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Der Seelenfänger

Titel: Der Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Fluß«, sagte Woden.
    »Alles klares, sauberes Wasser. Könnten Sie daraus nicht Ihren Jordan machen?«
    »Und wie soll ich die Leute aus dem Zelt hinunter zum Fluß bringen? Die haben doch alle ihre schönsten Kleider und Sonntagsanzüge an und wollen bestimmt nicht in irgendwelche Flüsse getaucht werden.«
    »Da wüßte ich schon eine Lösung«, sagte Woden. »Wir brauchen das Publikum gar nicht. Wenn Sie zunächst mal die Mädchen zum Fluß führen und mit dem Taufen beginnen, sorge ich dafür, daß fünfzig oder hundert Schauspieler und Schauspielerinnen in der Menge mitgehen, ins Wasser tauchen und von Ihnen getauft werden. Das sieht ganz spontan und natürlich aus, und Sie werden staunen, was dann kommt. Dann gehen nämlich auch die anderen Leute ins Wasser, und Sie können mehr Leute taufen, als Sie jemals gedacht hätten.«
    Preacher schwieg ablehnend. »Aber das wäre nicht ehrlich, Mr. Woden. Diese Schauspieler suchen doch gar nicht das Heil.«
    »Woher wissen Sie das, Reverend?« fragte Woden. »Wir sagen ihnen zwar, was sie tun sollen, aber wenn sie es tatsächlich tun, dann ist das immer noch ihre eigene Entscheidung. Und wenn sie sich taufen lassen, vielleicht suchen sie dann tatsächlich das Heil! Auch wenn es ihnen gar nicht bewußt ist.«
    Preacher blieb stumm.
    Lincoln wischte mit der Hand durch die Luft. »Diese Sendung kostet Mr. Randle eine Menge Geld, Reverend. Er setzt ganz auf Sie. Aber Sie können so gut sein, wie Sie wollen, Reverend, das allein genügt nicht. Wenn die Leute jede Woche Ihren Gottesdienst einschalten sollen, dann brauchen wir ein Superfinale. Es gibt keine Show, die ohne Finale auskommt; denn das bringt die Zuschauer in der nächsten Woche zurück. Und diese Massentaufe, Reverend, das können Sie mir glauben, das ist ein Superfinale!«
    »Ich weiß nicht, Mr. Lincoln«, gab Preacher zurück. »Ich möchte eigentlich nichts tun, was Gottes Wort irgendwie billig machen könnte.«
    »Aber das tut es doch gar nicht, Reverend. Glauben Sie mir, das Ganze wird auf dem Bildschirm wie eine überwältigende Glaubensdemonstration wirken«, sagte Lincoln gedehnt.
    Preacher zögerte.
    »Ich habe eine Idee«, sagte Woden. »Wie wäre es, wenn ich morgen mal fünfzig Leute mitbringen würde und wir versuchen es einfach. Wenn wir uns die Aufzeichnung ansehen, merken wir schon, wie es wirkt. Wenn es nicht hinhaut, dann lassen wir’s eben.«
    Preacher sah ihn einen Augenblick unschlüssig an, dann nickte er schließlich. »Das können wir machen. Aber wenn es mir nicht gefällt, dann kommt es auch nicht in die Sendung.«
    »Natürlich nicht«, sagte Woden. »Sie sind der Boß.«
    Preacher sah Lincoln unsicher an. »Ist sonst noch etwas?«
    »Nein«, sagte Lincoln. »Das wäre im Augenblick alles. Wenn sich noch irgendwas ergeben sollte, sage ich Ihnen Bescheid.«
    »Dann gehe ich jetzt zu meinem Wagen zurück«, sagte Preacher.
    »Denken Sie bitte daran, Beverly zu sagen, daß sie uns den Text Ihrer Predigt gibt, sobald sie damit fertig ist«, rief Bailey.
    »Ich kümmere mich darum«, sagte Preacher. Er wandte sich ab und ging hinaus auf den Platz.
    Joe war ihm gefolgt. »Na, was hältst du davon, Preacher?«
    »Ich finde, die sind verrückt«, sagte Preacher.
    »So schlecht ist die Sache nun auch wieder nicht«, protestierte Joe. »Jedenfalls nicht schlimmer als die vorgetäuschte Bekehrung von Tarz mit all den Schlägen und seinem Gewimmer.«
    Preacher blieb stehen und drehte sich um. »Du verstehst einfach nicht, was ich meine. Ich sag ja nicht, daß es mir nicht gefällt. Wahrscheinlich ist es tatsächlich das Größte, was bei der Übertragung eines Gottesdienstes je gezeigt wurde. Ich hoffe bloß, sie kriegen es hin. Trotzdem halte ich die samt und sonders für völlig verrückt.«
    »Okay, Reverend«, sagte Woden. »Ich weiß, daß Sie das alles schon hundertmal gemacht haben. Aber jetzt ist die Kamera dabei, da sprechen wir es lieber noch einmal durch. Also: Wenn die Zeltklappe hochgeht, kommen Sie rein. Mit der Bibel in der Hand. Sie sehen nicht nach oben oder nach unten und auch nicht zur Seite, sondern einfach geradeaus. Die Kamera fährt vor Ihnen her. Aber sie sehen bitte nicht direkt in die Linse, sondern über die Linse hinweg. Achten Sie auf die Kreidemarkierungen am Boden, damit sie nicht aus dem Bild entschwinden. Die Stufen gehen Sie langsam hinauf, dann legen Sie die Bibel auf die Kanzel, sehen Ihr Publikum an und beginnen mit der Begrüßung: >Ich heiße Sie im Namen

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