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Der Seher des Pharao

Der Seher des Pharao

Titel: Der Seher des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Priester hinzu, und der Oberpriester verlangsamte seine Schritte etwas. Eine Tür öffnete sich, und Huy wurde über Gras und Pflaster auf die Steine am Rand eines Gewässers gestoßen, das er trotz seines Zustands als Res Heiligen See erkannte. »Zieh ihn aus«, befahl der Oberpriester knapp. »Verbrenn seinen Schurz und seine Sandalen. Schneid seine Jugendlocke ab und verbrenn sie auch. Sie ist zu befleckt. Ich will, dass er von Kopf bis Fuß geschrubbt und rasiert wird. Dann bringst du ihn zu mir.« Er hob Huy hoch und warf ihn ins Wasser. Als Huy prustend und nach Luft schnappend wieder auftauchte, schritt der Oberpriester schon davon, und der jüngere Mann ließ sich in den See gleiten.
    »Ich weiß nicht, was du angestellt hast«, sagte er und griff nach dem Messer neben der Sodaschale, »aber es muss etwas Schlimmes sein. Der Oberpriester ist ein heiliger Mann, er gilt als gnädig und gerecht. Halt still, damit ich deine Locke abschneiden kann.« Huy war zu erschöpft, um zu protestieren, als der kostbare Zopf mit der weißen Schleife ans Ufer flog. Sein Schurz folgte. Wortlos rasierte der Priester mit demselben Messer ziemlich grob Huys Kopf. Dann bearbeitete er den kleinen Körper mit Soda und einem Tuch. Huy konnte sich nicht erinnern, wann der zweite Priester für die Prozedur hinzugekommen war. Wie ein Stück Holz ließ er alles über sich ergehen, gelegentlich von einem Schluckauf geschüttelt. Er war immer noch zu betäubt, um seiner Jugendlocke nachzutrauern und an die Konsequenzen dieses Verlusts zu denken.
    Nach einer Weile wurde er in einen Kiosk in der Nähe des Teichs gebracht, auf einem Steinsockel abgeladen, mit Öl eingerieben und erneut rasiert, diesmal am ganzen Körper. Obwohl das weh tat, hielt Huy stumm still. Endlich sagte der Priester »Jetzt wasche ich das Öl ab« und warf Huy erneut in den See. Weniger vor Kälte als wegen der Ereignisse zitternd musste Huy dann auf den Steinplatten am Ufer stehen, bis ihn die schon nach Westen geneigte Sonne getrocknet hatte. Der Priester streifte ihm einfache Papyrus-Sandalen an. »Jetzt bist du gereinigt, und ich kann dich zum Oberpriester bringen«, sagte er. Die Schuhe waren zu groß, und Huy stolperte, als er ihm folgte. Der Priester drehte sich um. »Fall nicht hin, denn sonst muss ich die gesamte Reinigung wiederholen.«
    Sie gingen zurück in den Tempel. Der Mann ließ ihn wortlos stehen, nachdem er zweimal an eine imposante doppelflügelige Tür am Anfang der langen Reihe von Kammern geklopft hatte, durch die Huy zuvor gezerrt worden war. Dem Jungen, der ein wenig von seinem üblichen Selbstbewusstsein wiedererlangt hatte, blieb gerade noch Zeit, bitter zu bereuen, dass er insgeheim ständig ungehorsam war, Pabast zu verfluchen und zu wünschen, sein Onkel hätte nie von der Tempelschule in Iunu gehört, dann öffneten sich die Türflügel, und der Oberpriester erschien.
    Er betrachtete Huy eingehend und nickte dann. »Gut. Jetzt gehen wir wieder zu dem Baum.«
    Ihr Götter, dachte Huy düster. Er wird ein Seil um meinen Hals schlingen und mich an einem der gewundenen Äste aufhängen. Ich werde voller Sünde sterben und Vater und Mutter für immer ehrlos zurücklassen. Trotzdem hatte er sich schon so weit erholt, dass er ein gewisses Interesse an diesem Bereich des Tempels, der neu für ihn war, entwickeln konnte. Einige Priester, die müßig vor ihren Kammern saßen, lächelten ihn an. Musik drang irgendwo vom Innenhof in den breiten Gang, das Rasseln der Zimbeln mischte sich in das süße Auf und Ab der weiblichen Stimmen und die Triller der Lyren. Er roch Essen. Etwas Köstliches wurde für die Abendmahlzeit der Priester zubereitet. Irgendwie erschien es ihm unverzeihlich, dass die Düfte ihn hungrig machten, wo er doch sterben sollte.
    Die mittlerweile vertraute Tür tauchte auf, der riesige Schlüssel steckte immer noch im Schloss. Der Oberpriester drehte ihn herum und forderte Huy mit einer Kopfbewegung auf, hineinzugehen, ehe er ihm folgte und die Tür sorgfältig hinter ihnen verschloss. Die Sonne war bereits hinter der Tempelmauer versunken. Die Blätterbüschel bewegten sich nicht und bildeten einen dichten Schirm, unter dem sich die Finsternis rasch ausbreitete. Der nackte und in sein Schicksal ergebene Huy spürte erneut das Besondere dieses Ortes. Verstohlen hielt er nach dem Seil Ausschau, das um seinen Hals geschlungen werden sollte.
    »Zieh die Sandalen aus und wirf dich dreimal nieder«, befahl der Oberpriester. »Dann

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