eine halbe Stunde warten. Wenn er es aber schaffte, der Louis so richtig ans Bein zu pinkeln, sodass ihre Karriere auf Eis gelegt wurde oder sie sogar aus dem Polizeidienst ausscheiden musste, war das viel mehr wert als hundert verdächtige Personen. Wenn sie weg war, war das größte Hindernis beiseitegeräumt, das zwischen ihm und dem Dienstgrad des Ersten Kriminalhauptkommissars stand. Und eine Schlüsselfigur im Zusammenhang mit Louis’ Untergang machte gerade einen kleinen privaten Ausflug, der sich als interessant erweisen könnte, das sagte ihm seine Nase.
    Als er das Erdgeschoss erreichte, verlangsamte er seine Schritte. Schließlich wollte er keine Aufmerksamkeit erregen, vor allem nicht die des Mannes, der in dem Moment das Gebäude verließ. Hackmann folgte ihm in sicherem Abstand und grinste zufrieden, als dieser wie erwartet auf keinen der Dienstwagen zuschritt, sondern das Gelände zu Fuß verließ. Er steckte sich eine Zigarette an und ließ sich etwas zurückfallen. Der Mann marschierte zielstrebig in Richtung Kirchfeldstraße, der er ein Stück folgte. Am Kirchplatz angekommen steuerte er auf die Bushaltestelle zu. Hackmann fluchte. Der Bus bedeutete ein Risiko. Er studierte ein Schaufenster in der Nähe der Haltestelle und überlegte, was er tun sollte. Der Bus kam, der Mann stieg ein und drängte sich bis nach hinten durch. Im Inneren war es brechend voll. Glück gehabt. Hackmann rannte über die Straße und sprang in letzter Sekunde zwischen die sich bereits schließenden Türen. Der Fahrer bedachte ihn mit einem missmutigen Blick, und sein Gesicht verzog sich noch mehr, als Hackmann nach einem Fahrschein verlangte.
    Es ging Richtung Süden. Der Bus passierte den S-Bahnhof Bilk, den Südring und das Universitätsgelände, ohne dass etwas geschah. Hackmann hoffte, dass er sein Zielobjekt zwischen all den Studenten, die zwischenzeitlich ein- und wieder ausgestiegen waren, nicht aus den Augen verloren hatte. Sie steuerten jetzt auf Himmelgeist zu. Hier war Düsseldorf noch richtig ländlich. Links standen Pferde auf einer Koppel, rechts schimmerte hinter den Feldern der Rhein.
    Der Bus hielt in der Nähe einer Gaststätte, und Hackmann hätte beinahe nicht mitbekommen, dass der Mann ausstieg. Er fluchte und hetzte hinterher. Auf der Straße wandte er sich schnell ab. Außer ihnen beiden hatte niemand den Bus verlassen. Der Mann schien ihn jedoch nicht bemerkt zu haben. Er war in eine Wohnstraße eingebogen. Hackmann wartete an der Ecke, bis er ihn in einem der Häuser verschwinden sah, dann schlenderte er unauffällig daran vorbei. Es war ein hübsches, verklinkertes Einfamilienhaus, an dem ein weißes Schild neben der Tür prangte, so wie es bei Arztpraxen zu finden war. Aus den Augenwinkeln entzifferte er die Aufschrift, ohne sein Tempo zu drosseln.
    »Dr. Kerstin Förster. Psychotherapeutin«.
    Hackmann unterdrückte einen erneuten Fluch. Das war die Therapeutin, die sich bei der Louis gemeldet hatte. Von wegen privater Ausflug. Der Mistkerl war offiziell hier, vermutlich um die Aussage aufzunehmen oder weitere Details zu erfragen. Warum hatte dieser Idiot nicht den Dienstwagen genommen? Und wieso hatte es eben in der Festung auf dem Korridor so ausgesehen, als vergewissere er sich, dass keiner sein Fortgehen bemerkte?
    Hackmann fummelte sein Zigarettenpäckchen aus der Jacke, steckte sich eine an und inhalierte tief. Dieser Ausflug sollte ihm eine Lehre sein. Zu versuchen, der Louis einen reinzuwürgen war schön und gut, aber wenn er anfing, Phantome zu jagen, war das ein schlechtes Zeichen. Ein Taxi passierte ihn, und er hob den Arm. Je schneller er zurück in seinem Büro war, desto besser. Den Rest des Vormittags würde er brav die Aussagen durchgehen, so viel stand fest. Das hieß nicht, dass er seine Pläne aufgab. Er brauchte lediglich einen

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