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Der Seerosenteich: Roman (German Edition)

Der Seerosenteich: Roman (German Edition)

Titel: Der Seerosenteich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Pfannenschmidt
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schließlich ist Charlotte ja auch noch da. Bei mir wäre ich gerne Kind gewesen! Lausig!» Er hielt sein Weinglas höher und versank dann vollständig im Badewasser.
    «Du brauchst überhaupt nicht auszuweichen.»
    Carl kam wieder hoch, wie ein Walroß schnaufend, und spuckte Badewasser aus. Puppe ließ sich nicht beirren. «Ich sage dir, warum du ein schlechter Vater bist. Weil du selbst noch so ein Kindskopf bist. Weil du keine Lust hast, Verantwortung zu übernehmen.»
    «Ach komm, hör bitte auf.»
    «Du machst dir die Dinge immer so, wie du sie haben willst. Eigentlich, mein lieber Freund ...», sie stand auf und nahm ihm mit spitzen Fingern das Weinglas weg, «... eigentlich hättest du gar keine Familie haben dürfen. Und genaugenommen hättest du auch nicht heiraten dürfen.»
    Er wurde ein wenig ärgerlich. «Was ist denn auf einmal los mit dir? Razzledazzle?»
    Puppe stellte die Gläser auf das Tischchen und winkte ab. «Mein Leben ist völlig in Ordnung, da ist nichts durcheinander.»
    «Mein Leben, dein Leben. Es ist doch alles gut, wie es ist! Kindskopf, keine Verantwortung übernehmen. Du redest heute Unsinn, wirklich.»
    «Deine Erfolge im Beruf– die hängen nicht mit Fleiß oder Disziplin oder sonstwas zusammen. Nur mit deinem verdammten Charme. Mit deinem Glück: daß du die Firma von deinem Vater hast erben können, daß du gute Mitarbeiter hast, daß wir durch Zeiten der Hochkonjunktur, des Wirtschaftswunders gehen, die aus Leuten wie uns Millionäre machen, Carl! Nein, nein, du entziehst dich allem, was Arbeit und Ernst und Pflicht bedeutet. Sagt dir nur keiner.»
    «Außer dir, Puppe.» Er stieg aus der Wanne, schnappte sich ein Frotteebadelaken, das über dem beheizten Handtuchhalter hing, und wickelte sich darin ein. Er sah aus wie ein großer charmanter Junge, der in den Regen gekommen war. Puppe ertappte sich bei dem Gedanken, daß Männer immer so aussehen sollten wie Carl jetzt. Ein Kerl, der tropfend aus der Dusche oder Badewanne kam, klitschnaß im Regen stand oder sportlich verschwitzt war, gab für sie das erotischste Bild ab, das sie sich vorstellen konnte.
    «Puppe ...» Er kam, ganz Büßer im Hemde, auf sie zu.
    «Ich weiß ja.»
    Carl ließ seinen Kopf auf die Schulter seiner Geliebten sinken.
    «Daß du trotzdem ein lieber Kerl bist.»
    Sie streichelte ihn und verließ wortlos das Badezimmer.
    Carl trocknete sich ab und zog sich an. Stets hatte er Hemden und Wäsche in Puppes Ankleidezimmer liegen. Er hörte, wie sie ihren geliebten Mozart auflegte, und kam, nachdem er sich gekämmt und seine Krawatte geknotet hatte, zu ihr ins Wohnzimmer. Sie hatte sich eine Zigarette angezündet, dieses Mal auf einer Spitze aus handgeschnitztem Elfenbein, saß auf dem Sofa, dessen Stoff mit pastellfarbenen blühenden Nelken bedruckt war, und blätterte in der französischen Ausgabe der Vogue.
    Sie sah auf. «Entschuldige», sagte sie, «war nicht so gemeint.»
    «Ich muß dann auch», überging er ihre Bemerkung, «ich habe der Gehrmann versprochen, daß ich noch einmal hereinschaue. Unterschriften und so, du weißt.
    «Gut.» Sie stand auf. «Dann telefonieren wir morgen, ja?»
    Er nickte.
    Sie begleitete ihn nach unten. Alma und die Schneiderinnen und Lehrlinge waren bereits nach Hause gegangen. An Montagen war der Salon für Kunden geschlossen, nur im Atelier wurde gearbeitet, und Puppe hatte ihren sechs Mitarbeiterinnen erlaubt, an Tagen wie diesem nach Gutdünken Feierabend zu machen. Es war seltsam still. Puppe küßte Carl zum Abschied, doch als er zur Tür gehen wollte, hielt sie ihn noch einmal am Ärmel fest.
    «Ich habe noch ein schönes sommerliches Kleid für Charlotte», sagte sie, «aus rotem Leinen. Das müßte ihr wunderbar stehen. Warte.»
    Sie ging nach nebenan in den Showroom. Nach einer Weile kam sie zurück. Das Kleid war in einer Stoffhülle mit dem Aufdruck Salon Mandel verpackt.
    Carl nahm es und sagte dankend: «Das ist sehr lieb von dir.»
    «Grüß deine Frau von mir.»
    «Mach ich.»
    «Gut. Dann also ...»
    «Alles wieder gut?»
    «Natürlich. Du kennst mich doch.» Mit Schwung öffnete sie die Eingangstür. Er drückte ihr im Hinausgehen einen Kuß auf die Wange. Eine Welle von Nachmittagshitze drang herein. Achtlos warf Puppe ihre Zigarette auf die Stufen vor dem Haus und ließ die Tür schwer hinter ihm zufallen.
    Carl erledigte im Kontor, was zu erledigen war. Seine Sekretärin, Frau Gehrmann, nahm noch zwei Diktate entgegen, tippte sie und verließ dann am

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