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Der Seitensprung

Titel: Der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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Falls du jemals so weit bist.«
    »Für dich ist alles so viel einfacher. Du gehst ja kein Risiko ein.«
    Sie setzte sich wieder auf.
    »Ich riskiere nichts? Ich bin eine Kindergärtnerin, die mit dem Vater von einem meiner Kinder zusammen ist! Was glaubst du, was mit mir passiert, wenn es herauskommt? Na? Und diese E-Mails, die jemand verschickt hat? Was meinst du, was es für ein Gefühl ist, wenn sich jemand Zugang zu deinem Computer verschafft, deine privaten Briefe durchsucht und einen davon mit deinem Absender verschickt? Begreifst du denn nicht, dass irgendwer Bescheid weiß? Der uns gesehen hat. Und mich zu bestrafen versucht.«
    »Eva war es nicht. Ich weiß, dass du das glaubst, aber so ist sie nicht. Was, zum Teufel, hätte sie davon? Sie müsste doch zufrieden sein. Jetzt hat sie freie Hand.«
    Linda blieb stumm, und er sah sie den Kopf schütteln. Wie sie vor Abscheu langsam den Kopf hin und her drehte.
    Abscheu vor ihm.
    »Du solltest dich hören. Hör dir an, was du sagst. Der arme kleine verlassene Henrik. Der kann einem aber Leid tun!«
    Schweigend saß er da.
    Er hatte sie verloren.
    Sie stand auf und öffnete die Kabinentür. Das scharfe Licht der Neonröhren auf dem Gang blendete ihn. Von ihr war nur eine Silhouette übrig.
    »Du wirst nie so weit sein, Henrik. An deiner Stelle würde ich meine Zukunft dazu nutzen herauszufinden, wer ich bin und was ich eigentlich mit meinem Leben anfangen will. Danach kannst du rausgehen und andere in deine Pläne verwickeln.«
    Er schluckte. Der Kloß, der in seinem Hals steckte und schmerzte, wollte nicht verschwinden.
    »Geh jetzt.«
    Er konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt so nervös gewesen war. Der gigantische Strauß Rosen neben ihm auf dem Beifahrersitz sah plötzlich grotesk aus, wie eine alberne Requisite in einem noch alberneren Film. Es war kurz nach zehn am Vormittag, und er war dankbar, dass er einen Tag allein zu Hause vor sich hatte, um sich zu sammeln, bevor sie von der Arbeit kam. Er hatte nicht angerufen und mitgeteilt, dass er einen Tag früher zurückkommen würde.
    Er war jetzt ganz in der Nähe. In der Nähe seines Zuhauses. Und er hatte sich nie so weit weg gefühlt. Er fluchte über einen schlecht geparkten alten Mazda, der halb in die Fahrbahn ragte und kurz vor der Rechtskurve stand, an der ihre Straße begann. Im nächsten Augenblick sah er sein Zuhause. Ihr Auto stand in der Einfahrt.
    Warum war sie nicht in der Firma?
    Und dann der nächste Gedanke.
    Vielleicht war sie nicht allein da drin. Vielleicht hatte sie die Gelegenheit genutzt, ihren Liebhaber mit nach Hause zu bringen, während er endlich einige Tage aus dem Weg war, um ihm ihr schönes Haus zu zeigen, vorzuweisen, was sie an materiellen Gütern zu bieten hatte. Der Gedanke widerte ihn in ähnlich hohem Grade an, wie er ihn erschreckte. Jetzt war er allein, und die beiden waren zu zweit. Und er war derjenige, der das Haus würde verlassen müssen, sie hatte die Mittel, ihn auszubezahlen. Und dann würde dieses Schwein in sein Haus einziehen und die Früchte all der Arbeit und der Schinderei genießen, die er hineingesteckt hatte, bis es fertig war. Verdammter Mist. Sie war doch so verständnisvoll gewesen. Hatte gefunden, er solle ein paar Tage wegfahren und nachdenken. Ich kümmere mich hier so lange um alles, das ist vollkommen in Ordnung, die Hauptsache ist doch, dass es dir wieder besser geht. Ich bin hier, wenn du mich brauchst, das werde ich immer sein. Vielleicht konnte ich es manchmal nicht so gut zeigen, aber ich will versuchen, mich zu bessern.
    Wie war es möglich, so kalt und berechnend zu sein, nur um ihn ein paar Tage loszuwerden, damit sie in Ruhe mit ihrem Liebhaber ficken konnte? Wer war sie eigentlich, die Frau, mit der er fast fünfzehn Jahre zusammengelebt hatte? Kannte er sie überhaupt?
    Und die Reise, die sie gebucht hatte. Und der Champagner. Alles nur, um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen? Er öffnete die Fahrertür, nahm die Rosen und stieg aus. Falls sie ihn durch ein Fenster gesehen hatte, konnte er jetzt schlecht umkehren. Doch was sollte er machen, wenn der andere im Haus war?
    Er beeilte sich nicht, als er den Schlüssel ins Schloss steckte. Machte so viel Lärm, wie er konnte, um den beiden Zeit zu geben, das zu unterbrechen, womit sie womöglich gerade beschäftigt waren, ein Schlafzimmerdrama war das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte. Er stellte seine Reisetasche im Flur ab und sah sich nach fremden Schuhen, Jacken und

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