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Der Seitensprung

Titel: Der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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anscheinend mit einem jungen Kerl Mittag essen.«
    »Daran kann ich mich nicht erinnern. Wann soll das gewesen sein?«
    Sie nahm die Vase mit ins Wohnzimmer. Er folgte ihr.
    »Vor einer Woche vielleicht. Ich weiß nicht genau.«
    »Das kann ich nicht gewesen sein. Er muss sich getäuscht haben.«
    Nicht aus der Ruhe zu bringen. Er kannte sie nicht. Hatte sie immer so gut lügen können? Vielleicht war es nicht das erste Mal, dass sie hinter seinem Rücken eine Affäre hatte, sie hatte in all den Jahren jede Gelegenheit dazu gehabt. Die vielen Geschäftsreisen und Überstunden. Auch wenn sie nicht mit ihm zu Mittag gegessen hatte, das Wort »Frischfleisch« hätte sie irritieren müssen. Dass ihr Geliebter zehn Jahre jünger war als sie.
    Er merkte, dass seine Wut die Oberhand gewann, dass er sich bald nicht mehr zurückhalten könnte, sie an ihr auszulassen. Sie hatte die Vase auf den Wohnzimmertisch gestellt und richtete sie nun her, als hätten die Blumen an einer Symmetrieausstellung teilnehmen sollen.
    Er drehte sich um und ging in Richtung Badezimmer, empfand ein starkes Bedürfnis, alles abzuduschen, was sich im Laufe des vergangenen Tages an ihn geklebt hatte.
    Er kontrollierte das Badezimmerschränkchen. Keine vergessene Zahnbürste. Der Papierkorb war kürzlich geleert und mit einer neuen Plastiktüte versehen worden. In der Maschine lag Wäsche, und er öffnete die Luke, um sie aufzuhängen. Axels dunkelblauer Trainingsanzug, Evas schwarzer Pulli. Und ein schwarzer Stringtanga mit Spitze, den er noch nie gesehen hatte. Er hielt ihn mit spitzen Fingern in die Höhe, angeekelt beim Gedanken an ... Verflucht nochmal. So war sie also ausstaffiert, wenn sie ihren Hausfreund traf. Für ihn hatte sie sich natürlich nie so zurechtgemacht.
    Er nahm zwei Wäscheklammern und hängte das Höschen auf den Trockenständer, damit sie es als Erstes erblickte, wenn sie das Badezimmer betrat. Merkte, dass er es entdeckt hatte. Und sich besorgt fragte, warum er es nicht kommentiert hatte.
    Dann ging er wieder die Treppe hinauf und ins Schlafzimmer. Das Bett war gemacht und die Tagesdecke an ihrem Platz. Wie sollte er jemals wieder in diesem Bett schlafen?
    Er zog die oberste Schublade der Kommode heraus, in der sie ihre Unterwäsche aufbewahrte, und wühlte zwischen ihren gewöhnlichen praktischen Unterhosen, mit dem sie ihn zu beehren pflegte. Dann fand er links zwischen ihren BHs noch ein unbekanntes Accessoire. Einen schwarzen, gepolsterten Spitzenbüstenhalter, den er auch noch nie gesehen hatte. Er hörte sie in der Küche klappern, hielt den BH hoch und wurde von dem Bild übermannt, das sie und der andere im Doppelbett hinter ihm abgaben, wie seine erregten Hände endlich den kleinen Haken aufbekamen, den er vor sich sah, und ihre Brüste entblößten. Er widerstand dem Impuls, geradewegs in die Küche zu rasen und ihn direkt in ihr selbstgefälliges Antlitz zu schleudern, zwang sich stattdessen zu einigen tiefen Atemzügen. Er wollte die Schublade gerade wieder hineinschieben, als er noch etwas entdeckte. Die Ecke von etwas Rotem. Ein abschließbares Tagebuch, doch der Schlüssel hing an einem silberfarbenen Draht von dem herz-chenförmigen Schloss. Ein Tagebuch? Seit wann beschäftigte sie sich mit so etwas? Die Geräusche aus der Küche versicherten ihm, dass sie noch immer dort war. Hastig öffnete er das Schloss mit dem kleinen Schlüssel und begann zu blättern. Rein und unbeschrieben. Kein Wort auf den weißen Seiten. Er wollte gerade wieder abschließen, als ihm etwas in die Hand fiel, und im selben Augenblick entdeckte er die handgeschriebenen Worte auf der Innenseite des Buchdeckels.
    »Für meine Geliebte! Ich bin bei dir. Alles wird gut. Ein Buch, das du mit den Erinnerungen an all das Wunderbare füllen kannst, das auf uns wartet.«
    Dann schaute er in seine Handfläche und wollte nicht glauben, was er da sah.
    Mit einem hellblauen Faden zusammengehalten, lag da eine weizenblonde Locke von diesem Schwein.

 
    FAST DREIZEHNTAUSEND im Monat. Nur für das Haus. Die Papiere lagen in verschiedenen Stößen vor ihr auf dem Küchentisch: Kredite, Stromrechnungen, Versicherungen. Die Betriebskosten und den Kredit konnte sie allein bewältigen, aber es würde eine radikale Änderung ihrer Gewohnheiten erfordern. Ein günstigerer Firmenwagen. Großeinkäufe im Billigsupermarkt. Sorgfältig Einkaufslisten schreiben und Großpackungen wählen. Sie betrachtete den Ordner, den sie von dem Makler bekommen hatten, als

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