Der Seerosenteich: Roman (German Edition)
teilnehmen, die ihr zu Ehren veranstaltet wurden, es war ein nicht enden wollender Kreislauf, alles wiederholte sich, in ihrem Leben gab es nur noch zwei Jahreszeiten, deren Händlerin sie geworden war: Frühlingsommer und Herbstwinter. Wofür diese Anstrengungen? Lohnte sich dieses Leben überhaupt? Wo war sie selbst geblieben auf dieser langen Reise in den Ruhm? Sie wußte keine Antwort.
Deprimiert stand sie auf, ging an das Rollbureau, das seit dem Umzug in dieses Penthouse nun im Schlafzimmer stand, und suchte nach Tabletten, die ihr die innere Ruhe wiedergeben sollten. Als sie keine fand, wählte sie eine interne Telefonnummer. Elena kam an den Apparat, und Isabelle bat sie, ihr Tabletten zu besorgen. Die Haushälterin versprach, sich an den Arzt zu wenden, der seit längerem für diesen Teil in Isabelles Leben zuständig war. Eine Stunde später hatte sie, was sie brauchte.
Ein paar Tage darauf meldete sich Peter Ansaldi bei ihr, entschuldigte sich auf seine Art und trug ihr vor, daß er bereits einen Termin mit den Vertretern einer amerikanischen Kosmetikfirma gemacht habe, die ihren deutschen Sitz in der Nähe von Frankfurt hatte und geradezu wild darauf war, wie Peter erklärte, den Namen Belle Corthen «zu verditschen».
Isabelle redete mit ihrer engsten Vertrauten über dieses Thema. Sie und Patrizia hatten sich abends in ihrem Penthouse verabredet, um außerhalb der Geschäftszeit und in Ruhe ein paar Dinge durchsprechen zu können. Elena hatte frei. Sie hatte ihnen Hühnchen-Sandwiches zubereitet, einen Obstsalat in die Küche gestellt und Getränke gekühlt. Für Patrizia lagen ein paar ihrer Lieblingssüßigkeiten in einer Silberschale auf dem Eßtisch.
«Bei dir ist alles immer so perfekt», sagte sie, nahm sich einen Schokoladenriegel, wickelte ihn aus und biß hinein, «alles an seinem Platz, es fehlt an nichts. Wenn ich da an meine Bude denke!» Sie sah sich um. Der Parkettboden glänzte. Die Wände waren blaßgelb gewischt, im genau richtigen Ton. Die Möbel, eine Mischung aus Antiquitäten und modernen Stücken, standen am exakt richtigen Platz, nicht zu viele, nicht zu wenige; die indirekten Leuchten gaben dem Raum ein angenehmes Licht, nicht zu grell, nicht zu gedämpft. Über die Lehnen der Sessel und Sofas, vor dem Kamin gruppiert, waren Kaschmirplaids in duffen Farben geworfen, als habe sie jemand achtlos dort liegenlassen. Überall standen Vasen mit Lilien, Körbe mit weißen Orchideen. Die aktuellsten Modezeitschriften türmten sich, akkurat übereinandergelegt, auf Coffeetables, Rücken an Rücken mit Bildbänden über Architektur, Art déco und englische Gärten. Potpourris aus getrockneten Blüten verströmten einen Duft nach Sommerferien an der Côte d'Azur.
«Ja», sagte Isabelle. «Alles perfekt. Ich hätte keinen Grund zu klagen.» Sie saß gekrümmt auf dem Sofa, eine Unterschriftenmappe auf den Knien, und kritzelte ihren Namen unter die Briefe.
Patrizia setzte sich auf einen Barockstuhl. «Übrigens: habe ich dir erzählt, daß die Zeitschrift Linda heute angerufen hat?»
Isabelle sah auf.
«Die bringen dich aufs Cover. In der nächsten Ausgabe.»
«Ach.» Sie mußte an ihre Begegnung mit Christin Laroche in Paris denken.
Patrizia auch: «Ich dachte, ihr haßt euch, die Laroche und du.»
«Vielleicht will sie was gutmachen. Was weiß ich. Cover, sagst du?»
«Die erste deutsche Modeschöpferin auf einem Linda-Titel, haben sie gesagt. Und sie machen eine große Geschichte im Heft.»
Isabelle widmete sich wieder der Firmenkorrespondenz, aber sie konnte nicht verbergen, daß sie sich freute. Trotz allem: Christin bemühte sich um sie. Sie wollte ihren schrecklichen Fehler wiedergutmachen. Spät zwar, doch immerhin – der Gedanke bereitete Isabelle Genugtuung.
«Du sollst nächsten Monat nach New York fliegen, dort wollen sie dich fotografieren.»
Isabelle klappte die Mappe zu. «No way. Wenn die was wollen, sollen die hierherkommen.»
«Mensch, was fange ich nur mit dir an?» Patrizia warf das Papier des Schokoladenriegels in den Kamin, der nicht an war. «Du wirst immer schwieriger.»
«Ich sage halt nur nicht mehr zu allem ja und amen.»
Draußen fing es an zu regnen, ein stürmischer Novemberregen. Isabelle sprang auf und schloß die Fenster. «Soll ich den Kamin anmachen?» fragte sie.
Ehe Patrizia geantwortet hatte, nahm sie Holzscheite aus dem Korb und legte sie auf den Eisenrost. Sie kniete sich hin, zerknüllte Teile einer alten Zeitung, stopfte sie unter
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