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Der Seitensprung

Titel: Der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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stumm da. Aus dieser Perspektive war es schwieriger, ihre Konturen zu erkennen. Vielleicht war es ja leichter, das zu sagen, was er sagen musste, wenn er sie dabei nicht sah.
    »Es ist so ein merkwürdiges Gefühl ..., ich weiß, es klingt seltsam, aber ... Eva und ich haben ja fast fünfzehn Jahre zusammengelebt. Auch wenn ich sie nicht liebe, so ... kann ich einfach nicht fassen, dass sie ein ganzes Jahr lang einen anderen gehabt hat. Ich fühle mich so verdammt verarscht.«
    Die Dunkelheit war auf seiner Seite. Er brauchte sie nicht anzusehen, seine Scham nicht zu zeigen. Und er wollte ihre Fragen und Vorwürfe nicht hören. Er wollte ihre Unterstützung. Ihr Verständnis.
    »Ich habe es dir nicht erzählt. Ich glaube, ich habe es niemandem erzählt, nicht einmal Eva. Es ist lange her, ich war erst zwanzig, daheim in Katrineholm, bevor ich nach Stockholm zog.«
    Wie er geliebt hatte. Bedingungslos und bis zum Wahnsinn. Zumindest hatte er das geglaubt. Zwanzig Jahre alt und unbeschwert. Alles neu, alles zum ersten Mal. Ungestört. Grenzenlos.
    »Da war ein Mädchen, sie hieß Maria. Sie war ein Jahr jünger als ich. Wir zogen gemeinsam in eine kleine Einzimmerwohnung mitten in der Stadt, nach dem Abitur. Ich war sehr verliebt in sie ...«
    Der Preis war hoch gewesen. Er hatte alles aufs Spiel gesetzt, ohne sich eine Sekunde lang sicher zu fühlen. Von Anfang an hatte ein Ungleichgewicht geherrscht, er hatte mehr geliebt als sie, in jedem wachen Augenblick hatte er darum gekämpft, seine Balance wieder zu finden. Jeden Tag die lähmende Angst, sie zu verlieren, eine Angst, die zuletzt sein gesamtes Dasein beherrschte. Und er hatte guten Grund gehabt. Nie war es ihm gelungen, Vertrauen zu ihr zu fassen, obwohl sie beteuerte, dass alles war, wie es sein sollte. Sie hatte ihn in einer falschen Sicherheit gewiegt, auf die er schließlich vertrauen musste, weil er keine andere Wahl hatte. Bis sein Verdacht von anderen bestätigt wurde.
    »Sie hat mich hintergangen. Irgendwie hatte ich es die ganze Zeit geahnt, aber sie versicherte mir immer, dass es nicht so war. Doch am Ende gab sie zu, dass sie einen anderen kennen gelernt hatte.«
    Nie mehr wieder soll mir jemand so wehtun. Mich so hinters Licht führen. Ich werde nie wieder jemanden so nah an mich heranlassen.
    Zwanzig Jahre her, und die Wunde war noch immer nicht verheilt. Sein Versprechen hatte er gehalten. Bis er Linda traf. Sie hatte ihn gezwungen, es zu wagen.
    Nun hatte Eva alles sabotiert, indem sie die Wunde wieder aufriss.
    Er hörte sie trinken. Erahnte ihre Bewegungen im Dunkeln.
    »Ich habe nur eine einzige Frage. Was willst du?«
    Er schloss die Augen.
    Antwortete ehrlich.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Dann will ich, dass du gehst.«
    »Linda, bitte.«
    »Ich weiß, was ich will, das weiß ich schon lange und habe es dir gesagt. Du hast mir auch gesagt, was du willst, aber jetzt wird mir klar, dass du es überhaupt nicht ernst gemeint hast.«
    »Habe ich doch.«
    »Nein, hast du nicht!«
    »Doch, das habe ich, es ist nur so, dass sich alles verändert hat.«
    »Na dann. Dann war es eben nicht mehr als das. Du erfährst, dass deine Frau mit einem anderen zusammen ist, und schon sind wir beide nichts mehr wert. Pfui Teufel!«
    Sie legte sich wieder auf das Bett.
    »Linda, darum geht es nicht.«
    »Was, zum Teufel, hat sich so verdammt verändert? Wenn es nicht deine Gefühle für mich sind. Vor wenigen Tagen haben wir uns gemeinsam eine Wohnung angesehen.«
    Gib mir ein Jahr auf einer einsamen Insel.
    Und alle Wahlmöglichkeiten.
    »Kannst du nicht auf mich warten?«
    »Worauf soll ich warten? Dass du herausfindest, ob du sie zurückbekommst oder nicht?«
    »Nein!«
    »Worauf soll ich dann warten? Dass du dich entscheidest, ob ich als Ersatz tauge oder nicht?«
    »Hör auf, Linda. Ich habe bloß das Gefühl, dass alles viel zu schnell geht. Meine Reaktion beweist mir ja, dass ich ...«
    Diesmal unterbrach er sich selbst. Was hatte ihm seine Reaktion eigentlich bewiesen?
    »Dass du im Grunde deine Frau liebst?«
    »Nein, so ist es nicht. Das tue ich wirklich nicht.«
    Oder?
    »Das ist es nicht. Ich merke nur, dass ich ... noch nicht bereit bin, es wäre dir gegenüber nicht fair ...«
    Wenn er sich nur in Luft hätte auflösen können!
    »Ich bin einfach noch nicht so weit. Es wäre dir gegenüber nicht fair, wenn wir ein gemeinsames Leben anfangen würden, während ich so empfinde.«
    »Und da meinst du also, ich sollte zu Hause sitzen und auf dich warten.

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