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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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hinein.
    Es war ein Freitag; der dreiundzwanzigste Tag im Monat Juni im Jahr des Herrn 1385.

2
    Dafür, dass die Sonne noch lange nicht im Zenit stand, war es bereits ungewöhnlich heiß. Die Nässe der vergangenen Nacht war im Verdampfen begriffen, die angenehme Kühle des frühen Morgens einer drückenden Schwüle gewichen. Auf den beiden Reitern, die an diesem Vormittag auf dem Weg in die Buchau waren, lastete sie wie eine schwere, feuchtwarme Decke, die ihnen den Schweiß aus allen Poren trieb.
    „Sag, Bertram, was macht dich so schweigsam? Ist es die Schwüle, oder habe ich dich gestern Abend zu spät aufs Lager geschickt?“
    Wolf von der Klause, ein hochgewachsener, kräftig gebauter Mann mit schwarzem Bart und auffällig blauen Augen, hatte seinen Rappen zum Stehen gebracht und sah über die Schulter hinweg schmunzelnd nach hinten.
    Der Junge, der ihm in einigem Abstand auf einem Fuchs folgte und seinen Kopf bis jetzt tief über den Hals des Pferdes gebeugt hatte, richtete sich entrüstet auf.
    „Zu spät aufs Lager? Von wegen, ich bin wach wie eine Kaulquappe im Tümpel, wenn’s regnet.“
    Wolf von der Klause lachte. Der Vergleich gefiel ihm.
    „Dann sag mir wenigstens, worüber du nachdenkst.“
    Bertram grinste. „Ihr wisst also, dass ich nicht müde bin, sondern nachdenke. Warum tut Ihr dann so, als ob Ihr es nicht wüsstet?“
    Erneut lachte Wolf. „Ich gebe mich geschlagen. Du hast mich durchschaut. Also – worüber denkst du nach?“
    Bertram zögerte. Wieder grinste er. „Ich denke darüber nach, wie Ihr Euch als Ehemann ausnehmen würdet. Das Fräulein, das wir gestern im Gästehaus des Klosters trafen, Ihr wisst schon, die mit dem Adlerzinken“, er fasste sich an die Nase und machte eine ausladende Geste, „wäre die nicht etwas für Euch?“
    Wolf war verblüfft.
    Jetzt war es an Bertram, schallend zu lachen. „Verzeiht, Wolf, aber … aber wenn Ihr jetzt … wenn Ihr jetzt Euer Gesicht sehen könntet …“, prustete er.
    Die Verblüffung in Wolfs Miene verwandelte sich in ein Schmunzeln. Dann brach es auch aus ihm heraus, und er fiel in das Gelächter des Jungen mit ein.
    „Du meinst also, ich sollte heiraten“, erwiderte er. „Nun, gut, Hauptsache, sie hat hiervon genug.“ Er klopfte mit der Rechten an den Beutel, den er am Sattel hängen hatte und in dem er Geld und andere Utensilien aufbewahrte, die ihm wichtig waren. „Damit sie mich ordentlich ernähren kann“, fügte er hinzu.
    Scherzend ritten sie weiter, doch mit der zunehmenden Hitze verging ihnen die Lust am Plaudern; immer öfter mussten sie sich den Schweiß aus Stirn und Nacken wischen.
    Während sie ihrem Ziel immer näher kamen, dachte Wolf von der Klause an die Zeit zurück, als er vor dreizehn Jahren das erste Mal auf diesem Weg geritten war. Mitten im Winter war er damals in dieser Gegend aufgetaucht und hatte sich irgendwo in einem der unzähligen, schier unzugänglichen Waldlabyrinthe niedergelassen.
    Wie ein einsamer, verirrter Wolf.
    Anfänglich war man ihm mit einer gehörigen Portion Misstrauen begegnet. Hier im Tal der Enns war den Menschen alles Fremde zunächst suspekt. Alles, was sie nicht sofort in die Truhen und Kisten ihres einfachen Denkens einordnen und ablegen konnten, erschien ihnen nicht geheuer. Doch im Laufe der Jahre hatte sich ihr Misstrauen gelegt, und nicht nur das: An seine Stelle war sogar wachsende Sympathie getreten.
    Das hatte durchaus handfeste Gründe. Denn so zurückhaltend und knapp an Worten Wolf im Umgang mit den Leuten auch war, so bereitwillig bot er ihnen seine Hilfe an, wenn er sie von unmittelbarer Not betroffen vorfand. Stand und Herkunft spielten dabei keine Rolle. Manch einer aus dem Tal verdankte ihm sogar das Leben.
    So wie Otto Metschacher, der Prior im Benediktinerstift zu Admont.
    An einem Wintertag, während eines Rittes durch den Wald, war Ottos Pferd auf dem hart gefrorenen Pfad gestürzt und hatte seinen Reiter unter sich begraben. Eingeklemmt unter dem Gaul, der sich nicht mehr erheben konnte, hatte der Geistliche aufgrund rasender Schmerzen, klirrender Kälte und der Tatsache, dass er sich weit entfernt von jeglicher menschlicher Behausung befand, bereits mit seinem Leben abgeschlossen.
    Dann war Wolf gekommen – ein glücklicher Zufall – und hatte sich seiner angenommen. Er hatte ihn unter dem Tier hervorgezogen, fürs Erste seine Wunden versorgt und ihm das gebrochene Bein geschient. Hatte ihn aufs Pferd gehievt und ins Stift zurückgebracht. Der Prior

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