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Der Seerosenteich: Roman (German Edition)

Der Seerosenteich: Roman (German Edition)

Titel: Der Seerosenteich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Pfannenschmidt
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gesagt, Sie können mich am Nachmittag anrufen. Jetzt ist es elf. Okay. Bye.» Sie gab Patrizia ihr Handy und setzte sich zu den Kolleginnen. «Den nächsten Anrufer nimmst du an. Ich habe jetzt weder Lust noch Nerven ...»
    Die interne Telefonanlage bimmelte. «Herrgott!» Sie schlug mit der Faust auf den Tisch. «Warum ist das Telefon hierhergestellt, ich hatte im Sekretariat gesagt, ich will nicht mehr gestört werden.»
    Patrizia nahm den Anruf entgegen.
    Isabelle wetterte weiter: «Wie sollen wir konzentriert arbeiten, wenn ...»
    Patrizia unterbrach sie. Sie hielt den Hörer der linken Hand gegen die Sprechmuschel. «Ansaldi ...», zischte sie.
    «Soll mich am Arsch lecken!»
    Die Schneiderinnen, die Kleiderbügel quietschend auf den Metallstangen hin- und hergeschoben hatten, hörten erschrocken auf zu hantieren. Die Assistentinnen – schmucklose, dezent geschminkte junge Frauen in weiten, fast bodenlangen, japanisch anmutenden Kleidern aus grobem Leinen – kannten Isabelles gelegentliche Wutausbrüche, die in letzter Zeit häufiger geworden waren. Deshalb sahen sie sich einfach nur an, ungerührt, und vertieften sich dann in ihre mitgebrachten Unterlagen.
    Isabelle fuchtelte mit einem Füllfederhalter in Richtung Patrizia: «Ja, kannst du ihm ruhig ausrichten: Er soll mich am Arsch lecken!»
    Patrizia nahm die Hand weg und flötete: «Herr Ansaldi, es ist im Moment etwas ... ungünstig. Wir würden Sie sehr gern heute gegen fünfzehn Uhr ...», Isabelle zeigte ihr einen Vogel, «zurückrufen. Gern. Für Sie auch einen schönen Tag. Auf Wiederhören.»
    «Das machst du dann aber.»
    «Jaja, reg dich nicht auf.»
    Isabelle hatte sich geschworen, daß sie mit Peter Ansaldi nichts mehr zu tun haben wollte. Seinen Versuch, sie auszubooten, hatte sie erfolgreich abgewehrt. Tatsächlich hatte er die geplante Gesellschafterversammlung anberaumt, zwei Wochen nachdem er bei ihr gewesen war und sie ihn rausgeschmissen hatte.
    Katzenfreundlich hatte er sich am Telefon gegeben. «Na, wieder beruhigt? Ich wollte auf unser Gespräch zurückkommen. Meine Schwiegermutter ist Anfang nächster Woche in Hamburg, du weißt ja inzwischen sicher alles. Von deiner Busenfreundin Puppe Mandel.»
    «Komm auf den Punkt, Peter.»
    «Sie wohnt zwei Nächte im Vier Jahreszeiten. Solange mein Schwiegervater handlungsunfähig ist, nennen wir es mal so, nimmt sie als seine Frau seine Gesellschafterinteressen wahr. Wir möchten dich bitten, am Montag zu uns ins Kontor zu kommen. Elf Uhr. Geht das?»
    Isabelle wußte, daß sie einem solchen Gespräch auf Dauer nicht ausweichen konnte. Je eher daran, desto eher davon: Das war immer einer ihrer Grundsätze bei unangenehmen Dingen gewesen, deshalb sagte sie zu. Doch sie erinnerte sich daran, was Carl ihr immer gesagt hatte – daß man bei Auseinandersetzungen in ein Restaurant gehen sollte, weil sich dann beide Seiten gut benehmen müßten, auf jeden Fall aber niemals einem Treffen im «Feindesland», wie er es ausgedrückt hatte, zustimmen dürfe, «nur auf vertrautem Terrain, das macht es für dich leichter».
    «Gut», erwiderte Isabelle, «aber wir treffen uns nicht bei euch, sondern bei mir. Schließlich geht es um meine Firma.»
    Peter hatte sich einverstanden erklärt, und am darauffolgenden Montag waren er und seine Schwiegermutter pünktlich auf die Minute in ihrem Sekretariat angetanzt. Isabelle ließ sie bewußt eine Viertelstunde warten (schlechter Ruf verpflichtet – sie feilte sich derweil die Fingernägel) und dann hereinbitten. Überaus freundlich war die Begrüßung, schließlich hatten sie und Charlotte sich lange nicht mehr gesehen. Peter reichte sie kühl die Hand und ließ ihm eine Cola servieren, während sie für Charlotte bei ihrer Sekretärin den gewünschten Tee bestellte und etwas Gebäck. Man tauschte Artigkeiten aus. Charlotte lobte Isabelles Mode. Isabelle bedauerte, daß Charlotte wegen Carl soviel Kummer hatte. Beide bestätigten einander, daß sie gut aussähen, unverändert. In der Tat sah Charlotte noch immer aus wie früher, genauer gesagt: wie sehr viel früher. Sie hatte sich liften lassen. Noch immer trug sie das Haar zum eleganten Chignon eingeschlagen, noch immer pflegte sie ihren noblen Kleidungsstil. Für diese Gelegenheit hatte sie ein Chanelkostüm aus beige-braun-grauer Bouclé-Wolle angezogen und trug dazu Perlohrstecker und eine lange Kette aus echten, zwanzig Millimeter dicken, gleichförmig plumpen Südseeperlen. Mindestens hunderttausend Mark

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