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Der Seelenfänger

Titel: Der Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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ich tun, Dr. Talbot«, sagte der Wächter.
    »Das ist gut«, lobte Preacher. »Gott schütze Sie. Gute Nacht.«
    »Gute Nacht, Dr. Talbot.«
    Preacher wandte sich dem Hauptausgang zu. Er hatte keine Lust, durch die überdachte Passage zum Pfarrhaus zu gehen. Ein bißchen frische Luft war jetzt besser als die klimatisierte Atmosphäre von Churchland. In der Halle hörte er die Klänge eines
    Chorais. Im Auditorium wurde gesungen. Er ging zu einem der Eingänge und spähte hinein.
    Der Wächter an der Tür erkannte ihn und tippte zum Gruß an die Uniformmütze. »Guten Abend, Dr. Talbot«, flüsterte er.
    »Guten Abend, Morris«, gab Preacher ebenso leise zurück. »Eine Menge Leute hier.« Das Auditorium war beinahe voll.
    »Wenn die Auferstehung auf dem Programm steht, kommen immer sehr viele«, sagte der Wächter. »Mehr als dreißig Busse sind auf dem Parkplatz.«
    »Ja, natürlich«, murmelte Preacher. »Ich hatte ganz vergessen, daß wir heute Donnerstag haben.«
    Jeden Donnerstag führte die Laienspielgruppe ein Theaterstück auf. Das Repertoire bestand aus insgesamt zehn Stücken, in denen wichtige Episoden aus der Heilsgeschichte dramatisiert wurden. Das gleiche Material wurde auch auf den Videobändern verwendet, die an die Tochtergemeinden verschickt wurden. Zur Zeit war gerade Pause, und während der Chor sang, gingen die Kollektenteller herum.
    »Ich freue mich immer, wenn ich an den Tagen Dienst habe, an denen Theater gespielt wird«, flüsterte Morris. »Ich finde es wirklich phantastisch, wie all diese Wunder auf offener Bühne passieren. Ich meine, ich weiß natürlich, daß es eine Menge Maschinen und Tricks gibt, aber trotzdem.«
    Preacher lächelte. »Vergessen Sie nicht, daß Jesus all diese Wunder tatsächlich vollbracht hat. Und er hatte keine Tricks und keine Maschinen.«
    »Das stimmt«, nickte der Wächter. »Das waren wirkliche Wunder.«
    »Gute Nacht«, sagte Preacher. »Gott segne Sie, Morris.«
    Er trat ins Freie hinaus, sog die kühle Nachtluft tief in die Lungen und spürte, wie seine Tatkraft zurückkehrte. Auf dem Weg zum Pfarrhaus machte er einen langen Umweg an den end-losen Reihen geparkter Busse vorbei und den Hügel hinter den Häusern hinauf.
    Im Pfarrhaus ging Preacher sofort ins Arbeitszimmer hinauf. Er stellte seinen Aktenkoffer auf den Schreibtisch und warf dann einen Blick ins Kinderzimmer. Es war leer. Vielleicht saßen Jane und die Kinder bereits beim Abendessen. Aber auch im Speisezimmer war niemand, noch nicht einmal der Tisch war gedeckt. Preacher nahm den Telefonhörer ab und drückte den Knopf für das Hausmädchen. »Wo ist Mrs. Talbot?« fragte er.
    »Ich weiß es nicht, Sir«, sagte das Mädchen. »Sie sind noch nicht wieder da. Dabei müßten die Kinder längst schlafen. Ich hab mir schon Sorgen gemacht.«
    »Hat Ihnen meine Frau nicht gesagt, wo sie hingeht?«
    »Ich war nicht da«, sagte sie. »Ich hatte frei heute morgen.«
    »Vielleicht sind sie zu meinem Schwiegervater gefahren«, sagte Preacher leichthin. »Sie kennen ihn ja. Er will sie nie weggehen lassen. Wahrscheinlich hat er sie genötigt, zum Essen zu bleiben. Machen Sie sich keine Sorgen, ich rufe gleich mal dort an.«
    »Jawohl, Sir. Soll ich Ihnen etwas zu essen machen?«
    »Ja, bitte. Ich werde gleich im Arbeitszimmer essen. Bringen Sie es bitte dorthin.«
    Preacher rief die Ranch an. Der Butler meldete sich. »Kann ich Mr. Randle sprechen?«
    »Tut mir leid, Dr. Talbot. Der alte Herr schläft schon.«
    »Wann ist meine Frau denn gegangen?« fragte Preacher.
    »Mrs. Talbot?« Die Überraschung in der Stimme des Butlers war unüberhörbar. »Mrs. Talbot war den ganzen Tag noch nicht hier.«
    Preacher legte den Hörer auf und starrte das Telefon an. Wo konnte Jane sein? Er rief die Garage an. »Ist Mrs. Talbots Mercedes da?« fragte er.
    »Nein, Sir«, sagte der Wächter.
    »Ist jemand da, der gesehen hat, wie sie wegfuhr?«
    »Tut mir leid, Sir. Ich bin der Nachtwächter. Ich komme erst abends um acht. Die Mechaniker sind alle schon weg.«
    Preacher legte den Hörer auf und ging langsam ins Schlafzimmer. Nirgends war eine Nachricht zu sehen. Auch auf dem kleinen Tisch im Flur lag kein Brief und kein Zettel.
    Während er noch suchte, klingelte plötzlich das Telefon. Preacher rannte rasch in sein Zimmer zurück und riß den Hörer ans Ohr. »Hallo? Jane?«
    »Ja«, sagte sie.
    »Wo bist du? Ich mache mir Sorgen. Dein Wagen ist nicht in der Garage, und ich dachte schon, du hättest einen Unfall

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