Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)
von der Tür her zu ihr. Sein Ebenbild in der Vision hob die Hand und präsentierte einen kleinen weißen Stein.
»Die andere Hälfte des Schicksalssteins.«
Der Druck auf ihren Kopf schwächte sich ab. Ein leiser Knall war dicht neben ihrem Kopf zu hören, und kribbelnde Wärme begann die eisige Kälte zu vertreiben. Grange stand auf, in seinen Augen brannte ein wildes Feuer.
»Lasst sie frei, und er gehört Euch.«
Geist und Körper schienen irgendwo im Raum zu schweben, aber ihre Sinne waren noch nicht wieder unter ihrer Kontrolle. Das hier war keine Vision. Wolf war gekommen, um sie zu holen.
»Du bist jetzt in Sicherheit, Isobel.« Der Schwebezustand ihres Geistes ließ allmählich nach, als Wolfs Stimme durch den Raum hallte.
Er bewegte sich, und sofort veränderte sich das Spiel aus Licht und Schatten, so dass sein Gesicht in Dunkelheit gehüllt blieb. Doch ihre Sinne schilderten ihr alles, was sie nicht sehen konnte. Seine Stimme zitterte, und die Atmosphäre im Raum war äußerst angespannt. Sie wusste, sie bedeutete ihm etwas, auch wenn er ihr das bislang nicht gesagt hatte.
»Gebt mir den Stein, dann bekommt Ihr das Mädchen«, sagte Grange und ergötzte sich am Anblick des Schicksalssteins.
»Durchtrennt ihre Fesseln.«
»Gebt mir den Stein.«
Ein Muskel zuckte in Wolfs Wange. »Fangt ihn.« Dann warf er den Stein in die Luft, und Grange versuchte mit einem Satz, ihn zu fangen und an sich zu nehmen. Wolf rollte sich zur Seite weg, und als er wieder auf den Beinen war, hielt er seinen Dolch in der Hand, mit dem er ihre Fesseln an den Fuß- und Handgelenken durchtrennte.
In seinen vertrauten dunklen Augen leuchteten Freude und Erleichterung auf, als er sie betrachtete. »Du bist meinetwegen hergekommen.«
»Ich versprach dir, ich würde dich beschützen.« Er zog sie hoch und stellte sich sofort vor sie, um sie vor Grange zu schützen.
Sie stand auf wackeligen Beinen da, und es kostete sie all ihre Kraft, nicht wieder zu Boden zu sinken. In ihrer Magengegend flammte wohlige Wärme auf, die die Kälte aus ihrem Körper vertrieb.
»Nun habt Ihr, was Ihr wolltet. Geht jetzt«, befahl Wolf ihm mit eisiger Stimme.
Grange drehte sich zu ihm um, das durch die Tür einfallende Licht wurde von seinem gezückten Schwert reflektiert. »Ich gehe erst, wenn ich alles habe, was ich will.« Sein Blick wanderte von Wolf zu Isobel. »Was nützt mir der Stein, wenn ich keine Seherin habe.«
Wolf hob sein Schwert, alle seine Instinkte waren auf die Gefahr ausgerichtet, die von dem Mann vor ihm ausging.
»Das Schwert wird Euch nicht weiterhelfen. Ihr seid von meinen Männern umstellt.« Grange strahlte zufrieden. »Ihr seid schnurstracks in meine Falle gelaufen.«
Isobel ging einen Schritt nach hinten und sah durchs Fenster nach unten. Tatsächlich hatte Granges Trupp rund um den Baum Stellung bezogen. Vor Schreck machte ihr Herz einen Satz.
»Wenn Ihr hier lebend rauskommen wollt, müsst Ihr erst mich und dann jeden meiner Männer überwinden.« Granges Augen brannten vor blankem Hass.
»Wenn Ihr das so wollt.«
Isobel nahm diese Unterhaltung nur wie aus weiter Ferne wahr. Alle ihre Gedanken kreisten einzig darum, wie sie ihrem Ehemann das Leben retten konnte. Sie sah sich im Baumhaus um und hoffte, etwas zu entdecken, was sie bislang übersehen hatte -; eine Waffe, einen Fluchtweg, irgendetwas, das nützlich sein konnte. Es gab nichts, was diesem Zweck hätte dienen können. Die einzige verfügbare Waffe war sie selbst zusammen mit ihren Fähigkeiten.
Sie ging um Wolf herum. »Ich werde Euch begleiten, wohin Ihr wollt, wenn Ihr versprecht, diesem Mann kein Haar zu krümmen.«
Wolf griff nach ihr, weil sie zurück in seine Deckung sollte, doch Isobel wich ihm aus und näherte sich noch ein Stück weiter ihrem Vater. Wolf hatte keine Chance, einen solchen Kampf lebend zu überstehen. Lieber opferte sie sich, anstatt ihn in ein aussichtsloses Gefecht ziehen zu lassen.
Plötzlich bekam Grange ihre Haare zu fassen und zog sie mit einem brutalen Ruck zu sich, dann riss er ihren Kopf nach hinten, so dass sich der Raum um sie zu drehen begann. Und schon im nächsten Moment spürte sie die Spitze seines Schwerts an ihrem Hals. Was hatte sie nur getan?
»Das war sehr ungeschickt von dir, meine Liebe. Jetzt hat dein Ehemann nichts mehr, was er mir im Gegenzug für dich anbieten kann.«
»Lasst sie los!«, fuhr Wolf ihn an und machte einen Satz auf Grange zu.
Der holte mit dem Schwert nach ihm aus und zwang
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