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Der Seewolf

Der Seewolf

Titel: Der Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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diese Weise Feuer zu machen. Ich erinnere mich auch an Winters, einen Journalisten, der sich in Sibirien und Alaska auskennt. Er hat mir sehr anschaulich geschildert, wie er stundenlang Stöckchen aneinander rieb, jedoch ohne die geringste Wirkung.«
    »Na gut«, sagte sie frohen Mutes. »Wir sind so lange ohne Feuer ausgekommen, dann werden wir es auch weiterhin schaffen.«
    »Aber denken Sie doch an den Kaffee!«, rief ich. »Es ist ausgezeichneter Kaffee, das weiß ich. Ich habe ihn aus Larsens persönlichen Vorräten genommen. Und schauen Sie dieses schöne Holz an!«
    Mich verlangte es stark nach Kaffee, und wie ich später erfahren sollte, besaß auch Maud eine Schwäche für dieses Getränk. Außerdem hatten wir uns so lange ausschließlich von Kaltem ernährt, dass wir uns innen wie außen ganz taub fühlten. Irgendetwas Warmes wäre der Himmel auf Erden! Doch ich jammerte nicht länger, sondern machte mich an die Arbeit. Aus unserem Segel wollte ich ein Zelt für Maud bauen.
    Ich hatte mir diese Aufgabe relativ einfach vorgestellt. Schließlich verfügte ich über Riemen, Mast, Baum, Bugspriet und eine Menge Leinen. Aber da ich keinerlei Erfahrung hatte und jede Maßnahme erst ausprobieren musste, wurde es beinahe Abend, bevor der Unterschlupf fertig war. Obendrein regnete es in der Nacht, sodass das Zelt bald unter Wasser stand und Maud ins Boot flüchten musste.
    Am nächsten Morgen hob ich einen Graben aus, aber eine Stunde später fegten Windstöße von der Felswand herunter, hoben das Zelt aus seiner Verankerung und schmetterten es dreißig Schritte entfernt in den Sand.
    Maud lachte über meinen bestürzten Gesichtsausdruck, aber ich sagte verbittert: »Sobald der Wind sich gelegt hat, werde ich mich ins Boot begeben und die Insel erforschen. Irgendwo muss es einen Stützpunkt geben und Menschen. Wahrscheinlich laufen Schiffe diesen Stützpunkt an. Irgendeine Regierung muss diese Robben schützen. Aber ich möchte es Ihnen ein bisschen bequem machen, bevor ich aufbreche.«
    »Ich möchte mit Ihnen kommen«, sagte sie nur.
    »Es wäre besser, wenn Sie hier blieben. Sie haben genug durchgemacht. Es grenzt an ein Wunder, dass Sie noch leben. Außerdem wird es kein Vergnügen sein, bei diesem Regenwetter im Boot zu sitzen. Sie brauchen Ruhe. Deshalb wäre es mir lieb, wenn Sie zurückblieben.«
    Ihre Augen schimmerten feucht und sie wendete rasch den Kopf ab.
    »Ich würde so gern mitkommen«, bat sie leise. »Vielleicht könnte ich Ihnen helfen ...«Ihre Stimme bebte. »Ein bisschen jedenfalls. Und stellen Sie sich vor, falls Ihnen etwas zustieße, wäre ich hier ganz allein und verlassen.«
    »Ich werde sehr vorsichtig sein«, versicherte ich. »Und ich fahre nur so weit, dass ich bis zum Abend zurückkehren kann. Also sind wir uns einig: Sie bleiben hier, schlafen, ruhen sich aus und rühren keinen Finger.«
    Da schaute sie mir in die Augen. Ihr Blick war sanft, aber entschlossen.
    »Bitte, bitte«, sagte sie weich.
    Ich zwang mich zur Härte und schüttelte den Kopf. Sie sah mich nur an. Ich bemühte mich standhaft zu bleiben, geriet aber schon ins Wanken. Da leuchteten ihre Augen auf und mir wurde klar, dass ich verloren hatte. Ich konnte ihr keine Bitte abschlagen.
    Am Nachmittag legte sich der Wind, sodass wir unsere Abfahrt für den nächsten Morgen vorbereiteten. Von unserer Bucht aus gab es keine Möglichkeit, ins Innere der Insel vorzudringen, denn die Felsen ragten in einem Halbkreis beinahe senkrecht hinter dem Strand empor, während sie links und rechts direkt aus dem Meer stiegen.
    Der Morgen begann trüb und grau, aber ruhig. Ich war früh auf den Beinen und machte das Boot klar.
    »Ich Narr, ich blöder Hund!«, schrie ich, als es Zeit wurde, Maud zu wecken. Aber diesmal schrie ich vor Freude und tanzte dabei auf dem Strand herum. Sie streckte den Kopf unter einem Zipfel des Segels hervor.
    »Was ist los?«, fragte sie verschlafen, aber neugierig. »Kaffee!«, brüllte ich. »Was halten Sie von einer Tasse Kaffee? Heißer Kaffee - kochend heiß!«
    »Meine Güte, was haben Sie mich erschreckt! Und Sie sind grausam. Mühselig habe ich gelernt, ohne diese Wohltat auszukommen, und jetzt wecken Sie wieder mein Verlangen danach.«
    »Passen Sie auf«, sagte ich. Dann klaubte ich rasch ein paar trockene Holzknüppel aus den Felsspalten hervor und zerbrach sie in kurze Stücke. Ich riss eine Seite aus meinem Notizbuch und nahm eine Schrotpatrone aus der Munitionskiste. Dann entfernte ich den

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