Der Seerosenteich: Roman (German Edition)
Trakenberg und seine Frau würden sich niemals scheiden lassen, Puppe Mandel wollte unabhängig bleiben und Carl niemals heiraten; Puppe und Carl, Carl und Charlotte, Puppe und Charlotte und Carl führten eine gute, diskrete und alle Seiten anscheinend niemals verletzende Ehe zu dritt.
Puppe ging zur Fensterbank zurück, um ihre Zigarette auszudrücken. «Stell dir vor, ich habe heute einen Bescheid vom Gericht erhalten ...» Sie nahm noch einen Zug, und während sie weitersprach, stieg Rauch in Wölkchen aus ihrem Mund. «Sie haben den Termin vertagt, schon wieder. Was sagst du?»
«Vor deutschen Gerichten und auf hoher See ist alles möglich!» Sie kam zu ihm zurück. «In der anderen Sache ...» Sie blieb vor ihm stehen.
Er umfaßte ihre Taille. «Laß uns jetzt nicht über Prozesse reden.»
Puppe zwinkerte ihm zu, nahm seine Hand und zog ihn hinter sich her ins Schlafzimmer. Während er sich auszog, ging sie in das angrenzende Bad, füllte Wasser in einen Porzellanzahnbecher und stellte die Rose hinein. Danach rief sie vom Hausapparat aus, der auf dem Nachttisch stand, unten in der Schneiderei an und verlangte von Alma, nicht mehr gestört zu werden.
Die beiden verbrachten den Nachmittag hinter der verschlossenen Tür des Schlafzimmers. Anschließend nahm Carl ein Bad, das Puppe ihm eingelassen hatte. Sie goß aus einem goldgeränderten Kristallflakon jadegrünes, schwer duftendes Badeöl ins Wasser und fuhr ein paarmal mit dem Arm hindurch, bis es schäumte. Anschließend zog sie sich einen Kaftan über, holte aus der Küche zwei Gläser mit kaltem Chablis des Jahrgangs 1965 und Teller mit Canapés, die morgens vom Feinkosthändler Heimerdinger angeliefert worden waren.
Carl fühlte sich wie ein Pascha. Keine Frau in seinem Leben – und es waren nicht wenige gewesen, fand er – hatte es so gut verstanden, ihm das Gefühl zu geben, er sei etwas Besonderes. Wozu sonst waren Mann und Frau zusammen, wenn nicht dazu, einander glücklich zu machen? Puppe reichte ihm ein Glas, stellte die Teller auf das Schleiflacktischchen, auf dem zahllose Porzellanschälchen voller Modeschmuck standen, und stieß mit Carl an.
«Auf dich», sagte er.
«Unbedingt!» antwortete sie lachend.
Beide tranken hastig, in großen Schlucken. Das war schon immer so gewesen: Sie konnten auch gut miteinander trinken. Puppe liebte Drinks, Martinis aus Wassergläsern, eisgekühlte Wodkas ohne Lemon, Side Cars, Pink Ladies. Essen, gutes Essen gar, war ihr, im Gegensatz zu Carl, völlig gleichgültig. Was sie darüber wußte, hatte er ihr beigebracht. Puppe war keine Freundin von Restaurants, sie hatte keine Lust, zum Essen auszugehen, sie gewann «diesem ganzen Firlefanz», wie sie es nannte, nichts ab. Sie kochte nie, sie konnte es nicht. Sie lud selten zum Essen zu sich nach Hause ein, sondern fast nur zu Cocktails, bei denen es wild herging. Wenn es für Geschäftsfreunde oder Kunden doch einmal ein Dinner geben mußte, anläßlich ihrer Modenschauen im Frühjahr oder Herbst etwa, ließ sie alles anliefern und sich von Alma oder ihrer «heimatvertriebenen» Putzfrau, Frau Otto, helfen.
Puppe hielt Carl einen Teller hin. Er nahm eine Schlemmerschnitte. Die gab es auch jedesmal: Tatar von Beefsteak, kräftig gewürzt, auf gebuttertem Schwarzbrot, dekoriert mit einem dicken Klacks Beluga-Malossol-Kaviar, dem persischen, nicht dem russischen. Es schmeckte köstlich. Carl war eins mit sich und der Welt. Puppe setzte sich auf den Rand der Wanne und sah ihm zu. Sie trug ihr Haar jetzt offen. Ungebändigt fiel es auf ihre Schultern. Sie hatte keine Lust, sich zu frisieren.
«Wie geht es Vivien?» fragte sie.
«Vivien?»
«Darf ich dich daran erinnern: deine Tochter.»
Er spritzte ihr Schaum ins Gesicht. Sie lachte und hielt schützend ihre Hand über das Weinglas.
«Es geht ihr ... nun ja: gut. Denke ich. Sie war am Wochenende bei einer Freundin, die Eltern haben ein Häuschen auf dem Land. Letzte Woche bin ich immer spät nach Hause gekommen ... Sie und ich haben uns schon länger nicht gesehen. Gib mir noch etwas, bitte.»
Sie hielt ihm erneut den Teller hin. «Du bist ein lausiger Vater, Carl. Und wenn ich etwas hasse, dann sind es lausige Väter. Ich hatte selber einen.» Sie trank ihr Glas leer.
«Lausig?» fragte er fröhlich kauend. «Ich kenne kein Mädchen in dem Alter, das es so gut hat. Ein eigenes Pferd, Altflöte, Klavier ... wohnt prächtig, kriegt viel Taschengeld, wir zahlen ihr eine Nachhilfelehrerin. Na ja. Und
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