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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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Zorn. Offensichtlich hatten sie wieder zugeschlagen. Doch was, zum Teufel, hatten sie denn geglaubt, bei einem einfachen Köhler finden zu können, bei dem es, weiß Gott, nichts zu holen gab. Warum mussten sie Arnulf töten? Warum Agnes? Warum …?
    Er blickte auf.
    „Mein Gott“, murmelte er bebend, „oh, mein Gott – nein.“
    Schwindel ergriff ihn, dennoch drang er einige Schritte weiter vor, zwang sich, zu sehen, was er bereits wusste.
    Auf der rechten Seite, im hinteren Teil der Behausung, auf ihrer hölzernen Bettstatt in ihrem Blut liegend, fand er Anna, die Augen friedlich geschlossen, als ob sie schliefe. Ihr Leibchen war blutdurchtränkt. Offensichtlich hatte ein gezielter Stich ins Herz ihrem Leben ein Ende gesetzt. Das gleiche bei Paul. Er schlief dort, wo Bertram sonst seinen Schlafplatz hatte. Beide hatten noch die Schaffelle über ihre Unterkörper gebreitet, der Tod war verhältnismäßig schnell und barmherzig – wahrscheinlich während des Schlafs – über sie gekommen.
    In panischer Hast wandte sich Wolf nach links. Dort befand sich, wie er wusste, durch eine Bretterwand vom übrigen Raum getrennt, das Lager Tassilos. Und dort fand er auch ihn. Mit eingeschlagenem Hinterhaupt, bäuchlings, mit dem Gesicht nach unten; die Arme hingen seitlich schlaff herunter. Im Gegensatz zu den anderen war er fast vollständig angekleidet. Auch hier überall Blut. Blut auf dem Boden. Blut auf dem hölzernen Bretterverschlag. Blut, das durch das grobe Laken aus Hanf gedrungen und in das sich darunter befindende Stroh gesickert war.
    Heftig atmend versuchte Wolf, die aufsteigende Übelkeit niederzuringen. Immer noch sträubte sich sein Bewusstsein verzweifelt, das Furchtbare zur Kenntnis zu nehmen. Er stolperte durch das Halbdunkel des Raumes, vorbei an der ummauerten Feuerstelle, die während des Winters Wärme spendete, hinüber auf jene Seite, auf der ein Holzladen eine kleine Fensteröffnung verschloss. Er stieß den Riegel zurück und klappte den Laden auf. Helles Tageslicht strömte in die Hütte und offenbarte gnadenlos das vollständige Ausmaß des Grauens.
    Die leblosen Körper. Das Blut. Die Schmeißfliegen.
    Jetzt erst begriff Wolf die volle Tragweite dessen, was geschehen war. Er brach in die Knie, fassungslos, hilflos. Stöhnend schlug er die Hände vors Gesicht – und plötzlich wurde ihm bewusst, dass er weinte, weinte, wie ein kleines Kind …
    … ein Kind! Er fuhr auf. Der Junge schoss ihm in den Sinn. Er durfte nicht sehen, was hier geschehen war. Alles, nur das nicht. Er würde, er musste es zwar erfahren, aber er sollte es wenigstens nicht sehen müssen. Wolf schnellte hoch, stürzte zum Eingang …
    Bertram!
    Fast schlagartig hatte er die Tür aufgestoßen. Mit kurzem heftigem Druck, ungeduldig, ahnungsvoll.
    Wolf erstarrte.
    Bewegungslos verharrte der Junge im Türrahmen. Seine kräftige Gestalt warf einen dunklen Schatten ins Innere der Hütte.
    Er sah Wolf an … blickte an ihm vorbei … sah ihn wieder an. Ließ dann die weit aufgerissenen Augen langsam über das Bild des Grauens wandern, auf dem wie zum Hohn das Sonnenlicht tanzte.
    Die entseelten Körper. Das Blut. Die Schmeißfliegen.
    Er sah all dies. Aber er begriff es nicht. Noch nicht.
    Bis zu dem Moment, da Wolf sich bewegte und auf ihn zuging. Jetzt erst löste sich die Starre des Jungen. Jetzt erst begann er zu begreifen.
    Schock und Schmerz ließen ihn zuerst unartikuliert stammeln – dann brach es aus ihm heraus.
    „Neeeiiiin!“ Mit einem Schrei, der Wolf bis ins Mark traf, warf sich der Junge auf den leblos daliegenden Vater. Kniend barg er den Kopf Arnulfs in seinen Händen, drückte ihn fest an sich, küsste verzweifelt die blutige Stirn, während er seinen Schmerz und seine Verzweiflung laut hinausschrie.
    Rasch trat Wolf hinter ihn. Umfasste ihn mit beiden Armen und drückte ihn an sich. Versuchte, ihn zu beruhigen, aus der Hütte zu ziehen. Vergeblich. Die Kraft des Schmerzes, ungleich größer als die Kraft der Vernunft, ließ es nicht zu. Bertram riss sich los, stürzte dorthin, wo die Mutter lag, warf sich abermals nieder, streichelte ihr Haar, küsste die kalte Stirn und den leicht geöffneten Mund, warf schreiend den Kopf hin und her und schluchzte immer wieder „Mutter! Mutter!“. Und wieder war Wolf hinter ihm und legte seine Arme um ihn, diesmal fester, wie eiserne Klammern. Lange hielt er ihn so an sich gepresst, wiegte ihn hin und her, wie ein kleines Kind. Bis der Junge, von Weinkrämpfen

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