Der Seelenfänger
unseres Herrn Jesus Christus willkommen, und so weiter und so forte. Alles klar?«
Preacher nickte.
Der Regisseur verschwand hinter der Zeltklappe. Dann rief er von innen: »Los!«
Die Klappe ging hoch, und Preacher trat ein. Er ging bewußt langsam und beachtete alles, was man ihm gesagt hatte. Schließlich begann er zu sprechen: »Ich heiße Sie.«
»Okay, stop!« rief Woden. »Sehr gut.« Er wartete einen Moment, dann trat eine Assistentin heran und sagte ihm etwas ins Ohr. Woden sah noch einmal zu Preacher hinauf. »Das war hervorragend, Reverend, aber es gibt noch ein kleines Problem. Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir Sie etwas schminken? Auf dem Monitor wirken Sie viel zu blaß.«
Preacher zog die Augenbrauen hoch. »Muß denn das sein?«
»Kommen Sie her, und sehen Sie selbst«, sagte der Regisseur.
Preacher sprang von der Bühne herunter und folgte Woden zu dem wuchtigen Monitor, den die Fernsehleute neben dem Podium aufgestellt hatten. »Okay«, sagte Woden. »Laßt die Aufzeichnung laufen.«
Testbilder und Ziffern flimmerten über den Schirm, dann war Preacher zu sehen. Er sah sich zum erstenmal auf der Mattscheibe. Ein eigenartiges Gefühl. Er hatte gar nicht gewußt, daß seine Haut so käseweiß war. »In Wirklichkeit bin ich aber nicht so blaß«, sagte er.
»Die Kameras zeichnen auch Hauttöne auf, die wir mit unbewaffnetem Auge nicht sehen«, erläuterte Woden. »Ein ganz natürlicher Effekt. Das kann man mit ein bißchen Make-up ohne weiteres abdecken.«
»Geht in Ordnung«, sagte Preacher. »Wann ist denn das Videoband fertig, das wir heute morgen gemacht haben? Sie haben doch gesagt, wir könnten es gleich anschließend sehen?«
»Das haben wir ein bißchen zurechtschneiden müssen«, sagte Woden. »Die Kleider der Mädchen waren zum Teil etwas durchscheinend. Aber in zehn Minuten sind wir sicherlich fertig. Wenn Sie inzwischen in Ihren Wohnwagen gehen, kann ich Sie rufen.«
Preacher nickte. Er wußte, worauf der Regisseur anspielte. »Durchscheinend« war nicht ganz das richtige Wort. Wenn die Mädchen in den nassen Kleidern aus dem Wasser herauskamen, sahen sie praktisch nackt aus. Er hatte es gleich heute morgen bemerkt, aber er hatte es wieder vergessen, als die Schauspieler in den Fluß gestürmt waren, um sich taufen zu lassen. Die Begeisterung der Leute hatte ihn selbst mitgerissen. Es war unglaublich realistisch gewesen. Jetzt noch klang es ihm in den Ohren: »Lobet den Herrn! Ich bin wiedergeboren! Erlösung! Ich danke dir, Jesus, mein Herr!«
»Gut. Ich warte im Wagen auf Sie.« Er ging hinaus auf den Platz.
Eine Frauenstimme rief hinter ihm her. »Reverend Talbot.«
Preacher sah auf. »Ja, Miß Dawson? Kann ich etwas für Sie tun?«
»Die Bänder für den automatischen Anrufbeantworter sind fertig«, sagte sie. »Wollen Sie mal hören, ob es Ihnen gefällt?«
»Ja, gern.«
»Können wir irgendwo hingehen, wo es ein bißchen ruhiger ist?«
»In meinen Wohnwagen«, sagte er. »Da wollte ich sowieso gerade hin.«
Die junge Frau folgte ihm. »Sehr hübsch«, sagte sie und musterte flüchtig die Einrichtung.
»Nichts Besonderes«, gab er zu. »Aber ein anderes Zuhause habe ich nicht.« Er führte sie in das Wohnzimmer. »Sie können das Bandgerät da auf den Tisch stellen.«
»Sie wissen ja, wie es funktioniert«, sagte sie. »Wenn das Telefon klingelt, wird automatisch das Band abgespielt, dann gibt der Computer den Anruf an eine der Assistentinnen weiter.«
»Ja, das ist mir erklärt worden.« Mit der Telefonaktion sollte die Resonanz beim Publikum kontrolliert werden. Während der Sendung würden die Zuschauer immer wieder aufgefordert werden, eine bestimmte Telefonnummer anzurufen. Wenn sie ihren Namen, ihre Adresse und ihr Geburtsdatum angaben, würde ihnen Reverend C. Andrew Talbot einen Brief schicken, der die Namen von fünf berühmten Amerikanern mit demselben Geburtsdatum und ein ganz persönliches Gebet enthielt. All das sollte völlig kostenlos sein. Der Anrufer brauchte kein Geld zu überweisen, er mußte nichts kaufen, sogar der Anruf beim Sender war frei.
Miß Dawson drückte eine Taste, und Preachers Stimme kam aus dem Lautsprecher. »Guten Tag, hier spricht Reverend C. Andrew Talbot von der Gottesgemeinde, Kirche der amerikanischen Christen, ich möchte mich im Namen unseres Herrn Jesus Christus für Ihren Anruf bedanken. Wenn Sie jetzt bitte einen Augenblick warten, gebe ich das Gespräch an eine meiner Assistentinnen weiter, die Ihren Namen und
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