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Der Seelenbrecher

Der Seelenbrecher

Titel: Der Seelenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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wenn er sich schmerzhaft von Sophia abwenden musste.
Also was wäre dann daran so schlimm?
»Ich glaube, sie will uns etwas sagen«, erklärte Caspar und war sich nicht sicher, ob er das nur behauptete, um sich endlich aus seinem Gedankenstrom zu reißen. Mittlerweile stand auch er neben dem Rollstuhl, während Bachmann und Schadeck vor dem Kühlfach mit Raßfelds Leiche stehengeblieben waren. Er sah kurz zu ihnen hinüber.
Der Hausmeister war gerade dabei, mit angewidertem Gesicht und Schweißperlen auf der Stirn die Leiche des Klinikleiters anzuheben, damit Tom unter seinem Rücken nach etwas suchen konnte.
Nach einer weiteren Karte.
Er wandte sich ab, doch der Anblick, der sich ihm jetzt bot, war nicht weniger erschütternd. Sophias Mund schnappte kaulquappenartig auf und zu, und eine kleine Speichelblase wölbte sich vor ihren Lippen. Dann zuckte ihre Zunge nach vorn und zerschlug den filigranen Kokon.
»Toporrrrrr«, nuschelte sie mit verdrehten Augen und rollte das R fast so wie Greta.
»Du armes Kind«, flüsterte die alte Dame, und ihr schossen die Tränen in die Augen. »Du armes, armes Kind.« »Habt ihr was gefunden?«, fragte Caspar erstickt, ohne sich umzudrehen.
»Eine Rätselkarte?«
»Ja.«
»Nein!«, antwortete Tom. »Er hält nichts in den Händen, weder der Pyjama noch sein Morgenmantel haben eine Tasche. Und es liegt auch nichts darauf.«
»Verstehe.« Caspar ging zwei Schritte rückwärts, den Blick weiterhin starr auf Sophias geöffnete Lippen gerichtet, zwischen denen jetzt ihre Zunge unkontrolliert hin und her schlug. Und auch wenn er sich vor sich selbst ekelte, so musste er doch die Frage stellen:
»Habt ihr auch in seinem Mund nachgesehen?«
     

02.22 Uhr
    Sie hatten erst gezögert, unschlüssig, wem die unheimliche Aufgabe zuteil werden sollte. Am Ende war es Caspar selbst gewesen, der ein Paar OP-Handschuhe aus einer Pappschachtel gezogen und übergestreift hatte, bevor er mit tauben Fingern die starren Kiefergelenke auseinanderdrückte. Danach war alles sehr schnell gegangen. Der doppelt gefaltete Zettel hatte wie eine Oblate beim Abendmahl gut sichtbar auf der Oberseite der Zunge gelegen. Als Caspar ihn ablöste, zog er einen gräulichen Speichelfaden hinter sich her.
Er legte ihn auf den Seziertisch ins grelle Licht des verspiegelten Halogenstrahlers. Während er die sekretverschmierten Spitzen seiner latexumhüllten Finger betrachtete, fiel ihm ein, dass er immer noch keine Schuhe trug. Seltsamerweise spürte er die Kälte kaum, vermutlich, weil sein gesamter Körper mittlerweile die Temperatur der Steinfliesen unter den nackten Füßen angenommen hatte.
»Was steht drauf?«, fragte Greta und nickte ihm aufmunternd zu. Anscheinend ging sie davon aus, dass dem Finder auch das Recht des ersten Blicks zustand.
Er entfaltete das kleine Papier, das der Seelenbrecher wieder von einem Rezeptblock abgerissen hatte.
»Man geht durch einen Eingang hinein und kommt durch drei wieder heraus.«
»Was?«
Caspar wiederholte es.
»Verstehe ich nicht.«
»Ist mir auch noch nie untergekommen …«
»Gut, Rückzug, aber dalli …« Schadeck schlug knallend die Hände zusammen und zeigte auf den Ausgang. »Aber ich weiß …«, wollte Greta ansetzen, doch Tom unterbrach sie rüde.
»Sie kennen die Lösung?«
»Nein, noch nicht, aber wenn Sie mich nicht immer unterbrechen würden, könnte ich sie vielleicht herausfinden.« Greta streckte herausfordernd ihr Kinn nach vorne: »Darf ich also ausreden?«
»Bitte, wir haben ja Zeit.«
Sie schenkte dem zynischen Sanitäter ein mitleidiges Lächeln und wandte sich direkt an Caspar.
»Mein Lieber, ich kenne die Gattung dieses Rätsels. Und hat man die erst einmal entschlüsselt, ist der Rest nicht mehr so schwer. Hier zum Beispiel handelt es sich um eine sogenannte Metaphernfrage.«
»Und das heißt …?«
»… dass die Worte in dem Rätsel mehrere Bedeutungen haben«, beantwortete sie Schadecks ungeduldigen Einwurf, ohne ihn dabei anzusehen.
»Es gilt nur die zu erkennen, auf die es ankommt.« Bachmann räusperte sich und trat einen Schritt vor. »Das verstehe ich nicht ganz, Frau Kaminsky.« »Dann erkläre ich es mal an einem Beispiel. Das einzige Metaphernrätsel, das ich kenne, ist dieses hier: ›Man kauft es nur, um es gleich wieder wegzuwerfen.‹« Caspar hörte, wie Tom im Hintergrund »Das darf doch jetzt wohl nicht wahr sein« murmelte, während Greta unbeirrt mit ihrer Einführung in die moderne Rätselkunde fortfuhr.
»Die Vokabel

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