Der Seelenfänger
wenn wir nicht verkaufen wollen?«
»Das steht Ihnen natürlich frei«, sagte Walton. »Aber ich möchte Sie darauf hinweisen, daß der Darlehensausschuß unserer Bank jetzt sehr strenge Maßstäbe anlegen muß. Ich bin gehalten, sorgfältig darauf zu achten, daß Zinsen und Tilgungen pünktlich bezahlt werden. Ich kann keine weitere Rücksicht mehr nehmen.«
Preacher stand unsicher auf und sah auf den Bankbeamten herunter, der gelassen hinter dem Tisch sitzenblieb. »Wir wollen nichts Böses, Mr. Walton. Wir wollen nur in Frieden leben und arbeiten. Wir fallen niemand zur Last.«
Walton blickte zur Tür, als ob er sich überzeugen wollte, daß sie auch zu sei. »Das weiß ich doch, Mr. Talbot«, sagte er leise. »Aber ich kann wirklich nichts tun. Mir sind die Hände gebunden.«
Preacher nickte, ohne etwas zu sagen. Dann ging er zur Tür. Er hatte die Klinke bereits in der Hand, als Walton ihn noch einmal stoppte. »Denken Sie an das, was ich gesagt habe, Mr. Talbot. Wenn Sie sich dazu entschließen sollten, den Besitz zu verkaufen, kann ich Ihnen jederzeit ein paar Interessenten nennen.«
»Das werde ich tun, Mr. Walton. Ich danke Ihnen«, sagte Preacher und schloß die Tür hinter sich.
Der Magistratsbeamte im Rathaus war äußerst herablassend. »Natürlich können Sie Einspruch gegen die Entscheidung der Stadträte einlegen, aber es wird Ihnen nichts nützen. Die Herren haben sich längst ihre Meinung gebildet.«
»Ich möchte aber trotzdem gehört werden«, sagte Preacher bestimmt.
»Wenn Sie meinen. Ich kann Ihren Fall ja für die Tagesordnung der nächsten Sitzung vormerken lassen, die in knapp vier Wochen stattfindet.«
»Und früher kann man nichts unternehmen?« fragte Preacher.
»Der Stadtrat tritt nur einmal pro Monat zusammen«, erklärte der Beamte. »In diesem Monat hat er bereits getagt.«
Niedergeschlagen ging Preacher hinaus auf den Parkplatz. Zwei Polizisten standen neben dem Dodge. Einer von ihnen hatte ihm gerade ein Strafmandat unter den Scheibenwischer geklemmt. Preacher nahm es an sich. Widerrechtliches Parken wurde ihm darauf vorgeworfen.
»Was soll das?« fragte er die Polizisten. »Ich habe doch Geld in die Parkuhr gesteckt.«
Der Polizist zeigte auf ein Schild an der Einfahrt: »NICHT FÜR LASTWAGEN«. Preacher sah sich ungläubig um. Auf dem Parkplatz standen mehr als fünf Lieferwagen, und keiner davon hatte ein Strafmandat an der Scheibe.
»Wieso dürfen die denn hier parken und ich nicht?« fragte Preacher.
»Zu denen kommen wir schon noch«, sagte der Polizist mit unbewegtem Gesicht.
»Und Sie werden denen auch Strafzettel verpassen?«
Der Polizist nickte. »Sicher. Jetzt machen wir allerdings erst einmal Mittag.« Er blickte demonstrativ auf die Uhr.
Schweigend setzte sich Preacher hinter das Lenkrad. Während er auf die Straße einbog, beobachtete er im Rückspiegel, wie die beiden Polizisten ihm nachsahen. Am Armaturenbrett leuchtete ein Warnlämpchen, das signalisierte, daß der Tank fast leer war. Er hielt bei der Tankstelle, an der sie Stammkunden waren. »Hallo, Mike«, sagte er, als der Tankwart aus seinem Büro kam. »Machst du ihn mir bitte voll?«
»Mach ich, Preacher«, sagte der Mann und ging zur Zapfsäule, wo er zögerte. »Zahlst du bar?«
»Wenn du willst«, sagte Preacher. »Warum fragst du? Wir hatten doch immer ein Konto bei euch.«
»Ach, das sind neue Bestimmungen«, sagte Mike und kratzte sich verlegen am Kopf. »Die privaten Kundenkonten sind abgeschafft worden. Es kann jetzt nur noch mit Kreditkarten oder mit Bargeld bezahlt werden.« Er steckte den Zapfhahn in den Tankstutzen, stellte ihn auf Automatik und wandte sich wieder an Preacher. »Soll ich mal unter die Haube sehen?«
Preacher schüttelte den Kopf. »Da ist alles in Ordnung.«
Mike ging zum Wagen zurück und wartete, bis die Tankuhr sich abstellte. »Acht Dollar dreißig.«
Schweigend gab ihm Preacher zehn Dollar und ließ sich das
Wechselgeld geben. Der Mann bedankte sich und wollte sich abwenden. »Gute Fahrt, Preacher!«
Preacher blieb stehen. »Mike, wir sind doch immer gute Freunde gewesen. Vielleicht kannst du mir sagen, was plötzlich hier los ist?«
Mike war sichtlich verlegen. »Ich weiß selbst nicht genau, Preacher.«
»Ich rede mit niemand darüber. Du kannst es mir ruhig erzählen.«
Mike sah sich vorsichtig um. Seine Stimme sank zu einem Flüstern herab. »Es ist wegen dieser Sache mit Manson. Alle haben jetzt plötzlich Angst. Ihr lebt nun mal da draußen
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