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Der Seerosenteich: Roman (German Edition)

Der Seerosenteich: Roman (German Edition)

Titel: Der Seerosenteich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Pfannenschmidt
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Tür zum Salon.
    «Kann ich zu ihm?»
    «Geh nur. Geh nur, Kind. Du kannst immer zu ihm, das weißt du doch.» Sie tätschelte Isabelle die Hand. «Schön, dich zu sehen. Blaß bist du.»
    «Na ja ... bei der Aufregung.»
    «Ich bin in der Küche.» Gretel ging in Richtung Kellertreppe. Ihr Schritt hatte alles Federnde verloren, sie schlurfte beinahe. An der Tür drehte sie sich noch einmal um, lächelte Isabelle ermutigend zu und verschwand. Obwohl sie nun schon über siebzig war, arbeitete sie noch immer. «Was soll ich sonst tun?» hatte sie Isabelle gefragt, als sie mit ihr vor einigen Wochen telefoniert hatte. «Ich hab doch sonst nix um die Ohren.»
    Während Isabelles Mutter sich längst auf ihr Altenteil zurückgezogen und das Feld einer Putzfrau überlassen hatte, die einmal die Woche kam, versuchte Gretel noch immer den Glanz längst vergangener Zeiten aufrechtzuerhalten. Doch seit Carl die meiste Zeit des Jahres auf Reisen war und auch Charlotte sich kaum noch zu Hause blicken ließ, beschränkten sich ihre Kochkünste meist darauf, etwas für sich und ihre Freundin Ida zuzubereiten, kleine Mahlzeiten, denn beide aßen nicht mehr soviel. Vorbei die großen Gesellschaften und Feste, vorbei die Familienfeiern, vorbei der Trubel in Haus, Küche und Keller. Isabelle sah sich um. Keine Blumen, alles dunkel, der Geruch von Kernseife und ungelüfteten Räumen. Nach einem kurzen Blick in den Spiegel über dem Kamin – sie prüfte den Sitz ihrer Haare und strich ihr nachtblaues Business-Kostüm glatt betrat Isabelle den Salon.
    Auch dieser Raum war fast dunkel. Drei Schritte ging sie zaghaft auf den dicken Teppichen, dann blieb sie stehen. «Carl?» rief sie sanft, und noch einmal: «Carl?»
    Er antwortete nicht. Dann sah sie ihn: am Ende des Raumes, in dem schönen, gobelinbezogenen Sessel mit den Löwenklauenfüßen, der im Erker zum Garten stand. Die Fensterläden waren verschlossen, durch die schrägen Schlitze zwischen den Holzlamellen fiel karges Tageslicht herein. Carl rührte sich nicht. Im ersten Augenblick hatte sie das Gefühl, er schliefe, aber während sie sich langsam näherte, bemerkte sie, daß seine Augen geöffnet waren, ja, daß er sie ansah, unverwandt.
    Sie blieb vor ihm stehen. Er machte ein seltsames Geräusch, es klang wie ein Räuspern, wie der Versuch, etwas zu sagen. Doch Carl konnte nicht sprechen. Er konnte sich auch kaum bewegen: Seine linke Körperhälfte war gelähmt. Sein Gesicht war schmal geworden, die einst so kräftigen Haare wirkten dünn und glanzlos, und Isabelle wurde bewußt, wie lange sie ihn schon nicht mehr gesehen hatte. Das Lid des linken Auges und der linke Mundwinkel hingen ein wenig herunter. Carl versuchte sich aufzurichten, doch es gelang ihm nicht.
    «Carl!» sagte sie leise und ihr kamen die Tränen. «Was machst du nur? Was machst du nur für Sachen?» Sie strich ihm über den Kopf, beugte sich hinunter und küßte ihn auf die Stirn. Sie war eiskalt. Dann konnte Isabelle nicht anders: Sie sank vor ihm auf die Knie und legte schluchzend ihren Kopf auf seinen Schoß. Wie ein Kind weinte sie, so, wie seit Jahren nicht mehr. «Ich hab dich so lieb, Carl, verzeih mir, daß ich mich sowenig um dich gekümmert habe ...» Unter Tränen sah sie zu ihm auf. «Ich war eine schlechte Tochter, nicht? Sag es ruhig ... ich habe all die Jahre über nur an mich gedacht, an meine verdammte Karriere, aber ich wollte es ja auch gut machen, ich wollte, daß du stolz auf mich bist, weißt du?»
    Mühsam hob er die rechte Hand von der hölzernen Armlehne und ließ sie auf Isabelles Schulter sinken.
    «Du wirst doch wieder gesund, nicht? Versprich es mir ... Carl, ich habe gehört, daß man nach so einer Sache ...» Sie griff nach seiner Hand, knochig und kalt wie seine Stirn. «Wenn man nur wieder will und fleißig übt, nicht wahr, kann man ganz gesund werden.»
    Er gab einen Laut von sich, er versuchte zu sprechen, doch es klang erbärmlich, und es brach Isabelle das Herz. Seine Hand rutschte von ihrer Schulter.
    «Du mußt nicht reden, wenn es dich anstrengt, hmm ...?» Liebevoll sah sie ihn an. «Ach, Carl, du bist mein ein und alles, habe ich dir das je gesagt? Du bist mein Ratgeber. Du bist mein Vater. Du bist mein bester Freund.»
    Nebenan im Eßzimmer schlug die Kaminuhr. Isabelle mußte daran denken, wie es damals gewesen war, als sie von ihrem Vater hatte Abschied nehmen müssen. Wenn es einen Gott gab, wie ihre Mutter immer behauptet hatte, und ein Leben nach dem Tod und

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