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Der Seelenfänger

Titel: Der Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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gehabt.«
    »Nein«, sagte Jane. »Uns geht es gut.«
    »Und wo seid ihr?«
    »In Dallas«, erwiderte sie. »Bei Tante Jenny.«
    Plötzlich wurde er wütend. »Was zum Teufel macht ihr in Dallas?«
    »Ich habe es nicht länger ausgehalten in Churchland«, sagte Jane. »Ich mußte mal raus. Ich mußte mal Luft holen.«
    »Luft holen!« schnaubte Preacher empört. »Und warum hast du die Kinder mitgenommen?«
    Jane schwieg für einen Moment. »Wir kommen nicht wieder.«
    »Das gibt’s doch nicht«, sagte Preacher ungläubig. »Das kannst du nicht machen!«
    »Ich hab’s schon getan.«
    »Das kannst du nicht machen«, wiederholte Preacher. »Wir müssen wenigstens darüber reden.«
    »Ich bin doch nicht verrückt. Ich kenne deine Seelenmassage.
    Ich habe es zu oft bei anderen Leuten gesehen, wie du arbeitest. Ich wäre nie weggekommen. Aber mich köderst du nicht mehr.«
    »Hast du dir nicht überlegt, daß du vielleicht deshalb nicht weggefahren wärst, weil es falsch ist? Weil du weißt, daß es ein Unrecht ist, Jane?«
    »Gib dir keine Mühe«, sagte sie. »Ich höre gar nicht mehr zu. Ich habe mich nun einmal entschlossen. Ich rufe gleich morgen das Hausmädchen an und bitte sie, uns sämtliche Kleider zu schicken.«
    »Das kommt überhaupt nicht in Frage«, sagte er. »Ich komme nach Dallas und hole dich ab.«
    »Das tust du ja doch nicht«, sagte sie müde. »Morgen früh gibt es bestimmt etwas viel Wichtigeres, was du tun mußt.«
    »Ich komme, verlaß dich drauf«, sagte er, aber die Leitung war tot. Jane hatte eingehängt.
    Preacher starrte immer noch auf den Hörer, als das Hausmädchen mit einem Tablett kam. »Haben Sie Mrs. Talbot erreicht?« fragte sie.
    »Ja«, sagte er knapp.
    »Ist alles in Ordnung?« fragte das Mädchen beunruhigt.
    »Völlig«, erwiderte er. »Sie hat sich überraschend entschlossen, nach Dallas zu ihrer Tante zu fahren.«
    Das Mädchen sah ihn verblüfft an. Dann nickte sie. »Ich freue mich, daß ihr nichts zugestoßen ist«, sagte sie und ging zurück in die Küche.
    Preacher starrte sein Essen mißmutig an, dann schob er den Teller beiseite. Er hatte keinen Hunger mehr. Er würde morgen gleich in aller Frühe losfliegen, dann war seine Familie bestimmt bereits gegen Mittag wieder zu Hause.
    Nachdem er diesen Entschluß gefaßt hatte, wurde er wieder ganz ruhig. Er klappte sein Aktenköfferchen auf, nahm eine Mappe mit der Aufschrift »Dringend« heraus und blätterte in
    den Papieren, die darin lagen. Wenn er das alles noch durcharbeitete, konnte es die Sekretärin morgen früh allein fertigmachen.

Zehntes Kapitel
    Als Lincoln zwei Stunden später anrief, saß Preacher immer noch am Schreibtisch und las die Berichte. »Es klappt!« rief Lincoln begeistert. »Sie werden mitmachen. Wir haben bis eben verhandelt, jetzt sitzen die Rechtsanwälte über einem Vertragsentwurf, den sie uns morgen vorlegen wollen.«
    »Gratuliere«, sagte Preacher. »Die beiden bedeuten bestimmt einen Gewinn für die Kirche. Sie sind sowohl bei den Baptisten als auch bei den Methodisten, Presbyterianern und den Episkopalen beliebt. Sie haben überall Fans.«
    »Die Sache hat allerdings noch einen winzigen Haken«, sagte Lincoln. »Sie wollen den Vertrag nicht unterschreiben, ehe sie nicht mit Ihnen persönlich gesprochen und Sie alles bestätigt haben, was ich Ihnen zugesagt habe.«
    »Ich freue mich darauf, sie zu sehen«, sagte Preacher. »Bringen Sie sie doch einfach im Flugzeug mit, wenn Sie morgen zurückkommen.«
    »Das geht leider nicht«, sagte Lincoln. »Sie müssen morgen abend in der Crystal Cathedral bei Bob Shuller auftreten. Wenn Sie den Vertrag zur Vorstandssitzung mitbringen wollen, müssen Sie schon selbst nach Los Angeles kommen.«
    »Das geht unmöglich«, erwiderte Preacher. »Ich muß morgen früh in Dallas sein und komme erst abends wieder zurück.«
    »Können Sie das nicht verschieben?« fragte Lincoln. »So wichtig kann es doch wirklich nicht sein.«
    Preacher schwieg. Lincoln hatte natürlich recht. Aber Jane hatte auch recht. Andererseits mußte die Kirche Vorrang haben vor dem Privatleben. Er war schließlich Pastor, und eine Pastorenfrau mußte das einsehen. Vielleicht war es gar nicht so gut, wenn er jetzt sofort hinter Jane herjagte, solange sie noch so wütend und aufgeregt war. Vielleicht würde es gar nicht schaden, wenn sie erstmal allein blieb und sich beruhigen konnte. Dann mochte ihr womöglich auch das Leben in Churchland nicht mehr so unerträglich erscheinen.

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